Die zweite Todsuende
Beugte sich näher. Ihre geölten Ringellocken berührten sein Gesicht. Er roch den Moschusduft, den sie verströmte.
«Sie werden sehen», sagte sie mit heiserer Stimme. «Wie es mal war. Wenn ich das Geld bekomme …»
«Ach», sagte er leichthin, «ich kann mir gut vorstellen, wie Sie alles ausbessern und renovieren lassen. Wenn Sie erst mal das Geld haben. Aber wird es nicht sehr kostspielig werden, Haus und Garten wieder in Schuß zu bringen?»
«Nur keine Sorge», sagte sie und tätschelte mit schlaffen Fingern seinen Arm. «Eine Menge …»
«Da bist du ja, Mutter», sagte Emily Maitland munter. «Ich hatte mich schon gewundert, wo du wohl geblieben bist. Mr. Delaney, wie reizend, Sie wiederzusehen. Meine Güte, ist das heiß! Ich hätte zu gern ein Glas Bowle! Chief? Bitte!»
«Es ist mir ein Vergnügen», sagte Delaney und drängte sich zur Bar. Doch als er mit der Bowle zurückkam, waren die Damen Maitland nicht mehr da. Suchend sah er sich nach ihnen um.
«Wenn Sie keinen Abnehmer finden», sagte Susan Hemley, «dann her damit.» Damit nahm sie ihm das Glas aus der Hand.
«Erinnern Sie sich noch an mich? Susan Hemley? Meine Frisur gefiel Ihnen so gut.»
«Wie könnte ich Sie jemals vergessen», versetzte er galant. «Amüsieren Sie sich gut?»
«Es sind massenhaft warme Brüder hier», sagte sie. «Sie und der Sergeant sind die einzigen richtigen Männer, die ich hier sehe.»
«Sehr freundlich von Ihnen», sagte er ohne Ironie. «Und die Bilder? Wie finden Sie die?»
«Alma sagt …» Sie kicherte, setzte dann noch einmal an. «Alma findet sie vulgär und schmutzig. Zuviel Nacktes! Alma findet, na ja, Sie wissen schon, lauter Schweinkram.»
«So, wirklich?» Er lächelte. «Das meint also Alma Maitland. Und was meinen Sie?»
«Leben und leben lassen», entgegnete sie achselzuckend. «Genau das meine ich auch», stimmte er ihr zu. «Tut mir leid zu hören, daß Mrs. Maitland so gar nicht mit den Werken ihres Mannes einverstanden ist. Früher hat sie doch für ihn Modell gestanden, oder?»
«Das ist schon sehr, sehr lange her», sagte Susan Hemley. «Sie hat sich geändert.»
«Und jetzt mag sie keine Akte mehr?»
«Ja und nein.» Susan Hemley beließ es im Ungefähren. «Alma hat was gegen so viel nacktes Fleisch. Immerhin verkauft sich so was, oder? Und wer kann schon gegen Geld an?»
«Ich bestimmt nicht», versicherte er ihr.
«Das sollte doch wohl ein Witz sein, oder?» fragte Jake Dukker den Sergeant.
«Ein Witz? Was für ein Witz?»
«Was Sie und der Chief erzählt haben. Daß ich ein Tatverdächtiger bin.»
«Ach, das», sagte Boone. «Nein, ein Witz war das nicht. Miss Sarazen behauptet, sie sei um Mittag mit Ihnen nach oben gegangen. An dem bewußten Freitag. Aber dann sei sie eingeschlafen. Sagt sie. Folglich könne sie nicht beschwören, daß Sie bis halb zwei oder zwei immer da waren. Sie weiß nicht, was Sie gemacht haben.»
Dukkers Gesicht wurde kreideweiß, die Grübchen auf seinen Wangen wurden zu schwarzen Flecken. Sein Mund schnappte auf und zu.
«Sie …» war das einzige, was er hervorbrachte. «O ja», sagte Boone und nickte. «Sie kann sich an nichts mehr erinnern.»
Lächelte und ging weiter.
«Ich habe mich mit Ted Maitland unterhalten», sagte Monica. «Zumindest habe ich es versucht.»
«Und?» fragte der Chief.
«Nichts. Er hat nur gegrunzt. Hast du den Verband bemerkt?»
«Was für einen Verband?»
«Aha!» sagte Monica triumphierend. «Ich bin ein besserer Detektiv als du.»
«Habe ich das jemals abgestritten? Was für ein Verband?»
«An Teds Handgelenk.»
«Rechts oder links? Oder an beiden?»
«Am linken. Unter der Manschette.»
«So.» Delaney lächelte düster. «Der Junge hat eine Schwäche für scharfe Klingen.»
«Vielleicht war es ein Unfall», sagte Monica.
«Vielleicht war es sein Schuldgefühl», sagte der Chief. «Ich werde Ted und Alma danach fragen, weiß aber schon jetzt, was ich von ihnen zu hören bekommen werde. Schmus!»
Das Marihuana störte ihn nicht; er roch es nicht zum erstenmal. Auch Parfüm und deodorantüberdeckten Schweiß konnte er einordnen und akzeptieren. Es war etwas anderes; kein Parfumduft, sondern etwas in der Luft, das durchdringender war als das laute Geschnatter und kehlige Lachen, das ihn umgab.
Vielleicht lag es daran, daß diese Leute sich einen Dreck aus Victor Maitlands Bildern machten oder daß sie mit kaltem Blick über deren Wert in harten Dollars redeten. Flüchtig sah er die verlorene Gestalt
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