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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dieses Spiel zu spielen, erneuert. Es fing sogar an, mir Spaß zu machen. Falls Prinz Pflichtgetreu sich hier in Tosen versteckt hielt, wie ich vermutete, würden wir ihn aufgespürt haben, ehe der Morgen graute.
    Fürst Leuenfarb schritt aus der Tür, und ich folgte, zwei Schritte hinter und links von ihm, wie es sich für einen guten Leibdiener ziemte.

Kapitel 16 · Krallen
    Die Küstenprovinzen hatten am schwersten unter den Überfällen der Piraten zu leiden. Ererbte Besitztümer gingen verloren, vornehme Geschlechter wurden ausgelöscht, von manch einem stolzen Herrensitz blieben nur geschwärzte Ruinen und von Unkraut überwucherte Höfe. Doch im Gefolge des Krieges, so wie im Frühling nach einem von Blitzschlag entfachten Feuer frisches Grün aus der Erde sprießt, fanden sich zahlreiche Familien des niederen Adels plötzlich in besseren Verhältnissen denn je. Viele der kleineren Landgüter waren der Aufmerksamkeit der Piraten entgangen. Vieh und Ernten blieben verschont und die bescheidenen Anwesen von früher galten plötzlich als Ort des Überflusses. Die Edlen und Freiherren merkten, dass sie unter den neuen Verhältnissen begehrte Partien für die Erben älterer, aber schwer geprüfter Familien geworden waren und so geschah es, dass der verwitwete Fürst Bresinga von Burg Tosen eine um vieles jüngere Braut samt einer beträchtlichen Mitgift aus dem Haus Rode-im-Wald von Zwei Zinnen in den Bocksmarken heimführte. Das Geschlecht derer von Rode-im-Wald, obwohl es sich einer langen Ahnenreihe rühmen konnte, hatte durch die Launen des Schicksals an Macht und Ansehen verloren, doch in den Jahren der Piratenkriege blühte ihr verstecktes Tal und man teilte die Ernte mit den weniger glücklichen Bresingas. Diese Nachbarschaftshilfe zahlte sich aus, als Jaglea von Rode-im-Wald Lady Bresinga wurde. Ihr betagter Gemahl durfte noch erleben, dass sie ihm einen Erben, Gentil Bresinga, gebar, kurz bevor er am Fieber starb.
    SCHREIBER DUVLEN:
›CHRONIK DES HAUSES RODE-IM-WALD‹
    Fürst Leuenfarb bewegte sich in dem fremden Haus mit der Anmut und Sicherheit, die angeblich denen von Adel im Blut liegt. Wie von einem sechsten Sinn geleitet, führte er mich in ein elegantes Vorzimmer, wo die Hausfrau und ihr Sohn auf das Erscheinen des noblen Gastes warteten. Laurel war dort, angetan mit einer schlichten elfenbeinfarbenen, spitzenverbrämten Tunika. Sie plauderte angelegentlich mit dem Jagdmeister der Bresingas. Ich fand, dieses Gewand kleidete sie nicht so gut wie ihre einfache Jägertracht. Die zarte Spitze am Kragen und den gebauschten Ärmeln vertrug sich schlecht mit der wettergebräunten Haut ihrer Hände und ihres Gesichts. Lady Bresinga hatte mit großem Aufwand Toilette gemacht, gefältelte und gerüschte Stoffmassen schwellten die ausladenden Rundungen von Brust und Hüfte.
    Drei weitere Gäste waren anwesend: ein Ehepaar mit einer vielleicht siebzehn Jahre alten Tochter, wahrscheinlich benachbarter Landadel. Alle hatten auf Fürst Leuenfarb gewartet.
    Ihr Verhalten bei seinem Eintritt entsprach in jeder Weise der Vorhersage des Narren. Lady Bresinga drehte sich lächelnd um. Ihre Augen huschten über seine Gestalt, weiteten sich in beifälligem Staunen. »Unser geehrter Gast ist hier«, verkündete sie. Der geehrte Gast wandte leicht den Kopf und neigte die Wange zur Schulter, ganz arglose Unschuld, als wäre er sich seiner eigenen Schönheit nicht bewusst. Laurels Blick hing an ihm, unverhohlen bewundernd, während Lady Bresinga Fürst Leuenfarb mit Lord und Lady Wisenvogel von Lehnsmannsbergen und ihrer Tochter Sydel bekannt machte. Den Namen kannte ich nicht, doch bei Lehnsmannsbergen hatte ich ein winziges Gütchen in den Vorbergen von Farrow vor Augen. Die Wangen des jungen Fräuleins färbten sich zart rosa; dass Fürst Leuenfarb sich auch vor ihr verneigte, stürzte sie in süße Verwirrung, und sie konnte die Augen nicht von ihm abwenden. Die Augen ihrer Frau Mutter hingegen waren zu mir gewandert, und sie musterte mich dreist auf eine Art, die an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Ich schaute zur Seite und stellte fest, dass Laurel mich mit einem versonnenen Lächeln ansah, als hätte sie vergessen, dass wir schon einen ganzen Tag nebeneinanderher geritten waren. Fast spürte ich des Narren wonnevolle Befriedigung darüber, wie großartig es ihm gelungen war, ihnen allen den Kopf zu verdrehen.
    Er bot Lady Bresinga den Arm, ihr Sohn Gentil geleitete Sydel zur Tafel, ihnen schlossen

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