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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wurden, ob der Prinz und die Katze bei ihnen waren?«
    Laurel nickte. »Der, den sie ermordet haben, war kein Unbekannter für sie. Er war einer von hier und man verdächtigte ihn schon lange der Tiermagie. Die üblichen banalen Geschichten: Wenn anderen Bauern im Frühjahr die Lämmchen am Umlauf krepierten, bleiben seine verschont. Wenn jemand ihn ärgerte, starben danach dieses Mannes Hühner. Heute ist er mit Fremden ins Dorf gekommen. Einer war ein großer Mann auf einem Streitross, ein anderer hatte eine Jagdkatze auf der Kruppe seines Pferdes sitzen. Die anderen bei ihm waren hier ebenfalls bekannt, Söhne von Höfen in der Umgebung. Gewöhnlich sind Hunde in der Schenke. Der Sohn des Wirts züchtet Terrier und er war eben von der Jagd heimgekommen. Die Hunde waren noch sehr aufgeregt. Beim Anblick der Katze wurden sie wild. Sie umdrängten das Pferd, sprangen hoch, kläfften und schnappten. Der Mann mit der Katze – unser Prinz, höchstwahrscheinlich – zog das Schwert, um die Katze zu verteidigen und schlug nach den Hunden, dabei trennte er einem von ihnen ein Ohr ab. Aber das war nicht alles, was er tat. Er riss den Mund auf und fauchte, fauchte wie eine Katze.
    Der Lärm lockte weitere Gäste aus der Schankstube. Jemand brüllte: ›Gescheckte!‹ Ein zweiter rief nach einem Strick und einer Fackel. Der Mann auf dem Streitross lachte sie aus und ließ sein Pferd nach Menschen und Hunden ausschlagen. Ein Mann wurde von den Hufen getroffen und zu Boden geschleudert. Der Mob antwortete mit Steinen und Flüchen und immer mehr Männer stürzten aus der Schänke. Die Gescheckten durchbrachen die Umzingelung und wollten davon, aber ein glücklicher Steinwurf traf einen der Reiter an der Schläfe, und er fiel aus dem Sattel. Er schrie den anderen zu, sie sollten flüchten, während der Mob sich auf ihn stürzte. Die Magd stellte seine Kameraden als Feiglinge hin, weil sie ihn im Stich ließen, aber ich denke, dass der eine, dessen sie habhaft wurden, sich opferte, damit die anderen entkommen konnten.«
    »Er erkaufte des Prinzen Leben mit seinem eigenen.«
    »So sieht es aus.«
    Ich schwieg einen Moment und überdachte die Fakten. Sie hatten nicht geleugnet, wer sie waren. Keiner von ihnen hatte versucht, die aufgebrachte Menge zu beschwichtigen. Sie waren auf Konfrontation aus, ein Vorgeschmack auf künftige Entwicklungen. Einer von ihnen hatte sich geopfert und die anderen hatten das Opfer angenommen, als notwendig und richtig. Das alles war nicht nur ein Indiz dafür, welchen Wert der Prinz für sie hatte, sondern verriet überdies die bedingungslose Hingabe an ein hehres, gemeinsames Ziel. Hatten sie Pflichtgetreu voll und ganz auf ihre Seite gezogen? Ich fragte mich, welche Rolle diese ›Gescheckten‹ unserem Prinzen zugedacht hatten und ob er willens war, sie zu spielen. War Pflichtgetreu einverstanden gewesen, dass der Mann für ihn sterben sollte? Als er mit den anderen weiterritt, hatte er gewusst, dass sie den Mann, den sie zurückließen, einem grausamen Tod auslieferten? Ich hätte viel gegeben, um darauf eine Antwort zu wissen.
    »Aber man hat in Pflichtgetreu nicht den Thronfolger erkannt?«
    Unter den Bäumen war es finster. Ich ahnte Laurels Kopfschütteln mehr als ich es sah.
    »Folglich werden die Dörfler, wenn sie ihn und seine Begleiter ergreifen, nicht zögern ihn zu töten.«
    »Selbst wenn sie wüssten, dass er der Prinz ist, würde es sie nicht davon abhalten. Der Hass auf das Alte Blut ist in den Menschen dieser Region tief verwurzelt. Sie würden denken, dass sie das Königshaus von einem giftigen Geschwür befreien, nicht dass sie ein Unrecht begehen.«
    Ein kleiner Bereich meines Gehirns registrierte, dass sie jetzt von ›Altem Blut‹ sprach. Soweit ich mich entsinnen konnte, hatte sie diesen Ausdruck bisher nicht benutzt. Unter diesen Umständen ist Eile geboten.
    »Wir sollten heute Nacht noch weiterreiten.«
    Allein bei dem Gedanken taten mir alle Knochen weh, und mir wurde klar, ich besaß nicht mehr die Spannkraft der Jugend. In den vergangenen fünfzehn Jahren hatte ich mich an regelmäßige Mahlzeiten und ausreichend Nachtschlaf gewöhnt. Ich war erschöpft und mir graute vor dem, was uns bevorstand, wenn wir Pflichtgetreu endlich eingeholt hatten. Und Nachtauge war mit seinen Kräften am Ende. Allein ein letztes Aufbäumen vor dem Zusammenbruch hielt in aufrecht. Bald würde sein Körper kategorisch Erholung fordern, womöglich ausgerechnet in einer Situation, die

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