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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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aber es schien glimpflicher abzugehen als gewöhnlich. Ich atmete tief ein und aus. »Mir geht es gut. Aber ich werde lieber nicht in der Herberge übernachten. Die schwarzen Quader sind Gedächtnissteine. Wie der Schotter der Gabenstraße. Wie der Fels in dem Steinbruch.«
    »Wie der Drache, den Veritas geschaffen hat«, ergänzte der Narr.
    Ich nickte. Mein Verstand arbeitete wieder schneller. »Er ist vollgesogen mit Erinnerungen. Merkwürdig, diesen Stein hier in den Bocksmarken zu finden. Ich habe nie geahnt, dass die Uralten so weit vorgedrungen waren.«
    »Aber selbstverständlich. Denk nach. Was glaubst du, was die Zeugensteine sind, wenn nicht Artefakte der Uralten?«
    Im ersten Moment fühlte ich mich wie vor den Kopf geschlagen, aber dann war es so offensichtlich, dass ich keine Zeit damit vergeudete, ihm Recht zu geben. »Schon, aber Menhire sind nur so etwas wie Marksteine, vielleicht ein Zeichen: Seht, ich war hier. Diese Schänke ist die restaurierte Ruine eines Gebäudes der Uralten. Ich wusste nicht, dass die Uralten so tief in den Bocksmarken gesiedelt haben.«
    Er schwieg eine Weile. Meine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt und ich konnte sehen, dass er am Rand seines Daumennagels kaute. Als er merkte, dass ich ihn beobachtete, ließ er wie ein ertappter Sünder rasch die Hand fallen. »Manchmal bin ich so von den kleinen Rätseln in Anspruch genommen, dass ich die Teile des größeren Mosaiks übersehe, die allenthalben verstreut liegen«, sagte er in einem Ton, als gälte es eine Pflichtvergessenheit zu gestehen. »Wie dem auch sei. Du hast dich erholt?«
    »Es wird schon gehen. Ich suche mir im Stall eine freie Box und schlafe dort. Wenn der Stallbursche fragt, werde ich ihm sagen, dass ich in Ungnade gefallen bin.« Ich wandte mich zum Gehen, dann fiel mir etwas ein, und ich fragte über die Schulter: »Wirst du unbemerkt in dein Gemach zurückgelangen? In diesem Anzug?«
    »Nur weil ich gelegentlich die Kleider eines Edelmanns zu tragen beliebe, musst du nicht glauben, ich hätte alle Tricks eines Gauklers verlernt.« Er hörte sich fast gekränkt an. »Ich komme hinein, wie ich herausgekommen bin. Durch das Fenster.«
    »Gut. Ich unternehme vielleicht noch einen Gang durch den Ort, um meinen Kopf auszulüften. Und um zu sehen, was es auszukundschaften gibt. Geh du in die Schankstube, wenn sich die Gelegenheit bietet. Wirf ein, zwei Köder aus und halt die Ohren offen, ob jemand etwas von Fremden mit einer Jagdkatze erzählt, die gestern hier durchgekommen sind.« Ich wollte noch etwas über das Blut auf der Straße sagen, aber dann ließ ich es bleiben. Unwahrscheinlich, dass es mit uns zu tun hatte.
    »Ich tue mein Bestes, Fitz. Sei vorsichtig.«
    »Das brauchst du mir nicht zu sagen.«
    Ich wollte mich entfernen, doch er hielt mich am Arm fest. »Warte. Ich habe den ganzen Tag auf eine Gelegenheit gewartet, ungestört ein paar Worte mit dir zu wechseln.« Er ließ mich los und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich hatte nicht erwartet, dass dieses Rollenspiel mir so schwer fallen würde. Ich habe in meinem Leben schon manche Larve getragen und eigentlich dachte ich, es müsste Spaß machen, zu deinem Knecht den Herrn zu geben. Aber es ist kein Spaß.«
    »Nein. Es ist schwer. Aber ich denke, es ist auch klug.«
    »Wir haben zu oft in Laurels Gegenwart nur eine mangelhafte Vorstellung geboten.«
    Ich hob die Schultern und ließ sie hilflos wieder sinken. »Das lässt sich jetzt nicht mehr ändern. Sie weiß, dass die Königin persönlich uns beide für diesen Auftrag bestimmt hat. Wir sollten sie ihre eigenen Schlüsse ziehen lassen, möglicherweise fallen sie überzeugender aus als alles, was wir uns ausdenken könnten.«
    Er legte den Kopf schief und lächelte. »Ja. Die Taktik gefällt mir. Es bleibt dabei, dass wir heute Nacht Informationen sammeln und morgen in aller Frühe aufbrechen.«
    Damit trennten wir uns. Er wich in die Dunkelheit zurück, verschmolz damit, ebenso geschickt wie Nachtauge. So sehr ich die Augen anstrengte, ich sah ihn erst wieder, als sich ein Schatten durch die dunkle Fensteröffnung schwang, geräuschlos.
    Nachtauge lehnte sich schwer gegen mein Bein.
    Neuigkeiten? , fragte ich ihn. Unser Gedankenaustausch war ein ebenso lautloses Strömen wie die Wärme seines Körpers in den meinen.
    Schlechte. Sei still und folge mir.
    Er lief voraus, nicht die Hauptstraße entlang, sondern durch das Gewirr der Gassen in Richtung des Ortsrandes. Ich fragte

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