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Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann

Titel: Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher 01 - Der lohfarbene Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ohne Verdacht zu erwecken, als eine fahrende Sängerin. Merle sang die alte Ballade von den zwei Liebenden, die von zu Hause fortlaufen, wo man ihre Liebe nicht dulden will, und von einer Klippe gemeinsam in den Tod springen, um nimmermehr getrennt zu sein. Ich warf nicht einmal einen Blick durch die halb offene Tür, Laurel aber blieb stehen, um zu lauschen. Der Prinz folgte mir lustlos die Stiege hinauf in einen großen, aber kahlen und schmucklosen Raum.
    Fürst Leuenfarb erwartete uns bereits. Ein Junge machte Feuer, zwei andere stellten eine Badewanne und einen Wandschirm auf. Zwei große Betten standen in der Kammer, neben der Tür hatte man eine Pritsche aufgeschlagen. An der Giebelseite befand sich ein Fenster. Der Prinz ging hin und blickte starr hinaus in die Nacht. Beim Kamin stand ein Schragen, und ganz meiner Rolle entsprechend nahm ich dem Fürsten seinen durchnässten und schmutzigen Umhang ab. Ich schüttelte meinen eigenen ebenfalls von den Schultern und drapierte beide Mäntel zum Trocknen über den Bock, dann zog ich Seiner Gnaden die Stiefel von den Füßen, während ein Strom von Knechten und Mägden in die Kammer hineinwogte und wieder hinaus; sie brachten heißes Wasser und Fleischpasteten, Obstkompott, Brot und Bier. Ich musste an einen kunstvollen Reigentanz denken oder an eine Gauklertruppe, so schwungvoll und wie einstudiert ging alles vonstatten. Als die Schar wieder einmal hinausgeströmt war, machte ich energisch hinter ihnen die Tür zu. Das heiße Wasser in der Wanne erfüllte den Raum mit aromatischem Kräuterdampf, und ich hätte nichts lieber getan, als mich hineingleiten und meine Schmerzen an Körper und Seele lindern zu lassen.
    Fürst Leuenfarbs Worte riefen mich in die Wirklichkeit zurück. »Hoheit, Euer Bad ist bereit. Wünscht Ihr, dass man Euch aufwartet?«
    Der Prinz drehte sich um. Mit einer Schulterbewegung entledigte er sich seines Umhangs, der nässeschwer auf den Boden klatschte. Einen Moment hielt er sinnend den Blick darauf gesenkt, dann hob er ihn auf, trug ihn zu dem Schragen und hängte ihn ausgebreitet zum Trocknen neben die anderen, alles mit der Miene eines jungen Mannes, der gewöhnt ist, für sich selbst zu sorgen. »Danke, ich brauche keine Aufwartung«, erwiderte er. Er schaute zu dem gedeckten Tisch hin. »Greift ruhig zu. Ich lege keinen Wert auf Formalitäten. Ich sehe keinen Sinn darin, dass ihr hungert, während ich bade.«
    »Darin seid Ihr Eures Vaters Sohn«, bemerkte Fürst Leuenfarb beifällig.
    Der Prinz dankte ihm für das Kompliment mit einem ernsten Neigen des Kopfes, äußerte sich aber nicht dazu.
    Leuenfarb wartete, bis Pflichtgetreu hinter den Wandschirmen verschwunden war. Er hatte sich vom Wirt Papier, Tinte und Feder geben lassen, und ließ sich nun an einem Tischchen nieder und begann zu schreiben. Ich nahm mir derweil eine Pastete, stellte mich mit dem Rücken vor den Kamin und aß, während das Feuer die Feuchtigkeit aus meinen Kleidern dampfte. Als seine Feder einen abschließenden Strich über das Papier kratzte, richtete Fürst Leuenfarb das Wort an seinen treuen Diener. »Nun, Dachsenbless, wenigstens haben wir heute Nacht ein Dach über dem Kopf. Wir wollen einen guten Schlaf tun und morgen unsere Reise fortsetzen, aber nicht gleich beim ersten Hahnenschrei, sondern zu einer freundlicheren Stunde. Ist Ihm das genehm?«
    »Wie Ihr wünscht, Euer Gnaden.«
    Er blies über das Geschriebene, rollte den Brief zusammen und umwickelte ihn mit einem Faden aus seinem einst prachtvollen Mantel. Dann hielt er ihn mir hin und schaute mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an.
    Ich verstand, was er meinte. »Ich würde lieber nicht gehen«, sagte ich sehr leise.
    Er stand auf und ging zu dem Tisch, auf dem der Imbiss angerichtet war. Dort klapperte er absichtlich laut mit Tellern und Schüsseln, während er sich von den Speisen bediente. Seine Stimme senkte er so weit, dass selbst ich ihn kaum noch verstehen konnte. »Und mir wäre lieber, ich müsste es nicht verlangen. Aber ich kann nicht gehen. Derangiert wie mein Äußeres zur Zeit ist, könnten doch Gäste unten sein, die Fürst Leuenfarb erkennen und sich über sein Interesse an der Vagantin ihre eigenen Gedanken machen. Ich habe mich auf dieser Reise bereits reichlich mit Skandalen umwittert. Hast du meine Entgleisung in Burg Tosen vergessen? Für all das muss ich launige Erklärungen finden, wenn wir wieder in Bocksburg sind. Dass Pflichtgetreu den Gang übernimmt, ist unmöglich,

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