Die Zypressen von Cordoba
verbrannt war.
Diese jämmerliche Menschenkette wurde nun abgeführt und schlurfte bis
zum nahe gelegenen Bedestan , wo
arabische Händler heftig um sie feilschen und dann die ersteigerte
Beute an reiche orientalische Machthaber verschachern würden, die sie
für so helles Fleisch fürstlich entlohnen würden. Der kühle, scharfe
Geruch von Kampfer stach ihm in die Nase, als ihn ein zerlumpter
Träger, der unter seiner Last tief zu Boden gekrümmt ging, unsanft zur
Seite schob. Halb schreitend, halb rennend trug der Hammal seine Last über die Planke in den Stauraum des Schiffes, wo
bereits unzählige Säcke voller Zimt, Pfeffer und duftendem Moschus
standen.
Der Kapitän des Schiffes, von so übler Laune wie beachtlichem
Leibesumfang, kam mit schwankendem Seemannsgang zu Ralambo herüber und
erkundigte sich nach seinem Bestimmungsort.
Ralambo zögerte einen Augenblick, ehe er antwortete: »So weit
westlich wie möglich.«
»Sevilla. Drei Dirham für einen Platz an Deck.«
Empört über einen derartigen Wucherpreis für diese Überfahrt
erkundigte sich Ralambo: »Und wenn ich von Bord gehe, ehe wir Sevilla
erreichen?«
»Genau der gleiche Preis«, grunzte der Kapitän und streckte
ihm seine gierige, schwielige Hand hin.
Widerwillig zählte Ralambo ihm die Silbermünzen auf die
schmutzige Handfläche und wandte sich dann ab, um sich eine Ecke des
Achterdecks zu reservieren, indem er seine Lamba darauf ausbreitete.
Abgesehen von der Habgier des Kapitäns konnte er von Glück sagen, daß
ein Schiff mit Fahrtrichtung Westen gleich neben dem Boot vor Anker
lag, auf dem er erst heute morgen über das Rote Meer angekommen war.
Nun zurrten die flinken, drahtigen Matrosen unter den wachsamen Augen
des Kapitäns die Ladung fest und bereiteten alles vor, um den Anker zu
lichten. Der Wind war günstig, die See ruhig, und die Sonne schien
strahlend, als sich das Schiff immer weiter von den Schreien und der
emsigen Betriebsamkeit des großen ägyptischen Hafens entfernte und die
Segel für seine Reise nach Westen setzte.
Während er sich über das Heckbord lehnte, beobachtete Ralambo
den Schaum, der achtern hinter dem Schiff aufwirbelte, aufstob und
wieder mit der dunklen See verschmolz. Dieser Anblick fesselte ihn noch
genauso wie am Anfang seiner langen Seereise. Wie schon unzählige Male,
seit er die Sicherheit seines Zuhauses verlassen hatte, tastete er nach
dem Beutel, der flach vor seinem Bauch hing. Er war an einer langen
festen Lederschnur befestigt, die Ralambo um den Hals trug, und war
durch eine fest gewickelte Leinenbinde eng am Leib gesichert. So weit,
so gut, lächelte er vor sich hin und tätschelte den kostbaren Beutel.
Eine ruhige, warme, ereignislose Reise von der Großen Roten Insel nach
Norden, keine Piraten, keine Stürme, keine anderen Unglücksfälle, und
nun war das Ende seiner Reise abzusehen …
Wenn er zurückdachte, so erinnerte er sich, wie schwierig es
gewesen war, seinen Vater davon zu überzeugen, daß die westlichen
Händler wahrscheinlich mehr für den Extrakt bezahlen würden als die
raffgierigen Inder, die sich jede Unze aneigneten, derer sie habhaft
werden konnten, und dafür nach Ralambos Meinung einen Hungerlohn
zahlten. Sein Leben lang hatte sein Vater sich als Vermittler zwischen
den einzigen Erzeugern des Extraktes, einem Stamm an der Südwestspitze
Afrikas, und den indischen Kaufleuten betätigt, die regelmäßig an der
Roten Insel anlegten, um den kostbaren Auszug zu kaufen. Auf Ralambos
Betreiben hin hatte er ab und zu auf seine schüchterne, naive Weise
versucht, eine bessere Bezahlung auszuhandeln, aber die Kaufleute
hatten nur ihre schlauen, dunklen Augen zu Schlitzen verengt, sich mit
den fetten Händen über die gemütlichen Bäuche gestrichen und ihm
unfehlbar immer mit dem gleichen Argument geantwortet.
»Wir sind die einzigen, für die der Extrakt überhaupt einen
Wert hat«, lächelten sie selbstgefällig und zerquetschten ihn damit wie
eine lästige Fliege. Aber Ralambo hatte ein Gegenargument vorgebracht.
Warum sollten diese Inder die einzigen sein, die diesem Extrakt einen
Wert beimaßen, dessen Ausgangsstoffe die Afrikaner so grimmig
bewachten? Was sie oder ihre Kunden entdeckt hatten, könnten doch auch
andere herausfinden. Er würde den Stoff nicht nach Osten, sondern nach
Westen bringen. Irgendwo mußte es doch einen Mann geben, der weise
genug war, um ebenfalls entdecken zu können, was die Inder daran so
hoch schätzten …
Auf seinem Rundgang über das
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