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Dieb meines Herzens

Dieb meines Herzens

Titel: Dieb meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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gegangen, als wir wieder ins Haus kamen.«
    »Das heißt ja nicht, dass wir alle nicht merkten, wann das war«, sagte Victoria spitz. »Um zwei Uhr morgens.«
    »Verdammt«, sagte er ganz leise. Von seiner Befriedigung ganz erfüllt, hatte er keinen Gedanken an Leonas Ruf verschwendet.
    »Einige von den alten Dienstboten kennen dich von Geburt an«, rief Victoria ihm in drohendem Ton ins Gedächtnis. »Was die sich heute wohl gedacht haben? Miss Hewitt war nicht einmal eine Nacht im Haus, und schon hast du sie ins Gewächshaus gebracht und verführt.«
    »Verdammt«, wiederholte er. Etwas Besseres wollte ihm nicht einfallen. Wenn man bedachte, dass er erst vor wenigen Augenblicken den schönen Tag und seine uncharakteristische gute Laune genossen hatte … So viel zum positiven Denken.
    »Jetzt sitzt die Ärmste eingesperrt auf ihrem Zimmer«, fuhr Victoria fort. »Zu eingeschüchtert, um zum Frühstück herunterzukommen. Wahrscheinlich glaubt sie, sie wäre ruiniert und weint sich die Augen aus dem Kopf.«
    »Ich sollte wohl dankbar sein, dass ihr Hund mir nicht an die Kehle sprang«, sagte er matt.
    Er stand auf, kam hinter dem Schreibtisch hervor und wollte zur Tür.
    Victoria drehte sich auf ihrem Stuhl um. »Wohin willst du?«
    »Hinauf, mit Leona reden.«
    »Du wirst sie doch nicht etwa allein in ihrem Schlafzimmer
aufsuchen? Nicht vor meinen und den Augen des Personals. Hast du nicht schon genug angerichtet?«
    Er blieb mit der Hand auf dem Türknauf stehen. »Ich nehme an, es handelt sich um eine rein rhetorische Frage.«
    Victoria ließ einen verächtlichen Laut hören. »Noch eines, ehe du hinaufläufst.«
    Wieder erfasste ihn gleich einer Woge eine böse Ahnung. »Was denn?«
    »Du hast den ersten Frühlingsball sicher nicht vergessen?«
    »Tante Vicky, der verdammte Ball ist im Moment das Allerletzte, an das ich denke. Tatsächlich ist er mir schnurzegal.«
    »Man erwartet, dass du wie jedes andere hochgestellte Mitglied der Society daran teilnimmst.«
    »Was zum Teufel hat das mit meiner Absicht zu tun, jetzt mit Leona zu sprechen?«
    »Das kommt darauf an.«
    »Worauf?« Seine Geduld näherte sich dem Ende.
    Victoria schnüffelte damenhaft. »Es kommt darauf an, ob du die Absicht hast, Miss Hewitt zu dem Ball auszuführen oder nicht.«
    »Verdammt, das reicht. Tante Vicky, falls du es vergessen hast, ich bin im Moment darum bemüht, einem Mann ein sehr gefährliches Relikt abzujagen. Um es an sich zu bringen, hat er bereits zwei Menschen umgebracht. Zusätzlich gilt es, ein menschliches Ungeheuer zu entlarven, einen Lustmörder, der Frauen die Kehle durchschneidet. Ich habe wirklich keine Zeit, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wen ich zum Frühlingsball einlade.«
    Victoria zog die Brauen hoch. »Du hattest letzte Nacht Zeit, eine Frau zu kompromittieren.«

    Eine Entgegnung darauf traute er sich nicht zu. Stattdessen öffnete er die Tür, schritt aus der Bibliothek und lief, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf.
    An der geschlossenen Tür von Leonas Zimmer angelangt klopfte er scharf an.
    »Herein, Mary«, rief Leona.
    Trotz seiner Verärgerung löste sich seine Anspannung ein wenig. Ihre Stimme klang nicht tränenerstickt.
    Vorsichtig öffnete er die Tür. Leona saß am kleinen Schreibtisch vor dem Fenster. Bei ihrem Anblick stockte ihm der Atem. Sie trug einen maigrünen Morgenmantel mit gelben Bändern. Bodenlang, langärmelig und am Hals nur sparsam ausgeschnitten wirkte er in jeder Hinsicht züchtig, ein Stil für Hauskleider, der aus Frankreich importiert worden war, und einen Schnürleib oder ein Korsett überflüssig machte. Elegante Frauen wie seine Mutter erschienen in ihrem Morgenmantel wie selbstverständlich zum Frühstück.
    Er konnte sich noch erinnern, dass dieses Kleidungsstück für viel Aufregung gesorgt hatte, als es in Mode kam. Kritiker wetterten gegen den bequemen, lockeren Stil, der unweigerlich einer gelockerten Moral den Weg ebnen würde. Zum ersten Mal verstand er den Schock und die Empörung der prüden Liga. Es war etwas unleugbar Sinnliches am Schnitt dieses speziellen Morgenmantels, der um den Körper dieser speziellen Frau drapiert war.
    Ihm kam der Gedanke, dass er es nicht gebilligt hätte, wenn ein anderer Mann Leona in dieser Aufmachung gesehen hätte, trotz der langen Ärmel und des praktisch nicht vorhandenen Ausschnitts.
    »Stellen Sie das Tablett auf meinen Frisiertisch«, sagte Leona, ohne von dem in Leder gebundenen Tagebuch

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