Dieb meines Herzens
Schatten des Wagens, während Thaddeus an die Tür des bescheidenen Hauses pochte. Als ein verschlafen wirkender Mann im Morgenmantel und mit der Kerze erschien, führten die beiden ein leises, mehrere Minuten dauerndes Gespräch.
Schließlich zog sich der Detective in den Flur zurück und schloss die Tür. Thaddeus sprang die Stufen herunter und stieg wieder in die Droschke ein. Leona spürte sofort, dass seine Anspannung nachgelassen hatte, nachdem er den Mann von Scotland Yard von Lancings Tod unterrichtet hatte.
»Detective Spellar wird sich um den Leichnam kümmern und die Ermittlungen abschließen«, sagte Thaddeus in beherrschtem, wenn auch noch immer zornigem Ton. »Er war der Erste, der vermutete, dass es sich bei dem Mitternachtsmonster um einen paranormalen Jäger handelt. Mit etwas Glück wird er bei der Durchsuchung von Lancings Wohnung etwas finden, das dessen Schuld beweist. Ein geisteskranker Mörder wie er hat zweifellos in irgendeiner Form seine Verbrechen dokumentiert. Er war auf sein Werk sehr stolz.«
Es bedurfte keines Kristalls, um zu erkennen, dass Thaddeus’ Stimmung alles andere als gut war. Fog reagierte, indem er ihm respektvoll seine Aufmerksamkeit schenkte wie ein Soldat in Erwartung der Befehle seines Vorgesetzten. Leona trommelte mit den Fingern auf den Sitz. Schock und Entsetzen,
die sie zunächst beim Anblick von Lancings Leichnam empfunden hatte, waren einer Erleichterung gewichen, die so groß war, dass Schauer sie überliefen. Nun aber gesellte sich zu diesem beunruhigenden Gefühl wachsende, an Zorn grenzende Erbitterung.
Als sie das dunkle Haus betraten, reichte es ihr.
»Geh zu Bett«, sagte Thaddeus. »Wir unterhalten uns am Morgen.«
Das war es. Die Tatsache, dass sie genau das hatte tun wollen, was er ihr riet, diente nur dazu, sie noch mehr zu erbittern.
»Wie kannst du es wagen?«, stieß sie gepresst hervor.
Er ignorierte sie und betrat steifbeinig die Bibliothek. Dort legte er seinen Mantel über die Sofalehne, machte Licht und ging sofort zum Brandytisch. Sie lief ihm nach, schloss hinter sich die Tür und lehnte sich an diese, wobei sie den Türknauf fest umfasste.
»Du hast kein Recht, mir Befehle zu geben, Thaddeus«, flüsterte sie leise und eindringlich.
»Ich habe jedes Recht.« Er zog den Stöpsel mit einem Ruck heraus und goss den Inhalt in ein Glas. »Solange du Gast in diesem Haus bist, wirst du tun, was ich sage.«
»Ich möchte dich daran erinnern, dass ich auf deinen Wunsch hin hier wohne. Mein Nachgeben in diesem Punkt führte dazu, dass du die Natur unserer Zusammenarbeit gründlich missverstanden hast, wie sich nun zeigt.«
»Unserer Zusammenarbeit?« Er sah sie amüsiert an und trank das halbe Glas in einem Zug leer. »So nennst du es also? Das hört sich ja an wie ein Geschäftsabkommen.«
»Nun, das ist es ja in gewisser Weise.«
Sofort wusste sie, dass sie einen kapitalen Fehler begangen hatte. Die Ströme intensiver Energie, die Thaddeus unsichtbar
umzüngelten, erreichten wie ein Springfeuer eine neue und gefährliche Ebene.
Er stellte sein Brandyglas viel zu sacht ab und durchquerte den Raum in drei langen Schritten. Vor ihr blieb er stehen, hielt sie an der Tür gefangen und umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. Als er zu sprechen anfing, schien seine Stimme aus dem Herzen eines Sturms zu kommen. Die hypnotischen Kadenzen überrollten ihre Sinne.
»Verdammt und zum Teufel, was immer dies sein soll, es ist keine Geschäftsbeziehung zwischen uns, Madam.«
Es kostete sie jede Unze ihrer eigenen Energie, ihn daran zu hindern, ihren Willen zu brechen. Hitze durchflutete sie wie eine Fieberattacke.
»Warum bist du so aufgebracht?«, fragte sie.
»Weil du heute um ein Haar getötet worden wärest.«
»Du aber auch.«
Er schenkte ihrer logischen Antwort keine Beachtung.
»Du wirst dich nie wieder einem solchen Risiko aussetzen. Verstehst du mich, Leona?«
»Du warst in Gefahr«, schoss sie zurück. »Ich hatte keine andere Wahl. Und versuche ja nicht wieder, mir hypnotische Befehle zu geben. Ich bin gegen deine Kraft immun, vergiss das nicht.«
Seine Hände umfassten ihr Gesicht fester. Seine Augen waren Gewässer voller gefährlicher, aber unerträglich aufregender Strömungen.
»Leider bin ich nicht immun gegen deine«, sagte er leise.
Er nahm ihren Mund in Besitz, und sie entdeckte, dass sein Kuss mehr hypnotische Kraft besaß als seine Stimme. Nicht das geringste Verlangen nach Widerstand regte sich in ihr. Als hätte er
Weitere Kostenlose Bücher