Dieb meines Herzens
unbeschreiblich intensiv. Versuche es mit erschöpfend. Ich kann mich glücklich schätzen, wenn ich die Treppe zu meinem Schlafzimmer noch erklimmen kann.«
»Ich könnte ein ähnliches Problem bekommen.«
Sie glitt vom Schreibtisch und lief durch den Raum, um sich nach ihren Sachen zu bücken. Müßig sah er zu, wie sie in die Männersachen schlüpfte, genoss es, sie zu beobachten,
wie sie sich im Gefolge der Leidenschaft anzog, kostete die Intimität aus, die die Szene verströmte.
»Glaubst du, dass alle unsere Auseinandersetzungen so enden werden?«, fragte er mit der Andeutung eines Lächelns.
Sie hielt im Zuknöpfen ihres Hemdes inne und bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. »Es ist zu hoffen, dass es nicht allzu oft zu solchen Auseinandersetzungen kommt.«
Er dachte an den Grund des Streites, und um seine Belustigung war es geschehen.
»Du hast recht«, sagte er und kniff die Augen ein wenig zusammen. »Ich möchte keine Wiederholungsvorstellung dessen, was heute geschah.«
Ihre Brauen runzelten sich warnend. »Thaddeus …«
»Ich glaube nicht, dass mein Herz den Schock überstehen würde«, schloss er trocken.
Sie sah aus, als wolle sie weiterargumentieren, rümpfte dann aber nur die Nase. »Meines auch nicht.«
Er lächelte ihr zu. Sie lächelte zurück.
Streit oder nicht, dachte er, die Spinnwebfäden der unsichtbaren Bindung wurden enger. Für keinen von ihnen gäbe es ein Entkommen. Er hütete sich, die Worte laut auszusprechen. Es war zu früh, der Augenblick zu zerbrechlich.
Sie zog sich fertig an, stand dann da und sah ihn ernst und besorgt an. Was nun, fragte er sich.
»Diese Bestie … Lancing«, sagte sie. »Ist er heute wirklich in den Tod gesprungen?«
Das war es also. Die Möglichkeit, dass er einen Menschen getötet hatte, machte ihr zu schaffen. Eine Reaktion, auf die er hätte gefasst sein müssen. Er atmete langsam aus und rief sich die Konfrontation auf dem Dach in Erinnerung.
»Ja«, sagte er. Zum Teufel, es war die Wahrheit, fast jedenfalls.
Erleichterung erhellte ihre Miene. »Ich verstehe.«
Er stand auf und ging zum Tisch, auf dem noch der halb geleerte Brandy stand. Nach dem ersten Schluck wartete er, bis er die Hitze spürte, und setzte das Glas ab.
»Aber ich trieb ihn mit Absicht so weit«, sagte er.
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich konnte ihn nicht mehr als ein paar Sekunden hintereinander in Trance halten.« Er hielt ihrem Blick durch die Länge des Raumes stand. »Er war … außer Kontrolle. Seine Energie war fast zur Gänze ins Chaos abgeglitten. Er entzog sich meiner Kontrolle immer wieder, begriff aber, was im Gange war und geriet vollends in Panik. Schließlich rannte er die Treppe aufs Dach hinauf.«
»Und du hinterher?«
»Ja.« Er nahm den Blick nicht von ihr. »Ich denke, er wollte auf das Dach des Nachbarhauses springen, erwischte aber in seiner Verwirrung und Angst die falsche Seite und landete auf der Straße.«
»Ich verstehe.«
»Ich war es, der ihn in diesen Zustand extremer Desorientierung versetzte. Ich tötete ihn, Leona, so gewiss, als hätte ich ihn über den Rand gestoßen. Als ich ihm die Treppe hinauf nachjagte, wollte ich ihn vernichten, weil ich sicher war, dass man ihn auch im Kerker nicht festhalten könnte. Er war von Sinnen, seine Fähigkeiten aber waren noch immer sehr wirksam und sehr gefährlich. Ich wollte ihn erschießen, aber …«
Wieder nickte sie auf dieselbe ernste Art und ging zu ihm. Er merkte, dass er den Atem anhielt.
Sie blieb vor ihm stehen und berührte seine Wange. »Er war ein tollwütiger Hund. Du hast getan, was getan werden musste.«
»Nun siehst du mich aber mit anderen Augen, weil ich den Tod eines Menschen herbeiführte.«
Langsam schüttelte sie den Kopf, während ihre Fingerspitzen sanft auf seiner Wange ruhten. »Nicht mit anderen, aber mit besorgten Augen.«
Das überrumpelte ihn. »Weshalb bist du besorgt?«
»Anders als Lancing bist du ein zivilisierter Mensch mit einem Gefühl für Anstand und mit einem Gewissen. Zivilisierte Menschen töten nicht ungestraft, mag ihre Sache auch noch so gerecht sein. Eine solche Tat fordert immer ihren Tribut. Wäre es anders, wärest du selbst nicht besser als ein Tier. Es wird Träume geben, Thaddeus. Vielleicht noch nicht heute. Auch nicht morgen. Früher oder später wirst du aber davon träumen.«
Er rührte sich nicht, aus Angst, sie würde ihre Hand sinken lassen, wenn er es täte.
»Ja«, sagte er. »Ich bin auf Träume
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