Diebesgeflüster - Band 3
ihr. Da in diesem Moment die jungen Soldaten aus dem großen Saal quollen, wirbelte Tebby herum und rannte den staubigen Gang entlang, der sie hierher geführt hatte.
Ihre Füße verursachten kein Geräusch auf den kalten Steinen. Sie lief eilig und mit gerafftem Rock, eine Hand auf das Kopftuch gelegt, damit es ihr nicht einfach davonflog. Sie hatte doch vorhin einen Treppenturm gesehen! Sie musste die Stufen hinabkommen, bevor die Priester den Turm passierten. Diese Männer konnten wirklich die Rettung des Plans bedeuten.
Endlich ragte die Rundung des Treppenturms in den Gang ein. Auf eiskalten Sohlen huschte Tebby hinab, stellte den Korb auf den Boden und suchte darin herum, bis sie die mit Metallschrot gefüllte Socke hervorziehen konnte. Nur eine Kleinigkeit für den Notfall, die Javin ihr widerwillig ausgehändigt hatte. Das Messer, das der Diener Tebby angeboten hatte, hatte sie prompt abgelehnt. Sie war Dieb – kein Mörder. Wenn Javin Blut vergossen haben wollte, durfte er das hübsch alleine machen.
Tebby atmete tief durch und spähte dann um die Türöffnung herum. Da kamen sie! Sieben Männer in langen Kutten. Wie gemacht, um sich darunter zu verstecken. Aber nur einen davon konnte Tebby gebrauchen, weil sie mit mehr als einem vollkommen überfordert wäre. Der Kleine da hinten links. Sie würde ganz besonders freundlich zuschlagen, beschloss sie. Eine kurze Bewusstlosigkeit und eine Beule, nicht mehr. Auf gar keinen Fall wollte Tebby den Mann umbringen. Der konnte wahrscheinlich nichts für die Kriegsvorbereitungen und den Auftrag des Großfürsten. Der Priester hatte aber Glück, dass ausgerechnet Tebby und nicht der Werwolf ausgesandt worden war, um das Banner zu stehlen.
Sie zog sich wieder ein Stückchen zurück, die Hand unter dem Ärmel, um die schwere Socke zu verbergen. Lauschte auf die Schritte draußen und lief los, als die Priester am Treppenturm vorbei waren.
»Ehrwürdiger«, flüsterte Tebby und haschte nach dem Ärmel des kleinen Priesters.
Er fuhr herum, als hätte sie ihm einen glühenden Schürhaken unter die Kutte geschoben. Beinahe handtellergroß baumelte ein Pendant an silberner Kette um seinen Hals. Der Orden der Bruderschaft von Krolok. Seelsorger mit einem Hang, sich in Dinge einzumischen, welche die weltlichen Fürsten gerne vor der Geistlichkeit geheim halten würden. Tebby entsann sich, einst aus einem Krolok-Kloster eine goldene Schüssel mit kunstvoll eingefassten Edelsteinen gestohlen zu haben. Mühsam war es gewesen, die Steine aus ihren Halterungen zu lösen. Nahrung für Monate war damit bezahlt worden. Die Schüssel hatten die Jungen zum Waschen benutzt, bis Tebby das Metall hatte einschmelzen müssen, um weiterhin den Lebensunterhalt damit bestreiten zu können.
Mit einem Ruck befreite der Priester seinen Ärmel aus Tebbys Zugriff und blickte streng und nicht im Geringsten freundlich oder gütig auf sie herab. Da er nur unwesentlich größer war als sie, stellte dies eine Leistung da, die Tebby beeindruckend fand.
Sie selbst machte sich noch ein wenig kleiner, dachte an ihre Brüder, als diese vor Hunger weinten, und spürte dankbar Tränen in den Augen und auf den Wangen.
»Ehrwürdiger, mein Herr ist krank und erbittet Segnung«, flüsterte sie.
Der Priester rollte mit den Augen, als wäre diese selbstverständliche Bitte eine Beleidigung seiner Person.
»Ich komme nach«, rief er dann aber den anderen zu und blickte einigermaßen erbittert auf Tebby hinab. »Dann gehen wir jetzt zu deinem Herrn. Und du bekommst Schläge, wenn du übertrieben hast. Ich habe Wichtiges zu erledigen.«
Der fromme Gedanke, nicht härter als notwendig zuzuschlagen, machte dumpfer Verärgerung Platz, was dieser Geweihte sich eigentlich einbildete. Doch Tebby duckte sich bei diesen Worten, wie es einer einfachen Dienerin zukam, und wies auf den Durchgang zum Treppenturm.
Mit rauschender Kutte folgte der Priester der knappen Geste, und Tebby hastete ihm hinterher, ließ die Socke aus dem Ärmel gleiten und wartete nur so lange ab, bis der Priester die erste Stufe nahm.
Sie erwischte ihn punktgenau am Hinterkopf. Wie ein nasser Sack sank der Mann in sich zusammen. Tebby ließ die Socke fallen und fing den Priester auf, wobei sie fast unter seinem Gewicht zu Boden ging. Fahrig tastete sie an der Kehle unter den Stoffschichten der Kutte nach dem Puls des Priesters und atmete erleichtert auf, als sie das Pochen unter den Fingerkuppen spürte.
Sie ließ den Mann zu Boden sinken
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