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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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davon
überzeugen konnte, daß Mignureal im Unrecht gewesen war,
und so trieben ihn seine Schuldgefühle von der erstaunten und
enttäuschten Frau davon.
    Auf dem Heimweg versuchte irgendso ein Idiot doch
tatsächlich, ihn zu überfallen. Einen Moment später
glotzte der erbärmliche Wicht mit offenem Mund auf das
Wurfmesser, das sein vermeintliches Opfer in der hocherhobenen linken
Hand und den Dolch, den Hanse zum Stoß bereit tief in der
rechten hielt. Der Wegelagerer rannte davon, und als Hanse in die
Wohnung zurückkehrte, war er sehr viel besser gelaunt. Dort
führten weitere Entschuldigungen und gegenseitige
Schuldbekenntnisse wieder einmal zu zerwühlten Decken.
    Am nächsten Tag erstand er eine hübsche, blau und
cremefarbene, herrlich glasierte Vase und einen schönen
Seidenwandteppich, der mit dem Bild einer schönen gescheckten
Katze verziert war. Mignureal weinte vor Glück über so viel
Luxus; überflüssiger Schnickschnack! Gleich am
nächsten Tag griff sich die Basarwache direkt neben dem
S’danzostand plötzlich an die Brust und fiel tot um, und
Mignureal kam verängstigt nach Hause zurück. Sie hatte den
Mann als Tink gekannt und seinen richtigen Namen erst nach seinem Tod
erfahren. Es war Estane. Ja, dieser Name war von Sinajhals Liste
verschwunden und hatte einen leeren Raum zurückgelassen, und es
fehlte wieder eine Münze. Aus keinem anderen einsichtigen Grund
als aus Angst und Bedrückung gerieten Hanse und Mignureal in
Streit. Hanse holte die verbliebenen sechs Münzen aus der
verfluchten Tasche und warf sie fort. Dann fiel er in sein
natürliches Verhalten zurück: In seiner schwarzen Kleidung
verließ er die Wohnung, kletterte eine Mauer empor, über
ein Dach hinweg, ein anderes halb hinab, stieg in ein Fenster und
schlüpfte einen kurzen Augenblick später wieder mit einem
juwelenbesetzten Dolch und zwei Goldstücken ins Freie,
während der beraubte Mann und seine Frau ruhig in ihrem Bett
neben dem Fenster schliefen. Als Hanse mit seiner
unrechtmäßig erworbenen Beute wieder zu Hause eintraf,
fühlte er sich sehr viel besser – abgesehen davon,
daß Mignureal mit Regenbogen unter der Decke im Bett lag, den
Rücken Hanse zugewandt, und sich weder umdrehen noch ein Wort
mit ihm sprechen wollte. Und am nächsten Morgen waren die sechs
Kaisermünzen wieder in der rissigen alten Satteltasche.
    Das half ihm und Mignureal, sich wieder zu versöhnen, sie
waren beide Opfer eines Fluches, mit dem sie leben mußten.
    »Es ist die Anspannung, die Anspannung, Liebling«, sagte
sie und drückte ihn an sich.
    Als sie eine halbe Stunde später auf seinen Diebstahl zu
sprechen kam, war Hanse noch nicht bereit, vernünftig darauf zu
reagieren. »Quatsch«, murmelte er unwillig und
verließ die Wohnung, um einen Spaziergang zu machen. Wunder und
Regenbogen wollten ihn unbedingt begleiten und widerstanden allen
seinen Versuchen, sie zurückzuschicken. Sechs Häuserblocks
weiter wurden sie Zeuge eines schnellen und gewaltsamen
gräßlichen Todes. Hanse rannte den ganzen Weg zurück
und riß die alte lederne Tasche auf. Sie enthielt sechs
Münzen. Hanse verlor die Nerven und schrie laut auf. Er
schleuderte die Münzen gegen das Fenster und durch die
geschlossene Scheibe. Das Glas zerbrach, und Hanse trampelte auf der
Satteltasche herum, während Mignureal ihn voller Entsetzen
anstarrte und Tränen aus ihren weit aufgerissenen Augen zu
fließen begannen. Erst als er die Schreie von
Straßengören und anderen Leuten draußen hörte,
die die Münzen aufklaubten, die bestimmt ein Geschenk der Flamme
an die Armen sein mußten, hörte er auf, auf der Tasche
herumzustampfen. Er lächelte.
    »Warum habe ich nicht schon früher daran gedacht? Sollen
sich doch die anderen mit dieser merkwürdigen Angelegenheit und
dem täglichen Entsetzen und Streß herumschlagen! Sollen sie den Fluch auf sich nehmen, den wir nicht verdient
haben!«
    Danach setzten sie sich auf den Fußboden, hielten einander
fest und versuchten, ruhig über das Unbegreifliche zu sprechen,
das man kaum in Worte fassen konnte. Endlich waren sie die
verfluchten Münzen ein für allemal losgeworden!
    Hanse versprach, das Fenster gleich wieder zu reparieren.
     
    Es war reines Wunschdenken, und sie hätten es besser wissen
sollen. Der Fluch des Unnatürlichen und
Übernatürlichen lastete auf ihnen persönlich. Am
nächsten Morgen waren die Münzen wieder in der
Satteltasche, glänzend, als seien sie frisch geprägt. Hanse
und Mignureal würden noch Tage

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