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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Offutt
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verknotete sie. Dabei würdigte er Mignureal nicht eines
einzigen Blickes.
    Sie sah ihm zu, fühlte sich ebenfalls ausgetrickst und
überrumpelt und fand, daß er diesen Spaß zu weit
trieb, daß es kein Spaß mehr war, so zu tun, als
hätte sie ihm irgendwie die vier Münzen entwendet, die er
letzte Nacht in seinen Kleidern versteckt hatte. Fast ohne ein Wort
zu wechseln packten sie ihre Sachen zusammen und ritten wieder die
schmale Straße entlang durch den Wald. Das Leben machte wieder
einmal überhaupt keinen Spaß mehr.
     
    Obwohl beide verdrossen waren und ihren eigenen Gedanken
nachhingen, ritten sie doch wachsam. Es konnten durchaus weitere
Tejana in der Nähe sein, auch wenn sie dadurch nicht gerade
ihrem Ruf als Wüstenbewohner gerecht wurden. Der Wald konnte
mannigfaltige Gefahren bergen, auf zwei oder auf vier Beinen. Es
konnte ihnen jederzeit irgendwer aus der anderen Richtung
entgegenkommen, und der oder die Leute konnten ihnen freundlich
gesonnen sein oder auch nicht. Diebe mochten ihnen überall
auflauern, bereit, ihnen alles zu nehmen, auch ihr Leben. Als sie
daran dachten, beobachteten sie aufmerksam die großen
Bäume und die stärkeren Äste, die über die
Straße ragten.
    Außer Vögeln sahen und hörten sie nichts. Keiner
beschwerte sich darüber.
    Die gestreifte Katze fand es überhaupt nicht so bequem wie
Wunder, auf dem Onager zu reiten, auch nicht nachdem Mignureal ihr
eine Art Nest gebaut hatte. Nach ein paar »Mius« und sogar
ein paar passablen »Miaus«, und nachdem sie eine Zeitlang
mit großen Augen um sich gesehen und gezögert hatte, war
die Katze schließlich zu Boden gesprungen. Sie landete mit der
katzenhaften Eleganz und Leichtigkeit, die jeden Menschen
beschämen mußte. Danach lief sie zufrieden neben
Mignureals Pferd daher. Heute war es auch Wunder einmal genehm zu
laufen.
    Die Kühle und der Schatten waren für alle eine
willkommene Abwechslung, und eigentlich hätte die Stimmung viel
besser sein müssen. Unglücklicherweise aber waren die
beiden Menschen viel zu sehr damit beschäftigt, zu schmollen und
sich in düsteren Gedanken zu ergehen.
    Ungefähr zwei Stunden später platzte Hanse
schließlich damit heraus: »Du hast diese Münzen also
wirklich nicht in die Tasche gelegt.«
    »Ich habe dir schon gesagt, daß ich es nicht getan
habe«, sagte sie mit sanfter aber fester Stimme.
    »Ich weiß, daß du mir das gesagt hast, und ich
habe dir gesagt, daß ich es auch nicht getan habe, oder? Es war
einfach unmöglich, daß wir uns glauben konnten.« Er
seufzte, und seine Lippen wurden schmal. »Wer würde schon
gerne an irgendeine andere Erklärung denken? Du weißt,
daß ich Zauberei hasse, aber…«
    »Hanse, willst du tatsächlich behaupten, daß du es
wirklich nicht gewesen bist? Daß du keinen Spaß gemacht
hast und es dir hinterher peinlich war, und du… äh, dann
versucht hast, zu…« Sie verlor den Faden.
    »Oh, Scheiße!« stieß Hanse hervor und
zeigte, daß er verletzt war. Danach blickte er wieder starr
geradeaus.
    Ungefähr eine weitere Stunde verstrich nach diesem
gescheiterten Versuch, sich wieder zu versöhnen. Zumindest die
Vögel klangen fröhlich.
    Etwas später hörten sie irgendwo links von sich Wasser
fließen, und kurz darauf gelangten sie an einen schmalen aber
gut ausgetretenen Pfad, der links von der Straße in den Wald
führte. Die Pferde bekundeten großes Interesse. Mignureal
und Hanse ging es natürlich nicht anders. Beide sprachen kein
Wort. Hanse lenkte sein Tejanapferd einfach in die entsprechende
Richtung und überließ dem Grauen den Rest. Mignureal und
die ›Herde‹ folgten. Wunder beschloß vorauszulaufen.
Nach kurzem Zögern folgte ihm die gescheckte Katze.
    »Bleib ein Stückchen zurück«, sagte Hanse zu
Mignureal, »damit dir die Äste nicht ins Gesicht schnellen,
wenn ich sie zurückbiege.« Während er das sagte, bog
er auch schon einen zur Seite und ließ ihn vorsichtig wieder
los, damit er sie nicht traf.
    Mignureal antwortete nicht. Das Geräusch des Wassers wurde
lauter. Sie konnten jetzt hören, wie es über Felsen
rauschte und gluckerte, und wußten, daß sie einen
richtigen kleinen Fluß vorfinden würden. Der Pfad
schlängelte sich. Die Bäume und Zweige rückten dicht
an ihn heran. Zuerst schien der Wald noch dichter zu werden, so
daß es immer dämmriger und kühler wurde. Doch bald
schon konnten sie helles Sonnenlicht voraus erkennen, und dann
stießen sie auf einen schmalen, grasbewachsenen Streifen, der
zum Bach

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