Diebin der Nacht
dem Kaffee hereinkam.
»Wie trinkst du deinen Kaffee, junger Mann?«, fragte sie, während sie den von Ehrfurcht ergriffenen Jungen anstrahlte.
Unsicher schaute dieser hinüber zu Rafe, um zu sehen, wie der seinen Kaffee nahm. »Schwarz, bitte«, antwortete er.
»Das ist mein Mann«, ermutigte Rafe ihn. »Man sagt, dass der Mann, der seinen Kaffee schwarz trinkt, Irland regieren wird.«
»Den Job würde ich nicht unbedingt haben wollen, Sir«, antwortete Hush mit ehrlichem Gesicht. »Ich will Züge fahren, wenn ich älter bin.«
Ruth und ihr Arbeitgeber tauschten diskret belustigte
Blicke aus. Dann verließ sie den Raum und Rafe ging zu einem in der Nähe stehenden Sekretär mit aufklappbarer Schreibplatte hinüber. Er kam mit einer Zigarrenkiste zurück und benutzte dann einen kleinen silbernen Zigarrenabschneider, um die Enden von zwei Zigarren abzuschneiden. Hush reichte er eine davon. Rafe entzündete ein Streichholz und steckte zuerst seine und dann Hushs Zigarre an.
»Gute kubanische Handgerollte«, bemerkte er zwischen den Zügen. »Ich mag es, ab und zu eine gute Zigarre zu rauchen.«
Hush hatte bisher nur Pfeife geraucht, wollte sich jedoch nicht blamieren, indem er das zugab. »Ich auch«, flunkerte er, gerade noch rechtzeitig, ehe ein Hustenanfall ihn zum Schweigen brachte.
»Rauch Heber nicht auf Lunge«, riet Rafe ihm beiläufig, wobei er Mühe hatte, ein Grinsen zu unterdrücken. »Nun denn, Hush - was ist es, das du mit mir besprechen willst ?«
»Es geht um Mystere, Sir.«
»Hm, das sagtest du bereits. Was ist mit ihr? Du hast doch hoffentlich nicht vor, mich wegen ihr zu einem Duell herauszuforde rn , oder?«
Hush fiel die Kinnlade herunter, und beinahe hätte er dabei seine Zigarre verloren. Dann jedoch sah er, dass Rafe grinste, und er musste selbst ein wenig lächeln. Nun, da der Moment gekommen war, fehlten ihm die Worte.
»Es ist nur so, dass ... nun, ich wollte sagen ... sehen Sie, Sir, sie sitzt ganz schön in der Tinte. Und ich werd es nicht zulassen, dass irgendjemand ihr wehtut, Mr. Beiloch, Sir.«
»Glaubst du, dass ich vorhabe, ihr wehzutun ?«
»Oh nein, Sir. Sie werden sie doch heiraten, oder etwa nicht?«
Rafe nahm seine Zigarre aus dem Mund und betrachtete sie einen Moment lang, während ein schwaches, bitteres Lächeln über seine Lippen kam. Oder hatte er einfach nur Rauch in seine Augen bekommen ? Hush war sich da nicht sicher.
»Es sieht ja wohl ganz so aus«, antwortete Rafe schließlich. »Scheint sie glücklich darüber zu sein?«
Hush hatte Probleme damit, die Menschen, die er mochte, zu belügen. Er wurde plötzlich verlegen und täuschte Interesse an einem Weltglobus vor, der in der Nähe seines Sessels stand.
»Nicht so, wie Sie das wahrscheinlich erwarten, Sir«, gab er zu. »Sie ... weint die ganze Zeit über.«
»Tut sie das?«
»Ja, aber nur, wenn sie denkt, dass keiner sie dabei sieht. Und Mystere ist nun wirklich alles andere als eine Heulsuse. Für ein so hübsches und süßes Mädchen ist sie ganz schön zäh.«
Rafe dachte kurz darüber nach, wobei er einen abwesenden Blick annahm.
»Frauen sind oft schwer zu ergründen, Hush«, antwortete er schließlich. »Und ihre Tränen sind selten ein eindeutiger Hinweis auf irgendetwas. Aber was meinst du damit, dass du es nicht zulässt, dass irgendjemand ihr wehtut? Tut ihr irgendjemand weh?«
Hush nickte. »Ja, Sir. Oder versucht es zumindest.«
Er machte eine Pause und war offensichtlich nicht geneigt, weiterzureden. Rafe konnte sich denken warum.
»Nur unter uns beiden, Hush«, vertraute er ihm an, »Mystere hat mir schon die Wahrheit gesagt.«
»Die ... Wahrheit, Sir?«
»Ja. Über den alten Rillieux und wie er eine Schule eingerichtet hat, um jungen Menschen beizubringen, für ihn zu stehlen. Er hat es ihr beigebracht, und er hat es auch dir beigebracht, nicht wahr?«
Hush blieb eine Weile vollkommen still. Dann nickte er.
»Ja, Sir. Sehen Sie, Mystere hatte keine andere Wahl. Mr. Rillieux, der hat diese Art von ... Macht. Macht, die einen dazu bringt zu tun, was er von einem verlangt.«
Rafe schnipste seine Zigarrenasche in einen Aschenbecher. »Ich verstehe. Meinst du den alten Mann, wenn du davon sprichst, dass irgendjemand versucht, ihr wehzutun?«
»Nein, Sir. Es sind zwei andere Männer.«
Da er inzwischen keine Hemmungen mehr hatte, erklärte Hush ihm alles, was er über Lorenzo Perkins und seinen Partner Sparky wusste.
»Und nun«, kam er zum Schluss, »haben die beiden
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