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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meagan McKinney
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Lügengeschichte parat haben, um zu erklären, warum ihr ohne mich und Mystere drüben am Riverside Drive standet.«
    Mystere hörte, wie Evan und Baylis fortgingen. Ein paar Augenblicke später trat Rillieux in den Salon. Er ließ kein Anzeichen seiner wütenden Stimmung von vor wenigen Minuten erkennen.
    »Hier also sind meine beiden Paradeschüler«, begrüßte er sie und durchquerte mit Hilfe seines Spazierstockes den Salon. Er beugte sich hinunter, um Mysteres Wange zu küssen. Sie konnte sein übermäßig süßes Flieder-Eau-de- Cologne riechen.
    »Mystere lernt mich zu lesen«, prahlte Hush.
    »>Lehrt< mich«, korrigierte sie ihn.
    Rillieux schien kaum etwas davon aufzunehmen. »Das ist schön, jeder Mann sollte lesen können«, sagte er geistesabwesend. Seine dunklen Augen verengten sich, als er Mystere eingehend betrachtete. Er sah aus, als sei er in irgendwelche Grübeleien vertieft.
    »Mir ist aufgefallen, dass Belloch sich gestern zu dir gesellt hat«, erzählte er ihr. »Aber euren beiden Gesichte rn nach zu urteilen hat er dir mit Sicherheit nicht den Hof gemacht. Du hast dich ihm gegenüber recht kühl verhalten, wie es mir schien.«
    »Ich war ihm gegenüber eher ... kurz angebunden, das ist wohl wahr.«
    Rillieux lächelte über die Wahl ihrer Worte. »Das schürt nur das Feuer, meine Liebe, das schürt nur das Feuer. Ich behaupte noch immer, dass dieser Beiloch eine Schwäche für Nymphen hat.«
    Mystere warf ihm einen warnenden Blick zu, denn Hush konnte jedes einzelne Wort mit anhören, und sie mochte es nicht, wenn in seiner Gegenwart so gesprochen wurde. Nicht, dass er nicht auf der Straße sehr viel Schlimmeres zu hören bekam, brachte sie sich dann aber selbst in Erinnerung.
    »Es ist nicht das, was du denkst, Paul. Da bin ich mir sicher. Ich glaube, er hat... ein paar Dinge über uns erraten. Oder vielleicht ist >intuitiv erfasst der bessere Ausdruck dafür.«
    »Unsinn. Aber selbst wenn du Recht haben solltest, so könnten wir mit dieser Eventualität fertig werden.«
    »Was auch immer du darunter verstehst, vielleicht schätzt du ihn als zu harmlos ein. Ich habe den Eindruck, dass er ein gefährlicher und fähiger Mann ist.«
    Rillieux schnaubte verächtlich. »Tatsächlich? Gefährlich und fähig? Und doch zieht er sich in Five Points nur auf den Befehl eines halben Kindes hin nackt aus? Oh, ich fürchte mich zu Tode, Mystere! Gott schütze uns vor diesem nackten Übermenschen.«
    »Paul!«, schalt sie ihn, während sie flüchtig zu Hush hinüberschaute.
    »Oh, der Junge ist kein Baby mehr; lass ihn ruhig zuhören. Du könntest übrigens Recht haben, was Belloch angeht, ungeachtet meiner ganzen Neckerei. Ich habe Caroline über ihn ausgefragt. Sie benutzte den Ausdruck >unbedachter Tollkopf<, um ihn zu beschreiben. Und ihr schien diese Vorstellung auch noch zu gefallen.«
    »Was bedeutet das?«, wollte Hush wissen.
    »Leichtsinnig und unberechenbar«, erklärte Rillieux ihm. Er schaute zu Mystere hinüber. »Von nun an werde ich ihn ein wenig ernster nehmen.«
    Und ich werde das Gleiche tun, gelobte sie sich selbst. Mehrmals schon hatte sie seit dem vorangegangenen Nachmittag darüber nachgedacht, wie vertraulich die Dinge doch mit ihm ganz allein dort auf dem Balkon geworden waren. Nur eine kleine Bewegung seiner Hände etwas nach oben ... Selbstverständlich traute sie sich nicht, mit dem Stehlen aufzuhören, nun, da er sie verdächtigte - das würde ihn lediglich anstacheln, sie noch mehr zu verfolgen.
    Die Gefahr einer Entlarvung war jedoch nicht das Einzige, was sie im Hinblick auf ihn fürchtete. Wie viele Male schon hatte sie seit gestern empört versucht, die Erregung zu leugnen, die sein Griff auf ihren Hüften entfacht hatte? Der starke, überwältigende Griff dieser wohlgeformten Hände hatte eine pulsierende Lendenwärme hervorgerufen, die sie schwach und atemlos machte und die vor ihrem geistigen Auge Bilder entstehen ließ, die sie in ihrer leidenschaftlichen Offenheit beschämten.
    Solche Gedanken musste sie zügeln. Nicht nur, weil sie unschicklich waren, sondern auch, weil diese sie dazu verleiteten, ihre Vorsicht zu vernachlässigen. Und der Mann musste erst noch geboren werden, der dazu in der Lage war. Sie war noch immer Jungfrau, und sie hatte vor, es zu bleiben. Für immer.
    Zwar übermannte sie von Zeit zu Zeit eine tiefe, dunkle
    Einsamkeit, andererseits wusste sie aber auch, dass ihr Wert für Rillieux nicht allein in ihrer »Kunstfertigkeit« lag, sondern ebenso

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