Diener der Finsternis
verloren.
Rex lächelte. »Das waren der Herzog und ich in unserem Wagen. Aber wie haben Sie mich gefunden?«
»Das war nicht sehr schwierig«, antwortete Tanith. »Als ich zu mir kam, lag ich im Gras, und meilenweit war keine Spur von einem lebenden Wesen zu entdecken. Ich rannte fort. Mein einziger Gedanke war, weg von diesem schrecklichen Tal zu kommen. Dann brach ich erschöpft zusammen, und eine Zeitlang habe ich in einem Graben geschlafen.
Als ich erwachte, war es Morgen, und ich stellte fest, daß ich ganz in der Nähe einer Straße war. Ich hinkte die Straße entlang und kam nach Devizes. Ich hatte kein Geld bei mir, aber ich fand ein Juweliergeschäft und verkaufte meine Brosche, und dann nahm ich mir ein Zimmer in einem Hotel und versuchte, über alles nachzudenken.
Eins war mir von Anfang an klar. Meine Ansichten hatten sich vollkommen geändert. Ich verstehe selbst nicht mehr, warum ich auf Madame d’Urfé gehört habe. Aber ich weiß, daß ich jetzt in großer Gefahr bin. Ich muß versuchen, irgendwie von Mocata frei zu werden. Wir kennen uns noch kaum, Rex, und ich habe kein Recht, mich an Sie zu wenden. Aber ich bin so schrecklich allein, und ich habe niemand anders.«
Rex drückte mit seiner riesigen Pranke behutsam ihre Hand. »Das haben Sie ganz richtig gemacht, Liebes. Sorgen Sie sich nicht mehr. Niemand wird Ihnen ein Haar krümmen, nachdem Sie hierhergefunden haben. Wie haben Sie das fertiggebracht?«
Tanith lächelte schwach. »Meine einzige Hoffnung war, mich unter Ihren Schutz stellen zu können. Deshalb mußte ich Sie finden, und das war verhältnismäßig einfach. In meinem Hotel besorgte ich mir Papier und Bleistift, legte beides vor mich hin und versetzte mich in Trance. Als ich erwachte, hatte ich genügend Informationen hingekritzelt, um Ihnen folgen zu können.«
Rex nahm diese erstaunliche Erklärung ganz ruhig auf, auch wenn er sie noch vor wenigen Tagen für reine Phantasterei gehalten hätte. Er warf einen Blick auf die alte Standuhr in der Gaststube. Ein unangenehmes Gefühl stieg in ihm auf, weil er Simon schon so lange allein gelassen hatte. Er wußte jetzt, daß Tanith in Sicherheit war, und mußte zurück nach Cardinals Folly. Deshalb verkündete er abrupt: »Es tut mir schrecklich leid, aber ich muß mich um Simon kümmern und kann nicht mehr lange bleiben.«
»Oh, Rex!« Ihre Augen flehten ihn an. »Sie dürfen nicht gehen, außer wenn Sie mich mitnehmen. Wenn Sie mich allein lassen, wird Mocata mich bestimmt erwischen.«
Rex zögerte und wurde unsicher. Sprach Tanith die Wahrheit, dann konnte er es unmöglich zulassen, daß die Macht des Bösen sie wieder an sich zog. Aber tat sie das? Bis jetzt war sie Mocatas Marionette gewesen. Es war durchaus möglich, daß Mocata sie geschickt hatte, um ihn von Simons Seite wegzulocken.
Er überlegte, ob er sie mit sich nach Cardinals Folly nehmen solle, denn falls sie die Wahrheit sprach, war sie in derselben Lage wie Simon. Sie konnten auf beide zusammen aufpassen und ihre Kräfte gegen Mocata konzentrieren. Doch sofort verwarf er den Gedanken wieder. Er würde damit Mocata in die Hände spielen. Wenn Tanith mit oder ohne ihr Wissen unter seinem Einfluß stand, wußte Gott allein, welche Mittel ihr zur Verfügung standen, um ihrem Herrn zu helfen, sobald sie sich im Haus befand. Möglicherweise brachte er mit Tanith den Feind in die belagerte Festung.
»Vor was haben Sie Angst, wenn ich Sie allein lasse?« fragte er.
Tanith zitterte. »Mocata hat viele Möglichkeiten zu erfahren, wo ich bin und wo Simon ist. Ich weiß, daß ich ihm nicht widerstehen kann. Er hat mir immer wieder gesagt, ich sei sein bestes Medium. Jeden Augenblick kann er hier eintreffen. Dann wird er mich in Trance versetzen und Simon durch mich zu sich befehlen. Und wenn Simon nicht kommt, wird Mocata ihn durch mich verfluchen.«
»Machen Sie sich darum keine Sorgen«, beruhigte Rex sie. »De Richleau ist ein schlauer Fuchs. Er wird den Fluch irgendwie abwenden.«
»Sie verstehen nicht«, flüsterte Tanith. »Wenn ein Fluch ausgesandt wird, muß er irgendwo niederfallen, und wenn die Zielperson durch eine gleich starke Kraft abgeschirmt wird, fällt er auf den zurück, der ihn geschickt hat.«
»Also könnten wir doch gar keinen besseren Weg finden, um Mocata zu schlagen.«
»Nein – nein! Er tut ja diese Dinge nie selbst, damit er nicht unter einem Fehlschlag zu leiden hat! Auf mich wird der Fluch zurückfallen! Deshalb müssen Sie bei mir
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