Diener der Finsternis
Gemüse oder einem Salat und ein bißchen Obst, aber weder Fleisch noch Wild und, natürlich, keinen Wein.«
Richard brummte. »Ich bin hungrig wie ein Bär. Wir haben heute doch nicht einmal einen Lunch gehabt. Ich sehe nicht recht ein, daß das alles notwendig ist. Und dieser Mocata kann bestimmt nicht soviel Macht haben, wie du ihm zuschreibst.«
»Du hast Mocata heute nachmittag selbst gesehen.«
»Gesehen habe ich nur einen unerfreulichen, teiggesichtigen, alten Herrn.«
»Oh, Richard«, rief Marie Lou dazwischen, »Grauauge hat recht. Der Mann ist fürchterlich. Tu, was dir gesagt wird. Ich bestelle jetzt das Abendessen.«
XXIV
»Der für unsere Nachtwache am besten geeignete Ort ist die Bibliothek«, erklärte der Herzog nach dem Abendessen. Er ließ alles vorhandene Obst aus dem Speisezimmer hinüberschaffen und verlangte einen großen Krug Wasser und einige Gläser. »Wir müssen das ganze Zimmer ausräumen – Möbel, Vorhänge, alles! Und ich brauche Besen und einen Mop, um den Fußboden zu säubern.«
Sie arbeiteten schweigend, bis in der großen Bibliothek nichts mehr vorhanden war als die Bücherreihen.
»Ich möchte die Tüchtigkeit deines Personals nicht in Zweifel ziehen.« De Richleau lächelte Marie Lou an. »Aber die geringste Spur von Staub kann dem Bösen Hilfe für eine Materialisation sein. Achte besonders auf den Fußboden, Prinzessin. Ich möchte noch einmal den Gasthof anrufen und hören, ob Rex zurückgekehrt ist.«
Mit enttäuschtem Gesicht kehrte er zurück. Das Telefon hatte er nach dem vergeblichen Anruf abgeschaltet.
»Wir müssen jetzt hinaufgehen und uns umziehen«, erklärte er.
»Was sollen wir denn heute nacht tragen?« fragte Richard.
»Pyjamas. Ich hoffe, du hast einen genügenden Vorrat. Der Sinn der Sache ist, daß wir nichts an uns haben dürfen, das auch nur die geringsten Spuren von Schmutz trägt.«
»Wird es nicht schrecklich kalt werden?« fragte Simon mit unglücklichem Gesicht.
»Ich gebe euch Jagdstrümpfe und Simon einen Mantel«, bot Richard an.
Der Herzog erhob Einspruch. »Strümpfe ja, wenn sie frisch aus der Wäsche kommen, aber weder Mäntel noch Morgenröcke oder Schuhe. Es ist jedoch nichts dagegen einzuwenden, daß Richard lins saubere Unterwäsche gibt, die wir unter den Schlafanzügen anziehen können. Wichtig ist nur, daß alles makellos sauber ist.«
Sie gingen nach oben. Die Männer begaben sich in Richards Ankleidezimmer und plünderten seine Schränke. Marie Lou, in einem pfirsichfarbenen seidenen Pyjama sehr hübsch aussehend, gesellte sich später zu ihnen.
»Jetzt geht es an die Leinenvorräte«, befahl der Herzog. »Kissen, die bereits angeschmutzt sind, dürfen wir nicht benutzen, aber wir können es uns auf dem harten Fußboden mit Bettlaken, Badetüchern und Decken etwas bequemer machen.«
Mit Bündeln beladen kehrten sie in die Bibliothek zurück. De Richleau öffnete seinen Koffer und entnahm ihm Bindfaden, ein Stück Kreide und ein Lineal. Mit Hilfe Marie Lous zog er zwei große konzentrische Kreise auf dem Boden. Dann begann der schwierigste Teil der Arbeit. Ein fünfzackiger Stern mußte konstruiert werden, dessen Zacken zwischen den beiden Kreisen lagen. Wie der Herzog erklärte, ist die geometrische Exaktheit eines schützenden Pentagramms von großer Bedeutung, denn durch eine Ungenauigkeit wird es nicht nur nutzlos, sondern sogar gefährlich.
Eine halbe Stunde lang maßen, prüften und markierten sie. Richard, der so etwas wie ein Amateur-Architekt war, leistete ausgezeichnete Arbeit. Endlich gab sich der Herzog zufrieden. Innerhalb dieses fünfzackigen Sterns sollten sich alle während der Nacht aufhalten.
Mit Kreide schrieb der Herzog um den Rand des inneren Kreises den mächtigen Exorzismus:
In nomina Pa + tris et Fi + lii et Spiritus Sancti! + El + Elohym + Sother + Emmanuel + Sabaoth + Agia + Tetragammaton + Agyos + Otheos + Ischiros +
und dann malte er noch aus einem alten Buch, das er mitgebracht hatte, verschiedene seltsame Symbole ab.
In die Mitte der astralen Festung wurde das Bettzeug getragen. De Richleau versiegelte mit Teufelsdreckgras und blauem Wachs die Fenster, die in die Halle führende Tür und die Geheimtür. Er vergewisserte sich, daß jedes Licht im Raum angeschaltet war, legte Holz auf das Feuer, damit es die ganze Nacht brannte, und begab sich dann mit allen anderen in das Pentagramm. Zwischen die Zacken stellte er fünf kleine silberne Becher und füllte sie zu zwei Dritteln
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