Dienstags ist sie nie da - Roman
angesichts des Zustands ihrer Blase keine so gute Idee gewesen waren.
Alles war ganz allein ihr Fehler, konstatierte sie, als sie versuchte, sich in die enge Toilettenkabine zu zwängen. Sie war diejenige, die schwanger geworden war und nun allen anderen das Leben versaute, dachte sie, die Ellbogen auf die Knie gestützt, den Kopf in den Händen. Sie war einfach hereingeplatzt und hatte »Letzte Runde« für Ben und seine Kumpels gerufen – genau wie ihre Freundinnen auch, als sie heirateten und Kinder bekamen. Sie erinnerte sich, wie übel sie ihnen das damals genommen hatte; auf keinen Fall würde sie nun dasselbe tun. Ihr Baby würde keine Spaßbremse werden. Auf keinen Fall.
Mit neuer Entschlossenheit watschelte sie zurück zur Bar und stellte fest, dass Ben, der mit Rick und Braindead plauderte, nun viel entspannter aussah.
»Das ist bedauerlich«, sagte Braindead gerade. »Wenn wir wegfahren, kriegen wir viel besseres Zeug.«
»Rick erzählt gerade von Mels Junggesellinnenabschied am letzten Wochenende«, sagte Ben. »Offensichtlich bestand die ganze Beute, mit der sie zurückgekommen ist, aus drei Männerunterhosen.«
»Unterhosen«, rief Katy. »Wie langweilig! Zu meiner Zeit war ich die Königin im Klauen des perfekten Souvenirs. Meine ruhmreichsten Errungenschaften waren damals eine Palme, ein männliches Model und sämtliche
Zutaten für einen Döner, gestohlen in drei verschiedenen Kebab-Läden, inklusive einer vollen Flasche Chilisauce und einer Schüssel Kohlsalat.«
Rick und Braindead starrten Katy wortlos an.
» Du ?«, sagte Rick schließlich.
»Das glaube ich dir nicht«, erklärte Braindead.
»Warum nicht?«, antwortete Katy und hatte das Gefühl, dass sie gleich eine Beleidigung zu hören bekommen würde.
»Du bist so …, aber du bist doch so …«, begann Rick.
»So was?«, fragte Katy.
»Ich kann mir nur einfach nicht vorstellen, wenn man dich jetzt so sieht – du weißt schon, in deinen ganzen, echt schicken, Business-Klamotten –, dass du so etwas … tun könntest.«
Rick fehlten die Worte.
»Echt cool«, fand Braindead.
»Vielen Dank, Jungs. Dann bin ich also heute nicht mehr cool?«, fragte Katy.
»Nein, das wollte ich damit doch gar nicht sagen. Ich meinte, etwas … so Unreifes. Du bist einfach zu vernünftig, um so etwas zu tun.«
Katy hatte das Gefühl, sie müsste ihm auf der Stelle eine knallen.
»Vernünftig?«, rief sie. Wenn es ein Wort gab, das ihre schlimmsten Ängste bezüglich ihres Alters – Mitte dreißig – und den Gedanken an die Mutterschaft zusammenfasste, dann war es »vernünftig«.
»Ich? Vernünftig?«, wiederholte sie.
»Na ja«, sagte Rick und wirkte langsam etwas unbehaglich. »Seit ich dich kenne, habe ich nie erlebt, dass du etwas so Verrücktes gemacht hättest. Vielleicht kommt
das ja, weil du damals jünger warst. Bevor wir dich kennengelernt haben.
Katy brachte keinen Ton heraus, so entsetzt war sie.
»Egal, Mädchen machen solche Sachen einfach nicht«, erklärte Rick herablassend, bevor er sich umdrehte und so tat, als würde er die Tafel mit den Bier-Specials studieren.
Rick dachte also, dass sie mit dem Alter eine Langweilerin geworden war. Sie war aber nicht langweilig! Sie konnte noch locker mit den sorglosen, amüsierwütigen Zwanzigjährigen mithalten. Sie war noch nicht zu alt! Selbst wenn sie schwanger war.
Sie sah um Unterstützung heischend Ben an. Er hatte aber offensichtlich beschlossen, dass er nicht in die Auseinandersetzung mit hineingezogen werden wollte, denn er stand rasch auf, küsste sie auf die Stirn und kündigte an, sich in Richtung Herrentoilette zu verabschieden.
Großartig, dachte sie, als sie hinter ihm hersah. Immer nett, ein paar bestätigende Worte zu hören. Demnach meinten sie also allen Ernstes, dass nur sie ein Recht darauf hätten, ausgelassen und verrückt zu sein, weil sie Männer unter dreißig waren? Sie würde es ihnen zeigen, das schwor sie sich. Und zwar sofort. Sie würde ihnen das blasierte, selbstzufriedene Lächeln aus ihren Gesichtern fegen. Sie sah sich verzweifelt nach Inspiration um, und da fiel ihr Blick auf Gloria, die das kleine Häufchen Chips beäugte, das ihr der »ach so witzige« Braindead vor die Füße gelegt hatte.
Perfekt, dachte sie. Sie sah zu Rick und Braindead hinüber, die jetzt darüber debattierten, welches Bier sie als Nächstes probieren sollten.
»Na dann aufgepasst!«, murmelte sie vor sich hin.
Sie holte tief Luft, beugte sich vor und griff so fest
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