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Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition)

Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition)

Titel: Dies beschissen schöne Leben: Geschichten eines Davongekommenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
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nahm sie. Aber ich registrierte ihre Vorsicht und verstand, dass ihr Körper sich inzwischen gegen etwaige Missbräuche gerüstet hatte. Ein, zwei Ängste ankerten zäh in ihrem Unterleib. So schnell begriff ihr Nervensystem nicht, dass ihr neuer Liebhaber die Lust mit ihr teilen und nicht sie plündern und alles allein haben wollte.
    In Paris kam die Rechnung. Celeste kehrte zurück zu dem Lusträuber. In meinen niederträchtigsten Momenten begann ich, den Verdacht zu hegen, dass sie von dem Fotografen abhängig war. Nicht finanziell, bestimmt nicht. Sexuell erst recht nicht. Wohl auf einer ungreifbaren Gefühlsebene: Strahlte er doch etwas aus, was sie beruhigte. In ihm lauerte keine Gefahr, auf eine befremdliche Weise schien sein Phlegma sie zu beschützen. Er machte nicht Angst. Sogar sein Äußeres verschaffte ihm Pluspunkte. Der kleine Bauch schien ein Gütezeichen für inneren Frieden. Nichts nagte in ihm. Mich nannte sie einmal einen »Krieger«. Krieger beschützen nicht, Krieger führen Krieg.
    War sie auch risikobereit in ihrem Beruf, mit ihrem Innenleben ging sie achtsamer um. Hielt Ausschau nach der soft option , nach einem aufgeräumten Leben, nach der wahnwitzigen Illusion von Sicherheit und Ewigkeit.
    Vielleicht muss jeder eines Tages für den Schmerz bezahlen, den er in einem anderen auslöst. Vielleicht auch nicht, so genau weiß das niemand. Ich jedenfalls hatte Zahltag: Bevor ich Celeste zum ersten Mal traf, hatte ich mich von Rosza getrennt. Gescheite Frau, good looking, a business woman mit Columbia-Abschluss. Ich mochte sie, aber Liebe kam nie in Frage. Der letzte Abend geriet uns zur Farce. Wieder sollte ich mich zur unvergänglichen, unwiderruflichen Einehe bekennen, inklusive aller totmachenden Ingredienzen. Natürlich Kinder, natürlich Haus, natürlich das komplette Panoptikum bürgerlichen Elends. Wie ein Sechzehnjähriger in der Hochpubertät lief ich davon.
    Jetzt, nur Monate später, war ich an der Reihe: hinnehmen das bittere Bewusstsein der Unentschiedenheit eines anderen, lernen, dass auch andere Männer begehrenswert waren. Wie siegreich ich mich bei Rozsa gefühlt hatte und in welche Taumel von Ausgeliefertsein mich jetzt mein Verlangen nach Celeste riss.
    Ich begriff noch immer nicht, was geschah.
    Ich war der Krieger. Und ich war »Poponov«. So hieß ein russischer Reporter, der sich vor langer Zeit in Wladiwostok zu Fuß auf den Weg nach Moskau gemacht hatte. Die Geschichte dieses Mannes gefiel mir, ich wollte hartnäckig sein wie er. Nur wollte ich nicht nach Moskau, ich wollte zu Celeste. Sie schien weiter entfernt als die neuntausend Kilometer zur russischen Hauptstadt. Doch wäre ich tapfer und besessen wie Poponov, ich würde ankommen.
    Auf einem Flohmarkt besorgte ich mir drei alte Hosen, ein Hemd, zwei fleckige Pullover, ein fransiges Sakko, zwei verschiedene Turnschuhe und einen langen, intensiv riechenden Schal. Am nächsten Morgen, um 5.15 Uhr, schlurfte ich als Penner verkleidet aus dem Haus. Es war jetzt Winter, vier Grad unter Null. Dreitausend Meter waren es bis zu Celestes Wohnung. Fünf Meter links von der Haustür setzte ich mich auf das Trottoir, vermummte bis auf die Augen mein Gesicht und zog einen Pappdeckel hervor, auf dem ich von meinem Schicksal als armer Teufel erzählte. Ich wollte ihr nah sein, und wäre es als abgerissener Obdachloser. Ich wollte ihr beweisen, dass sie mich haben musste.
    Es war gemein kalt und die Einwohner von Paris entdeckten ihre Wärme. Weihnachtszeit. Zwei Mädchen brachten Kaffee vorbei, eine bot an, die Samu anzurufen, eine Art Rotes Kreuz, das sich um die Elendsgestalten der Stadt kümmerte. Ich lehnte ab, spielte den verdrehten Outsider, der niemanden in seiner Nähe aushielt. Eine Geschäftsfrau von gegenüber brachte ein Mittagessen, Fisch mit Reis, ein Alter spendierte ein Sandwich, ein Ehepaar kehrte zurück in die Wohnung und holte eine Strickjacke. Eine Schöne lächelte und zog eine Tafel Schokolade aus ihrer Krokotasche. Nur einer stänkerte und predigte. Von wegen faul sein und schnorren. Trotzdem, nach der Predigt warf er ein paar Münzen in den Plastikbecher.
    Um 11.15 Uhr verließ Celeste das Haus. Sie sah mich nicht einmal, bog nach rechts in die andere Richtung ab. Und sie war nicht allein, neben ihr ging der Fotograf. Ich tastete nach meinem eisigen Hintern und beschloss, dazubleiben und zu warten. Irgendwann würde ich Glück haben.
    Minuten später wurde es dramatisch. Aus gänzlich unerwarteter

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