Diese eine Woche im November (German Edition)
Ihre Besitzungen wurden konfisziert. «
Ungeduldig greift Julia zur Wasserflasche. » Okay, der achtzehnte Elfte war kein schöner Tag für diese Leute. Und was weiter? «
Rinaldo holt die aktuellen Tagesnachrichten auf den Screen. Die Überschrift lautet: G-8-Gipfel von Protesten begleitet.
» Der G-8-Gipfel? Was soll der denn damit zu tun haben? « Sie setzt zum Trinken an.
» Die Tagung beginnt … heute! « , sagt Tonio.
» Am 18. November « , vollendet Rinaldo. » Und zwar nur 30 Kilometer von hier. Auf der Insel Albarella. «
» Die Trucidi wollen den G-8-Gipfel stören? Ist das nicht eine Nummer zu groß für die? «
Rinaldo setzt sich. » Am Jahrestag ihrer Schande schlagen sie zu. «
» Wie denn? Die Sicherheitsvorkehrungen sind doch bestimmt enorm « , geht Julia dazwischen.
» Die Konferenz wird zu Wasser, in der Luft und auf dem Boden geschützt « , antwortet Rinaldo. » Aber ab sofort ist das nicht mehr unsere Aufgabe. «
Erstaunt sehen ihn beide an. » Nein? «
» Nein. « Er lädt das Telefon auf den Screen. » Wir verständigen die Behörden. «
» Endlich! « Julia nimmt einen Schluck Wasser.
» Wen rufst du an? « , fragt Tonio.
» Das Verteidigungsministerium und das Innenministerium. « Rinaldo gibt die erste Nummer ein.
» Einfach so? «
» Sehr gut! « Julia ist erleichtert.
Ein kurzer Ruck geht durch das Gebäude.
» Was war das? «
Rinaldo schaut hoch. » Das Dach. « Schon ist er auf den Beinen. » Sie sind da. «
» Wer? «
Ein Blick, und beide wissen es.
» Wie haben sie uns gefunden? «
» Pippas Anruf. «
» Das heißt, sie haben Pippa? « , ruft Tonio erschrocken.
Wieder das dumpfe Poltern. » Sie kommen übers Dach! «
Julia vergisst, die Flasche zu schließen, sie fällt um. Wasser ergießt sich über den Cottoboden.
» Ihr müsst raus. « Rinaldo zeigt zum Fahrstuhl.
» Und du? « Tonio greift nach seinen Schuhen.
» Ich vernichte alles. « Da die beiden nicht gleich reagieren, schreit der Weißhaarige: » Raus! Raus! Raus! «
Tonio kriegt die Schnürsenkel nicht auf.
» Vergiss die Schuhe! « Rinaldo holt seinen Hauptspeicher auf den Screen und beginnt zu löschen.
» Wo sollen wir hin? Zur Polizei? « Julia rennt zum Aufzug.
» Polizei, Carabinieri, egal. Sagt ihnen alles, was ihr wisst! «
Es geht nicht schnell genug. Die riesige Datenmenge lässt sich nicht auf Knopfdruck eliminieren. Rinaldo rennt zu dem Eisenkäfig, wo die Rechner in schwarzen Blöcken übereinandergestapelt stehen. Ein gigantisches Gehirn. Alles, was er über Jahrzehnte zusammengetragen hat. Die Arbeit eines ganzen Lebens. Er schließt den Käfig auf.
Von draußen hört man ein schnelles Klappern.
» Sie sind schon auf der Treppe! «
Die beiden öffnen die Fahrstuhltür.
» Der Aufzug ist zu langsam! Das schafft ihr nicht mehr! «
» Wohin dann? «
» Der Kamin! « Rinaldo zeigt auf die stählerne Luke in der Ziegelwand. » Dahinter läuft der Schornstein durch. «
Tonio bedient den Riegel, die Scharniere quietschen. » Da passen wir unmöglich rein. «
» Hast du eine Ahnung « , zischt Julia. » Das Loch ist größer als die Öffnung, durch die ich aus dem Palazzo entkommen bin. «
Aus der Zeit, als in diesen Räumen noch eine Schmiede war, hängt eine Axt für den Brandschutz an der Wand. Rinaldo reißt sie aus der Verankerung.
» Wer als Erster? « , fragt Julia.
» Ich. « Tonio steckt die Beine ins Loch. » Dann fällst du weicher. «
Von oben nähern sich Schritte. Rinaldo hebt die Axt. Wenn man ihm in den Schädel hacken, wenn man sein Gehirn zertrümmern würde, er könnte nichts Schlimmeres empfinden als in diesem Augenblick. Er zerstört sein Lebenswerk. In den schwarzen Blöcken ist das Wissen einer ganzen Welt gespeichert. Wissen aus tausenden Jahren, Zusammenhänge unseres Planeten, die nur wenige abrufen können. Rinaldo reißt die Axt hoch und schlägt zu.
Als ob die Explosion und sein Hieb untrennbar wären. Der Blitz im Raum, der Blitz hat die Tür zerstört, den Eingang aus drei Schichten Stahl. Rinaldos lächerlicher Schlag dagegen zerstört wenig. Die Rechner sind gut geschützt. Seine Axt wirkt harmlos, verglichen mit den Waffen der eindringenden Männer. Schwarz treten sie auf, schwarze Stiefel, viele Taschen. Sie heben ihre Waffen. Sie schießen auf den Weißhaarigen. Nicht weil er gefährlich wäre, sie schießen, weil er ein Beil erhoben hält. Ihre Kugeln treffen ihn nicht in die Brust. Ein heller Schmerz durchfährt seine Schulter und
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