Diesen Cowboy muss ich küssen
Einfahrt ein, hielt an und stieg aus seinem Pick-up, ehe er es sich womöglich noch anders überlegen würde. Callie riss die Tür auf, bevor er überhaupt die Hand an der Klingel hatte. In Jeans-Shorts und T-Shirt, das rote Haar auf und ab wippend, sah sie wie ein ganz normales Kind aus und nicht wie eine kleine Primadonna.
Will betrat die Eingangshalle und stieß einen lautlosen Pfiff aus. Er betrachtete die geschwungene Treppe mit dem kunstvoll geschnitzten Eichengeländer und den gefliesten Boden, der vor Sauberkeit blitzte, und schüttelte den Kopf. Eine völlig andere Welt, dachte er.
“Das ist ein großes Haus, Callie. Wie viele Leute wohnen hier?”
Kichernd berührte sie mit dem Daumen ihr Kinn und wackelte mit den Fingern.
“Bloß deine Mom und du?”
Callie nickte lächelnd.
Er packte sie um die Taille, hob sie hoch und wirbelte sie durch die Luft. “He, Kleine, ist das Essen fertig? Ich bin so hungrig wie der alte Pete.” Da hörte er Schritte, und auf einmal waren alle seine Sinne angespannt.
Dana kam durch die riesige Halle auf ihn zu, und er ließ Callie langsam wieder herunter.
Der Pferdeschwanz war fort. Stattdessen fiel Dana das lange Haar, dessen warmer, dunkler Rotton ihn an Mahagoni und Kastanien erinnerte, lose um die Schultern. Der weiße, ärmellose Stehkragenpullover betonte ihre vollen Brüste. Dazu trug sie eine weite Hose, die ihre schlanken Beine umspielte.
Sie legte Callie eine Hand auf die Schulter und fragte ihn: “Haben Sie das Haus gut gefunden?”
Er räusperte sich. “War kein Problem.”
Sie drehte sich um und warf ihr Haar zurück. “Kommen Sie.”
Dana führte ihn ins Wohnzimmer und erklärte, dass er es sich gemütlich machen sollte. Nachdem sie wieder hinausgegangen war, ließ Callie sich auf ein weißes Ledersofa fallen und bedeutete Will, sich zu ihr zu setzen.
Will schaute sich um. Nirgendwo lagen verknitterte Zeitungen oder schmutzige Socken auf dem dicken Teppich, auf dem polierten Couchtisch gab es keine Feuchtigkeitsringe, und erst recht standen keine alten Stiefel neben dem riesigen gemauerten Kamin. In einer Ecke jedoch lag etwas Spielzeug herum, ein Zeichen, dass Dana es lediglich ihrer Tochter gestattete, ihre Ordnung zu stören.
Der Duft von Knoblauch zog aus der Küche herein, woraufhin Will sich auf den Bauch klopfte und Callie lächelnd antippte. “Da drinnen ist ein Bär.”
Callie legte ihm die Hand auf den Bauch. “Ein großer Bär!”
Wills Lächeln schwand, als er plötzlich ihre Stimme hörte. Er verstand die Worte ohne Schwierigkeiten. Einem ungeübten Ohr wäre Callies Stimme merkwürdig erschienen, doch ihm war der Klang so vertraut, als sei er in die Vergangenheit versetzt worden oder wieder nach Hause zurückgekehrt. Seine Verblüffung war ihm wohl anzusehen, denn Callie senkte den Kopf, als sei sie beschämt über das, was sie getan hatte.
Er hob ihr Kinn, damit sie ihn ansah. “Weiß deine Mom, dass du sprechen kannst?”
Callie schüttelte den Kopf. “Sag es ihr nicht”, bat sie durch Zeichen.
“Dann sag du es ihr”, antwortete er stirnrunzelnd und mit energischen Gebärden. “Heute Abend.”
“Nein.” Diesmal sprach sie es aus, und mit Nachdruck.
“Warum nicht?”
Der Ausdruck von tiefem Schmerz, der jetzt in Callies Augen trat, schnitt ihm ins Herz.
Weil es komisch klingt. Sie brauchte es nicht auszusprechen, er wusste genau, was in ihr vorging. Die Erinnerungen waren ihm noch frisch im Gedächtnis. Er schwieg.
Im nächsten Moment kam Dana mit einer Platte Käsecracker herein. Sie schien etwas zu spüren, denn beunruhigt sah sie von einem zum andern. Nachdem sie die Platte auf den Tisch gestellt hatte, fragte sie: “Was ist denn los mit euch beiden?”
Callie warf ihm einen flehenden Blick zu.
“Callie ist müde”, sagte er.
Dana schaute ihre Tochter an. “Dann gehst du heute bald ins Bett.”
Callie nickte und kauerte sich auf dem Sofa zusammen, als erwarte sie ein Donnerwetter. Will nahm ihre Hand in seine. Es war nicht seine Aufgabe, es wäre sogar sehr unaufmerksam, Dana Callies Geheimnis zu erzählen. Aber er wollte einen Weg finden, das Mädchen davon zu überzeugen, dass sie es von sich aus tat.
3. KAPITEL
Dana hatte alles nur Callies Lieblingsgerichte gekocht - Hühnchen mit Parmesankruste, dazu Vermicelli und zum Nachtisch Schokoladenpudding. Dennoch stocherte Callie lustlos mit der Gabel in ihren Nudeln herum und hatte den Blick gesenkt.
Will dagegen aß mit großem Appetit, obgleich
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