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Dieser graue Geist

Dieser graue Geist

Titel: Dieser graue Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Jarman
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und festgestellt hatte, faszinierte ihn diese Beobachtung.
    Am Kopf der Tafel klatschte ein in himmelblaue Roben gewandeter Yrythny in die Hände. Dann hob er die Arme und stimmte einen Gesang an, in den die anderen seines Volkes einfielen, während sie einander an den Händen fassten. Nachdem die Töne verklungen waren, nahmen Gäste und Gastgeber Platz.
    Kellner mit Schals auf den Köpfen brachten Tabletts voller kalter, grüner und gelber Gemüsearten herbei, die in sahnigen Soßen lagen. Es gab flache, breite Nudeln und Töpfe voller Schellfischbrühe. Commander Vaughn schickte die Kellner zu Julian, der jedes Gericht auf seine Verträglichkeit scannte. Nach einer kurzen Analyse versicherte er Vaughn, dass kein Grund zur Sorge bestand. Prompt lud dieser sich eine großzügig bemessene Portion Nudeln auf den Teller, zwischen denen das Fleisch eines quallenartigen Wesens hindurchschimmerte. Die anderen folgten seinem Beispiel.
    Ezri griff gerade nach einem Teller Meeresfrüchte, als sich Julian laut räusperte.
    Sie seufzte. »Was ist jetzt schon wieder?«
    »Jucken deine Trill-Flecken zufällig?«
    Ezri verdrehte die Augen. »Ich mache das nicht zum ersten Mal, Julian. Du musst mich nicht bemuttern.«
    Er runzelte die Stirn. »Ist es dir je in den Sinn gekommen, dass ich mich einfach um das Wohlergehen des Ersten Offiziers sorge?«
    Sie beugte sich zu ihm, hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und flüsterte: »Ein Vorschlag: Nachdem ich gegessen und geduscht habe, gehen wir ins Bett, und du kannst all meine Flecken genauestens untersuchen. Bis dahin entspann dich einfach.«
    Lachend schüttelte er den Kopf. Sie hatte nicht unrecht: Wenn es um sie ging, neigte er zu übertriebener Vorsicht. Andererseits hegte er keinerlei Absicht, ihre Autorität zu untergraben oder sie bloßzustellen. Vielleicht konnte er ja tatsächlich lockerer sein. Er erwiderte den Kuss und freute sich schon auf die gemeinsame Nacht. Fleck Nummer 514 mochte er besonders.
    Ezri ahmte die Yrythny nach, indem sie ihre Hände und Finger als Besteck benutzte und sie in den Wasserbehältern wusch, bevor sie von einem Gericht zum nächsten wechselte. Die effizienten Kellner wechselten die Behältnisse immer wieder aus, und die Menge an zumeist dem Meer entnommenen Speisen schien kein Ende zu kennen. Wann immer Ezri einen Teller leerte, tauchte umgehend Ersatz auf. Julian hatte sich schon vor drei Gängen aus dem Staub gemacht, um mit Vaughn zu sprechen. Endlich, Ezri hatte gerade eine Portion saftiger Früchte und in Sirup getränkter Backwaren vernichtet, blieb der Nachschub aus. Wie erschlagen lehnte sie sich zurück und rieb sich den Bauch. Ich bin für den Rest dieses Tages satt , dachte sie. Eigentlich ganz praktisch. Es wird dauern, bis die Replikatoren auf der Defiant wieder funktionieren.
    Unmittelbar rechts von ihr beendete der Yrythny, den sie als Jeshoh kannte, ebenfalls sein Mahl.
    »Ich möchte Ihr Volk gern besser kennenlernen, wenn Sie gestatten«, begann sie und hoffte, er fand ihre Neugier nicht abstoßend. »Vizerat Jeshoh, richtig?«
    Er ließ seine Finger ins Wasser gleiten und spülte sich die Speisereste ab. »Ja. Wie ich hörte, haben wir ähnliche Rollen.«
    »Ja?«
    »Wie Sie bin ich …« Dünne Lider fielen über seine dunklen Augen und hoben sich sofort wieder. »… Rangzweiter. Ein Gespräch dürfte uns beide weiterbilden.«
    Die Kellner räumten die Tische ab, wischten Krümel weg. Jeshoh wandte sich ab, um den Arbeitern mehr Raum zu geben.
    Ezri tat es ihm gleich. »Ich hörte Abgeordnete Keren den Begriff ‚Wanderer‘ verwenden. Sie sprach von ‚ihren Leuten‘. Worauf spielte sie da an?« Die Diensteifrigkeit, die sie umgab, weckte ihr Interesse. Obwohl Ezri die kulturellen Wertevorstellungen anderer Welten respektierte, fühlte sie sich unwohl, wenn sie von Dienern umgeben war, die ihr nicht in die Augen zu sehen wagten und keinen Dank von ihr annahmen.
    »Sie achten auf Details«, lobte Jeshoh amüsiert. »Wir sind zwei Völker. Ich bin hausstämmig, kehrte also nach meiner Zeit als Schlüpfling zum Laichplatz meiner Eltern zurück. Ich wuchs im Haus Perian auf, dem ersten Haus der Yrythny. Es liegt an der Küste des nördlichsten Kontinents, jenseits des Schwarzen Archipels. Die Wanderer hingegen haben keine Heimat. Wie die Hausstämmigen werden sie als Schlüpflinge ins Meer gespült, doch wenn die Zeit kommt, aufs Land zu wechseln, zieht es sie nicht zum Ort ihrer Herkunft. Ihnen fehlt der Instinkt, die

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