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Dieser graue Geist

Dieser graue Geist

Titel: Dieser graue Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Jarman
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Stimme des Wassers zu hören, denn die Wanderer sind schwach. Es kostet sie erwiesenermaßen mehr Anstrengung, den Wissensstand zu erreichen, den wir Hausstämmigen uns ohne Mühe anzueignen verstehen.«
    Ezri enthielt sich eines Kommentars. Stattdessen fragte sie: »Doch wohin gelangen die Wandererjungen, wenn nicht zu ihren Häusern?«
    »Sie werden bei fremden Häusern angespült, wo man sie aufnimmt und sie zu Bediensteten heranwachsen.«
    »Und Abgeordnete Keren?«, hakte Ezri nach und hatte dabei das Bild der zierlichen und doch robusten Yrythny vor dem geistigen Auge, die die Säule erklommen und den Mob beruhigt hatte. »Ist sie …?«
    »Abgeordnete Keren ist eine der Wanderer. Gewählt, um deren Interessen in der Unteren Versammlung zu vertreten. Außerdem ist sie ein Problem«, fügte er leiser hinzu. »Im Verlauf der letzten zwei Jahrhunderte erhielten die Wanderer immer mehr Rechte und Privilegien, auch wenn Keren zweifellos versuchen würde, Sie vom Gegenteil zu überzeugen.«
    »Ich hätte nichts dagegen, beide Seiten zu hören«, sagte Ezri aufrichtig.
    Jeshoh lächelte und hob die Schultern. »Nichts anderes vermutete ich. Sie wirken sehr wissbegierig. Mein Volk schätzt diese Eigenschaft. Doch ich sollte Sie warnen: Keren wird die Lage überdramatisieren. Dank Verbesserungen im Ausbildungswesen sind nun auch Wanderer in höheren Positionen der Wissenschaften und Künste vertreten. Sie waren hauptverantwortlich für den Bau Luthias, das ursprünglich als Abwechslung zum Leben auf dem Planeten gedacht war, nun aber die Hälfte unseres Volkes beherbergt. Die Wanderer leben auch hier für sich, hauptsächlich im ältesten Teil des Rings, dem sogenannten Alten Viertel.«
    »Also handelte es sich bei dem Mob von vorhin um unzufriedene Wanderer.« Unzufrieden ist noch milde ausgedrückt. Wohl eher erzürnt. Vielleicht sogar rachsüchtig.
    »Die Wanderer glauben, die Hausstämmigen nutzen den Krieg mit den Cheka, um sie ihrer Rechte zu berauben – beziehungsweise diese Rechte nicht weiter auszubauen. Jedenfalls irren sie sich.« Während er sprach, war eine Dienerin neben ihm in die Knie gegangen, hatte sich Öl aus einem kleinen Krug auf die Hände geschüttet und damit begonnen, Jeshoh zu massieren. Er schien sie gar nicht wahrzunehmen.
    Ezri überlegte, wie sie ihre nächste Frage am besten formulierte. »Das klingt, als stünden den Wanderern diverse Möglichkeiten offen. Was wollen sie denn noch?«
    Jeshoh schwieg und ließ seine Glieder von der Untergebenen bearbeiten – den Arm, ein Bein, dann das zweite. Dachte er über ihre Frage nach, oder hatte sie unabsichtlich eine Grenze überschritten?
    Schließlich schnalzte er mit der Zunge, woraufhin die Dienerin sich entfernte. Dann beugte er sich zu Ezri vor. »Sie wollen Waffen«, antwortete er leise. »Und in unserem Militär dienen. Sie glauben, die Hausstämmigen könnten sie nicht verteidigen.« Er schüttelte den Kopf. »Außerdem wollen sie sich den Hausstämmigen im Wasser anschließen und Nachkommen zeugen. Sie verstehen einfach nicht, dass ihre makelbehaftete Art unsere Spezies nur schwächt.«
    »Das klingt, als kämen Sie und die Wanderer trotz allen Fortschritts in Gleichberechtigungsdingen nicht gut miteinander aus.« Der Beweis dafür ist gleich hier , dachte Ezri. Die Gruppen im Zentrum und am Rand dieses Raumes bleiben unter sich.
    »Die Barrikaden der Cheka verschlimmern die Situation. Seit wir Kontakte zu anderen Völkern pflegen, hat sich unsere ganze Gesellschaft auf den interstellaren Handel konzentriert. Lieferengpässe und wirtschaftliche Rückschläge sorgen entsprechend für Angst und Wut.« Jeshoh hielt inne und sah sich nach unliebsamen Zuhörern um, bevor er flüsternd fortfuhr. »Gerüchte einer Untergrundbewegung der Wanderer machen bereits im Versammlungssaal des Komitees die Runde, nicht nur bei tratschenden Markthändlern.«
    Und damit wären wir beim wahren Grund unseres Beinahe-Todes von vorhin. »Das ist ein ernstes Problem.«
    »Für das wir noch nach einer Lösung suchen. Keine Seite traut der anderen.« Abermals sah er sich um. »Zweihundert Jahre lang gab es keinen Krieg mehr auf Vanìmel, und doch …«
    Ezri verstand die Anspielung. Die Yrythny lebten seit Jahrhunderten in Frieden, aber nicht mehr lange, wie der Vizerat fürchtete. Wo sind wir hier nur reingeraten? Sie fragte sich, was Vaughn und die anderen wohl erfahren hatten.
    Plötzlich kam ihr Curzon in den Sinn, dessen geschicktes Vorgehen einst

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