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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Beerdigung gewesen.«
    »Dann bist du immer hier draußen?«
    »Fast immer. Manchmal muß ich ’türlich anderswo hin, aber dann muß jemand mich mitnehmen.«
    »Mr. Jeff? Miss Suzi?«
    »Wenn sie nicht zu viel zu tun haben. Wenn doch, tja, dann eben jemand anders – ich reise nämlich wirklich gern, Mr. Cal.«
    Das war neu. Cal hatte angenommen, Horsy beschränke seinen Aufenthalt auf die Brown Thrasher Barony nicht nur, weil seine Pflichten es diktierten, sondern auch, weil er sich unter den neugierigen Augen fremder Leute unbehaglich fühlte. (Freilich hatte er Horsy einmal am Highway 27 auf einem Baum sitzen sehen, aber das war eine Halluzination gewesen, und er würde bestimmt nicht davon anfangen.) Aber eigentlich wußte Cal nur ein paar ganz grundsätzliche Dinge über Horsy; und das meiste davon hatte er von den Bonners oder aus eigenen, zufälligen Beobachtungen.
    Horsy hatte eine Wohnung im Stallgebäude – nicht in der Sattelkammer, sondern in einem der Heuspeicher über den Boxen der Vollblüter. Ein Bett, ein Armeespind, ein Schränkchen, eine Leselampe und sonst nicht viel. Aber es gefiel ihm, daß er dort ungestört war, und Suzi sagte, sie habe ihn oft im Stall umhertollen sehen, wie er sich von Balken zu Balken schwang, über die Absperrungen kletterte, ja, oben auf den Boxen wie ein Drahtseilartist balancierte. Kurz, er bewohnte das Gebäude ganz so, wie der bucklige Quasimodo die Kathedrale von Notre Dame bewohnt hatte. Sein Zwergwuchs hatte ihn verkrüppelt und unregelmäßige, blitzartig auftretende Schmerzen in Beinen, Hüften und Brustkorb verursacht, aber er hatte im Oberkörper die Kraft eines Affen (was nicht als rassistische Geringschätzung zu verstehen ist – es war eine überraschende, kompensatorische Tatsache, die seinem einzigartigen Körperbau innewohnte), und er weigerte sich, sich in seinen Aktivitäten durch den Schmerz, und sei er noch so stark, einschränken zu lassen.
    Was seine Herkunft anging, so stammte er aus der Gegend. Elizabeth Stout, selbst keine Zwergin, hatte Kenny ohne die Hilfe des Vaters, der irgendein beliebiger von vier oder fünf Männern sein konnte, aufgezogen. Und Kenny überlebte dank seiner Mama und des fanatischen Beschützerstrebens eines älteren Bruders, Eldred, der Drangsalierer und Spötter bei der ersten hämischen oder beleidigenden Silbe bekämpfte.
    Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Eldred einen Teil seines schwerverdienten Geldes springen lassen, um Kenny ein struppiges Pony mit schiefem Rücken zu kaufen, das die Stouts im Garten an einen Chinabeerbaum gebunden hatten. Kenny hatte es mit Heu gefüttert und an das Zaumzeug gewöhnt.
    Heute hatte Horsy anscheinend keine lebenden Angehörigen mehr in den Staaten. 1965 hatte sein Bruder Eldred in Alabama bei einer von Dr. Martin Luther King organisierten Direktwähler-Kampagne einen Milzriß erlitten. Ein Jahr später war er in einem Krankenhaus in Atlanta an Komplikationen gestorben. Was Horsys andere Geschwister – und seine siebzigjährige Mama – anging, so hatten sie ihre Namen ungenötigt bei einer Bundessammlung für das ›Zurück zu den Wurzeln‹-Programm abgegeben, das die Nixon-Regierung nach der Niederlage der Nordvietnamesen begonnen hatte. Drei Jahre zuvor (etwa um die Zeit, als Jeff für Denzil Wiedenhoedt die Verwaltung des Gestüts übernommen hatte) waren ihre Nummern gezogen worden, und sie waren alle zusammen auf einem Ozeandampfer in Richtung Nigeria davongeschippert. Hatten es bis obenhin satt, gegen den Blödsinn von King Richard und seinen Anhängern anzukämpfen, hatten sie erklärt. Horsy war zu Hause geblieben, weil ihm sein Job gefiel und weil er keinen nennenswerten politischen Groll gegen irgend jemanden hegte. Und weil er auch seine Zweifel hatte, daß es in Nigeria viele Pferde gab.
    »Wohin reist du denn gern?« fragte Cal. »Von Pine Mountain mal abgesehen.«
    »Och, überall hin.«
    »In Georgia, meinst du sicher. Die Reisegesetze machen es Leuten wie uns ja schwer, irgendwo anders hinzufahren.«
    Horsy trank sein Budweiser aus und zerdrückte die Aluminiumdose in der Faust. »Mr. Cal, ich fahre überall hin, wo es mir gefällt.«
    Na klar, dachte Cal. Wo es dir gefällt. Und wenn es die obersten Zweige einer Kiefer am Highway 27 sind. »Na, und wohin zum Beispiel?«
    »Nach Selma, Alabama, zum Beispiel. Nach Washington, D.C., zum Beispiel. Nach Santa Ana, Kalifornien, zum Beispiel. Nach dem ollen Von Braunville auf den Mond, zum Beispiel.«
    Cal lachte und

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