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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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schüttelte den Kopf. Horsy hatte mehr Humor, als er erwartet hatte.
    »Bin grad vor ungefähr einer Woche vom Mond zurückgekommen, Mr. Cal. War hübsch trocken da. Hübsch ruhig. Gefällt mir jedesmal.«
    »Es gefällt dir jedesmal?« Cal war verblüfft.
    »Ja, Sir. Obwohl ich letztesmal nicht alleine da war, sondern mit ’nem ganz neuen Pilotenengel vom Heiligen Geist. Ein neuer Pilotenengel, der mich bei einem meiner Anfälle mit rübernahm.«
    Ja, verflucht, dachte Cal. Was soll dieser Quatsch? Horsy ist kürzlich aus Von Braunville zurückgekommen, wo er mit einem ›Pilotenengel‹ war? Ist das plausibel, oder ist der schwarze Zwerg von Bruder Jeffs Landgut jetzt durchgeknallt?
    Aber Cal verspürte auch ein makabres Gefühl von déjà vu – was ein Psychotherapeut vielleicht Paramnesie nennen würde, die Erinnerung an ein Ereignis, das jetzt erst stattfindet.
    »Anfälle, Horsy? Was meinst du mit ›Anfälle‹?«
    »Das passiert mir seit meiner Kindheit, Mr. Cal. Mein Pony. – ich nannte es Phineas, nach ’nem Onkel von mir –, na, Phineas ist mal durchgegangen, als ich auf seinem Rücken saß, und er ist mit mir unter ’ner Wäscheleine im Garten von so ’ner weißen Lady durchgaloppiert, daß ich auf ’n Arsch fiel und mir den Kopf anschlug. Und seitdem krieg ich Anfälle, die mich für ’ne Stunde oder so außer Gefecht setzen. Und wenn ich weg bin, außer Betrieb gewissermaßen, dann reise ich.«
    »Du reist?«
    »Ja, Sir. Aber nur, wenn ein Pilot – ein Engel, verstehen Sie? – vorbeikommt und mit mir fliegt, wohin wir eben fliegen. Letzte Woche, na, da war’s die Basis in Censorinus. Hat Spaß gemacht.«
    »Hübsch ruhig. Hübsch trocken«, wiederholte Cal verdattert.
    »Ja, Sir. Entspannend irgendwie. Auch wenn dieser neue Pilot, der mich mitnahm, mich ein bißchen durchgeschüttelt hat.«
    Anfälle. Cal entsann sich, daß Suzi von Horsys diesbezüglichen Problemen erzählt hatte. Gelegentlich, so schien es, hatte er einen Blackout und lag dreißig bis neunzig Minuten im Koma, und wenn er dann wieder aufwachte, war er nicht groggy und zerschlagen, sondern wach und (allem Anschein nach) erfrischt. Er weigerte sich, deswegen zum Arzt zu gehen, und sagte – ja, beharrte darauf –, daß er als Junge schon dort gewesen sei: Elizabeth sei mit ihm hingegangen, und später auch Eldred, und die Ärzte hätten ihnen nichts weiter sagen können, als daß er eine seltsame, aber nicht lebensbedrohliche Verletzung der rechten Hirnhälfte erlitten habe.
    Nicht lebensbedrohlich, sagte Suzi, sofern Horsy seinen Blackout bekam, wenn er im Bett lag oder im Sessel saß, aber möglicherweise tödlich, wenn es ihn bei seiner Akrobatik im Gebälk erwischte. Merkwürdigerweise aber ereigneten sich die Blackouts immer nur, wenn er sich an einem relativ sicheren Ort befand, im Bett oder bei Tisch, und er hatte sie schon so lange überlebt, ohne zu Schaden zu kommen, daß sogar Jeff, der Sorgenwart des Bonner-Klans, eingestanden hatte, es sei wohl nicht wahrscheinlich, daß er sich oder sonst jemanden umbringen werde, wenn ihn einer seiner Anfälle überkäme. Dennoch hockte in ihren Hinterköpfen stets die Vermutung, daß Horsy an einem unverhofften Nebeneffekt dieser Anfälle eines Tages sterben werde, wenn er nicht den physischen Komplikationen seiner Zwergwüchsigkeit erläge, und alle mußten sich wie verrückt bemühen, so zu tun, als sei Horsy Stout – was er selbst behauptete – ›gesund wie ein Pferd‹ und ›stark wie ein Hengst‹.
    »Wenn Sie also jemand fragt«, sagte der Zwerg eben, »dann gehen Sie mit.«
    »Mich wonach fragt? Und wohin soll ich gehen?«
    »Na, zum Mond natürlich. Wenn jemand Sie fragt, ob Sie hinwollen, müssen Sie ja sagen. Irre lehrreich.«
    »Ich glaube, ich sollte lieber zu Lia zurückgehen, Horsy.« Cal stand auf, raffte seine nassen Sachen zusammen, hängte sie auf Kleiderbügel und – auf Horsys Vorschlag hin – zum Trocknen in die Duschkabine. Er hob das aufgequollene Exemplar von ›The Broken Bubble of Thisbe Holt‹ auf und warf es widerstrebend in einen Mülleimer.
    Dann verließen er und der Zwerg die Sattelkammer und gingen Seite an Seite – Cal schlendernd, Horsy halb trabend – auf das riesige Doppeltor zu, hinter dem die östlichen Weiden zu sehen waren.
     
    Bevor sie das Tor erreichten, erschienen Grace Rinehart, Hiram Berthelot und Denzil Wiedenhoedt in der sonnenhellen Öffnung und kamen in die Scheune; sie blinzelten, um sich an das buttergelbe

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