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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Bettdecke.
    »Tabak«, stellte Miss Emily fest. »Überall.«
    »Ich kümmere mich drum. Keine Sorge.« Cal nahm ihre Decke, klopfte sie über der Badewanne aus, spülte Wasser durch die Wanne, legte die Decke wieder aufs Bett und wischte den Boden mit einem nassen Handtuch.
    »Komisch, dieser Geruch. Ein Geruch wie in einem Heuschober.«
    »Ja, Ma’am.«
    Lia kehrte mit Phoebe Flack zurück. Cal und seine Frau wechselten Blicke, und jeder versuchte herauszufinden, was dem anderen widerfahren war. Auf der Heimfahrt von Warm Springs würden sie mehr – sehr viel mehr – Gesprächsstoff haben.

 
    8 Hinter der Theke des ›Save Our Way‹-Supermarktes saß Le Boi Loan und gab einer Abendschülerin der nahegelegenen Berufsschule ihr Wechselgeld heraus; das zombieäugige Mädchen ließ sich da wahrscheinlich zur Kosmetikerin ausbilden. Sie hatte eine Bienenkorbfrisur, die für Sandra Dee wahrscheinlich einen Kampf mit einem Schwarm Killerbienen wert gewesen wäre, Lippen so rot wie eine schmatzende Brustwunde und genug lila Schmiere um die Augen, um ein Mandrill-Männchen zur Raserei zu bringen. Lone Boy hatte Mitleid mit ihr. Trotz ihrem Fünfziger-Jahre-Outfit und dem schrillen Make-up schien die Kleine durchaus nett zu sein. Sie kaufte einen Karton Milch und ein bißchen Aufschnitt, und als er ihr das Kleingeld gab, lächelte sie, sagte »Danke« und versank auf dem Weg zur Tür wieder in erschöpfungsgeplagter Zombieschaft.
    Auf der Jagd nach dem American Dream, entschied Lone Boy. Arbeitet sich den ganzen Tag den Arsch ab, als Kellnerin oder als Bratköchin, und abends dann zur Schule, um ›weiterzukommen‹. Am Ende wird sie sich gute Kleider kaufen können, einen ordentlichen Wagen und ein Einfamilienhaus. Irgendwann, wenn die Beschränkungen mal aufgehoben werden, kann sie vielleicht auch reisen … Verflucht, sie hat viel Ähnlichkeit mit mir.
    Lone Boy, der seit sechs Uhr – eine Stunde nach seinem Feierabend bei ›Gangway Books‹ – hier im Laden saß, sah auf die Uhr. Noch zwanzig Minuten, bevor seine Schicht zu Ende war und Norman Fraley, der von Mitternacht bis zum Morgen Dienst hatte, zu seiner Ablösung eintraf. Jede Sehne tat ihm weh. Ein lästiger Tic ließ sein rechtes Lid flattern. Wenn ich nur ein bißchen von der blauen Schmiere von der kleinen Berufsschülerin hätte, dachte er, dann könnte ich das Gezucke stoppen … könnte das verdammte Augenlid festgipsen.
    Jetzt hatte er wenigstens noch einen ruhigen Augenblick, bevor Tuyet mit dem gebrauchten Datsun vorgefahren käme. Tuyet brachte immer Triny und Tracy mit, so daß sie alle zusammen essen gehen konnten, wo immer noch ein Lokal geöffnet war – im Burger King oder in einem Pfannkuchenhaus meistens. Manchmal war das die einzige Mahlzeit, die sie zusammen einnehmen konnten, und wenn die Mädchen erst zur Schule gingen, würde auch diese ›Tradition‹ ein Ende haben. Tuyet war Barhostess und brauchte erst am frühen Nachmittag zur Arbeit zu gehen. So konnten Triny und Tracy morgens lange schlafen. Das erste Schuljahr jedoch würde eine frühere Schlafenszeit diktieren.
    Lone Boy lehnte sich auf seinem Schemel zurück und blätterte in einem Daredevil- Heft. ›Gangway Books‹ führte keine Comics, aber ›Save-Our-Way‹ hatte alle wichtigen Marken – Marvel, DC, Stupendo. Man konnte über die monatlichen Abenteuer beinahe jedes Superhelden auf dem laufenden bleiben, indem man einfach den Säulenständer mit den Comics drehte, in den flattrigen bunten Heftchen stöberte und seine Lieblingstitel herauszerrte. Frank Millers Wiederbelebung von Daredevil – einem Comic, der den Heldentaten des rotgekleideten Alter Ego des blinden Rechtsanwalts Matt Murdock im Kampf gegen das Verbrechen gewidmet war – erfüllte Loan mit solchem Entzücken, daß er sie jetzt seit über einem Jahr kaufte und sammelte.
    Heute hatte er sich bis zu den Ohren ins Mai-Heft vertieft, in die schmerzliche Geschichte von Murdocks obsessiver Trauer um seine Ex-Freundin Elektra. In der April-Nummer hatte Elektra, eine zeitgeistgemäße Anti-Heroine in knappem scharlachroten Kostüm, von einem Schurken namens Bullseye einen Messerstich ins Herz verpaßt bekommen, und jetzt versucht Matt alias Daredevil sich einzureden, daß Elektra – irgendwie, Gott weiß wie – diese brutale Shishkebap-Behandlung überlebt hat und heimlich in einen entlegenen Winkel der Erde geflüchtet ist, um sich dort zu verstecken, bis Daredevil sie findet und bestraft, weil sie ihn

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