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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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unnötig hat trauern lassen.
    Viele der hohen, schmalen Bilderleisten des Comics zeigen die Figuren als mysteriöse Silhouetten, und viele der farbigen lautmalerischen Ausdrücke – KLUDD, KRESSH, CHOK, CLUGGG, und KRAK – verstärken noch die Erregung in den Kampfszenen zwischen Daredevil und den erbärmlichen Schergen seines Erzfeindes Kingpin.
    Lone Boy blättert die graupapiernen Seiten des Comic um, und die Handlung saugt ihn auf. Er nimmt teil an Murdocks schmerzlicher Suche, und die ganze Welt, die den ›Save Our Way‹-Supermarkt umschließt, schwindet in absolute Irrealität und völlige Bedeutungslosigkeit.
    »Du bist verrückt, Matt«, sagte Lone Boy. »Sie ist tot, Junge. Du kannst nicht ihr Grab aufwühlen …«
    Aber natürlich ist dies genau das, was Matt vorhat und was er jetzt tut. KREEE macht Elektras Sargdeckel, als der Blinde ihn aufstemmt und sich in den Gestank des eisigen Grabes beugt, um die Hände auf ihr Gesicht zu legen. Foggy, Matts Freund, betritt den Friedhof, um Matt vor dem Grauen dessen zu erretten, was er nun erfahren wird: Daß Elektra in der Tat den ewigen Schlaf des Todes schläft.
    »Mein Gott!« rief Lone Boy aus. »Was für eine Wahnsinnsstory!«
    Er blätterte zurück zum Anfang des Comics und fing von vorn an, genauso vertieft wie beim erstenmal.
    Ein Schatten fiel über die Seite. Entsetzen packte Lone Boy; er blickte auf und rechnete damit, in eine Pistolenmündung zu schauen.
    »Ich bin’s nur – ich und die Mädchen«, sagte Tuyet.
    »Du hast mich erschreckt, Baby.«
    »Die Türglocke hat geläutet. Du hast es nicht gehört. Wieder ein Daredevil?«
    Loan schaute an seiner Frau vorbei zu den Zwillingen hinüber. Vier Jahre alt und so niedlich wie zwei Koalas, eingemummt, als stehe ein Schneesturm bevor. Sie standen unten vor der Theke und blickten erwartungsvoll zu ihm auf.
    Bevor er seinen Töchtern auch nur zuzwinkern konnte, reichte Tuyet ihm mit unverkennbar banger Miene einen Brief. Etwas stimmt nicht. Jetzt sah Lone Boy, daß sie den Umschlag an einer Seite aufgerissen hatte, um an den Inhalt zu gelangen, und sein Unbehagen wuchs.
    »Er ist vom Freiheitlichen Amerikulturations-Zentrum Südost.«
    Lone Boy entspannte sich ein wenig. »Ein Update über die Ehemaligen, möchte ich wetten. Ein Bericht über die erfolgreichen Fortschritte diverser Absolventen.«
    Tuyet schüttelte den Kopf. »Sie wollen, daß du dich im FAZ von Fort Benning zu einem Auffrischungskursus meldest. Du stehst seit ’76 auf eigenen Füßen. Es ist Zeit für deine zweijährliche Reindoktrination.«
    »Davon wurde ich im Frühjahr ’78 befreit«, protestierte Lone Boy. »Ich habe die verdammte Bescheinigung, und ich …«
    »Pssst, Loan! Die Kinder.«
    »… eine amtliche Bescheinigung, und ich bin umfassend amerikulturiert, von den Schuhspitzen bis zu meinem Entenschwanz.« Zitternd zog Lone Boy den Brief vom FAZ/SO aus dem Umschlag und studierte ihn. Tuyet hatte den Inhalt nicht fehlinterpretiert.
    Das ist Schikane, dachte Lone Boy. Ich bin so amerikanisch wie Hot Dogs, Baseball, Apple Pie und Chevrolets. Hastig warf er einen besorgten Blick auf den Datsun, den Tuyet vor dem ›Save-Our-Way‹ geparkt hatte. Aber selbst der Kauf ausländischer Produkte war amerikanisch. Die alte Klapperkiste konnten sie ihm doch sicher nicht vorenthalten; er bemühte sich ja schließlich immer noch, sich als unternehmerischer Kapitalist zu etablieren. Manche brauchen eben länger als andere. Ich habe in zwei präsidentialen Großwahlen für Nixon gestimmt, und ich arbeite wie ein Teufel schwarz, um meine Fähigkeiten zu beweisen. Was können die reizenden Leute beim FAZ/SO von dem mannhaften Le Boi Loan mehr erwarten?
    »Ich will einen Whopper«, piepste Triny.
    »Ich nicht«, konterte Tracy. »Ich will Pfannkuchen.«
    Tuyet berührte ihren Mann beim Handgelenk. »Aber heute abend ist noch etwas anderes passiert.«
    »Noch etwas anderes?« fragte Lone Boy mißtrauisch.
    »Grace Rinehart hat angerufen. Du sollst dich um Viertel nach zwölf mit ihr treffen, im ›Chattahoochee Valley Art, Film, and Photography Salon‹.«
    »Sie ist hier in der Stadt? Sie will mich treffen?«
    »Scheint so.«
    Lone Boy schob die Mai-Nummer des Daredevil – er hatte sie schon bezahlt – in eine Tüte, die schon eine Flasche Preiselbeersaft und einen Beutel Popcorn enthielt. Grace Rinehart, die oscarprämierte Filmschauspielerin, ausgezeichnet mit der Freiheitsmedaille für ihre Arbeit zur Amerikulturierung politischer

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