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Dieser Mann macht mich verrückt

Dieser Mann macht mich verrückt

Titel: Dieser Mann macht mich verrückt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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ganzen Tag hatte sie sich wie ein selbst gestrickter Pullover gefühlt, der stückweise aufgetrennt wurde. Sie hatte nicht geglaubt, irgendetwas könnte noch schlimmer sein als Deans Ankunft. Aber die Stunden mit Jack in der Küche, wo sie die Wände strichen, weckten so viele hässliche Emotionen, die ihre hart erkämpfte Gelassenheit bedrohten. Glücklicherweise interessierte sich Jack ebenso wenig für eine Konversation wie sie. Um jede Verständigung unmöglich zu machen, hatten sie das Radio in voller Lautstärke laufen lassen.
    Jeder in der Bar registrierte Aprils Ankunft. Während schlechte Musik dudelte, wie in einem dieser Aufzüge, wurde sie von zwei japanischen Geschäftsmännern taxiert. Tut mir leid, Jungs, mit flotten Dreiern gebe ich mich nicht mehr ab. Ein Kerl Ende vierzig zwinkerte ihr anzüglich zu. Nicht dein Glückstag heute.
    Würde sie nach all der harten Arbeit, nach der langwierigen seelischen Genesung erneut in Jack Patriots Bann geraten? Es war ihre Dummheit gewesen, ihr Wahnsinn, der Beginn ihres Ruins. Würde das noch einmal passieren? Nein, ganz sicher nicht. Heutzutage kontrolliere ich die Männer; ich lasse mich nicht mehr kontrollieren.
    »Wollen Sie wirklich keinen Doppelten?«, fragte der attraktive Barkeeper.
    »Nein, ich muss noch fahren.«
    Grinsend goss er einen weiteren Schuss ins Club Soda. »Wenn Sie noch irgendwas brauchen, geben Sie mir Bescheid.«
    »Danke, das werde ich tun.«
    In solchen Bars und Clubs hatte sie ihr Leben verloren. Manchmal musste sie in solche Etablissements zurückkehren, um sich daran zu erinnern, dass jenes bekiffte Partygirl, das eifrig bestrebt war, sich mit jedem begehrenswerten Mann zu erniedrigen, nicht mehr existierte. Trotzdem waren diese Exkursionen gefährlich. Das schummrige Licht, klirrende Eiswürfel, das verlockende Aroma von Alkohol. Zum Glück war das keine besonders aufregende Bar. Dank der erbärmlichen Instrumentalversion von »Start Me Up«, die an ihren Nerven zerrte, war sie auch nicht versucht, länger hierzubleiben. Wer immer so eine Scheiße aufnahm, müsste im Knast landen.
    In ihrer Tasche vibrierte das Handy. Sie checkte den Anrufer und meldete sich hastig. »Mark!«
    »O Gott, April, ich brauche dich so sehr ...«
    Kurz vor Mitternacht parkte sie vor ihrem Cottage. In alten Zeiten würde die Party jetzt erst anfangen. Aber jetzt wollte sie nur noch schlafen. Sie stieg aus dem Saab und hörte Musik, die hinter dem Haus hervorwehte. Eine einsame Gitarre, ein vertrauter heiserer Bariton.
    When you are alone at night,
Do you ever think about me, darling?
Like I think about you?
    Mittlerweile klang die Stimme etwas rauer, die Worte schienen sich mühsamer aus der Kehle zu ringen. Als würde er es nicht ertragen, sie loszulassen. Sie trug ihre Handtasche ins Cottage. Einige Sekunden lang stand sie reglos da. Die Augen geschlossen, lauschte sie und versuchte, sich in den Griff zu kriegen. Dann tat sie, was sie immer getan hatte, sie folgte der Musik.
    Er saß am dunklen Teich. Statt einen der Liegestühle mit den stählernen Armstützen zu benutzen, hatte er einen Küchenstuhl mit gerader Lehne herausgeschleppt. Nicht weit von seinen Füßen entfernt, im dichten Gras, brannte eine klobige Kerze auf einer Untertasse. Im flackernden Licht notierte er den Text seines neuen Songs auf einem Blatt Papier, das daneben lag.
    Baby, if you ever knew
The heartache that you‘ve put me through,
You‘d cry;
Cry like I do.
    Die Jahre glitten davon. So wie in ihrer Erinnerung neigte er sich über die Gitarre, streichelte, verführte und entflammte das Instrument. Der Kerzenschein tanzte über die Lesebrille, die auf dem Papier lag. Inzwischen hatte sich der wilde, langhaarige Rock and Roll-Rebell ihrer Jugend in einen älteren Gentleman verwandelt. Sie könnte - und sollte - ins Haus zurückgehen. Aber die Musik war so süß.
    Do you ever wish for rain
So you dont feel alone again?
Do you ever wish the sun away?
    Nun sah er sie. Aber er hörte nicht zu spielen auf. So wie früher liebkoste die Melodie ihre Haut, wie warmes, heilsames Öl.
    Während der letzte Akkord in der Finsternis verhallte, legte er seine Hand aufs Knie. »Was meinst du?«
    Das wilde Mädchen von damals wäre vor seinen Füßen ins Gras gesunken und hätte ihn angefleht, den Refrain noch einmal zu spielen. Vielleicht hätte sie erklärt, er müsse die Takte am Ende des ersten Verses ändern, und sie würde sich eine Hammond B3-Orgel im Chor vorstellen. Doch die

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