Dieser Weg wird kein leichter sein
mitzuspielen, machte ich mit und hatte so schnell FuÃballfreunde gefunden. Und so abgegriffen es auch klingen mag: FuÃball und Spiel sind eine Art von Kommunikation, bei der egal ist, ob man Deutsch oder Englisch oder Twi spricht. Die Unterschiede verschwinden, wenn der Ball in das Tor soll.
Und noch ein anderes Schlüsselerlebnis ist mir in Erinnerung. Wir machten eines Tages von der Schule aus einen Ausflug ins Theater. Dort trat eine afrikanische Tanzgruppe auf, die sogar aus Ghana kam. Als diese auf der Bühne lostanzte, haben mich meine Mitschüler aufgefordert mitzumachen. Wahrscheinlich wollten sie sich kaputtlachen, wollten, dass der schwarze Junge sich beim Tanzen blamiert. Naiv wie ich war, bin ich aber sofort nach vorne und habe mitgetanzt, wie ich es aus Ghana kannte. Unglaublich, aber wahr, das war auf der Schule mein Durchbruch! Denn anders als vermutlich von einigen erwartet, brachte mir die Aktion einen gehörigen Respekt ein. Plötzlich war ich akzeptiert, jeder kannte mich und ich war regelrecht beliebt. Es ging sogar so weit, dass ich eine eigene Tanzgruppe leitete, die regelmäÃig in der Schule Auftritte hatte. Mein Mut hatte mich also belohnt, ohne dass ich vorher darüber viel nachgedacht hatte. Eine Fähigkeit, die mir später als FuÃballprofi noch gute Dienste leisten sollte.
3 Meine erste Schulklasse in Hannover. Ich habe mich unter meinen deutschen Freunden schnell sehr wohlgefühlt!
Ein komischer Kauz war ich schon auch manchmal. Während meine Schulkameraden meist Wurst auf dem Pausenbrot hatten, liebte ich einen anderen Belag: zwischen zwei Hälften Toastbrot musste Ei sein! Mann, das war mein Lieblingsessen, der pure Luxus. Ei, in Ghana nur an Feiertagen auf dem Tisch, sollte jetzt jeden Tag Bestandteil meines Pausenbrots sein. Meistens habe ich es schon auf dem Schulweg weggehauen. Dieses Verhalten war noch ein Ãberbleibsel aus der Zeit in Ghana: Immer schnell etwas essen, wenn es da ist; schlieÃlich könnte es ja in der nächsten Zeit nichts mehr geben. Mein Pech war nur, dass ich dann oft in der Schule selbst nur noch wenig zwischen die Zähne bekam â und das bei meinem Hunger! Gott sei Dank sprangen beizeiten meine FuÃballkumpels ein und teilten mit mir ihr Graubrot mit Leberwurst. Diese Art Pausenbrot konnte ich anfangs gar nicht leiden, doch das änderte sich rasch. Heute bin ich ein regelrechter Leberwurst-Fan.
Ãberhaupt war das mit dem Essen so eine Sache in der ersten Zeit in Deutschland. Die erste Pizza fand ich grauenhaft. Wie kann man so etwas bloà essen, habe ich gedacht. Kein Reis, kein Fleisch und dann so ein wabbelig-zäher Boden. Vielleicht war es aber auch die Kinderfrau, die mir Pizza indirekt madig gemacht hatte. Wie? Weil mein kleiner Bruder quasi mit Pizza aufgewachsen war und sie liebte, endete unser erster gemeinsamer Ausflug in einer Pizzeria. Dort geschah es: Ich sah unsere Kinderfrau rauchen â was eigentlich nicht so schlimm war, da das auch in Ghana jede Menge Leute, auch Jugendliche, tun. Aber sie drehte die Qualmstängel selbst. Und wer so etwas in Ghana tut, das wusste ich allzu gut, der macht auch sonst verbotene Sachen, zumindest musste etwas Verbotenes Inhalt der Zigarette sein. Sie wissen, was ich meine? Mir jedenfalls war klar, das ist etwas ganz Schlimmes, mit der Frau wollte ich definitiv nirgendwo mehr hingehen. Diese Abscheu übertrug sich wohl auch auf Pizza.
Es hat dann etwas länger gedauert, bis ich verstanden habe, dass die Dinge in Deutschland etwas anders laufen â auch beim Essen. Deshalb haben sich bestimmte Aversionen inzwischen auch komplett gelegt. Und ich bin echt froh, dass ich als Nachwuchskicker das unschlagbare Lieblingsgericht von Generationen von kleinen FuÃballern kennengelernt habe, welches ich noch immer besonders schätze, obwohl das damals eigentlich nicht auf meine ghanaische Speisekarte gehörte: Ein Hoch auf die Bratwurst mit Senf!
»Meine Frau ist noch in Ghana.
Deswegen gibt es nicht so viel zu essen.
Ich hoffe, sie bleibt noch lange.«
Gerald Asamoah auf die Frage,
warum er so viel abgenommen habe
Prügel im Internat
Schule in Deutschland war völlig anders als Schule, wie ich sie aus Ghana kannte. Dort regierte meist die absolute Autorität, der Lehrer war das Maà aller Dinge. Und hatte einen Stock, mit dem geprügelt wurde, wenn man widersprochen oder sonst irgendetwas getan hatte, was dem Lehrer missfiel.
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