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Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
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gelächelt, aber so, dass es außer uns keiner sehen konnte. Also denke ich mal, dass wir jetzt ein Paar sind.«
    »Denkst du oder weißt du?«
    »Weiß ich«, erzählte ich weiter. »Tommy will sich nach der Schule auch gleich bei Facebook anmelden, damit wir uns schreiben können.«
    »Das sind ja hammermäßige Supernachrichten«, rief Lars und hupte einige Male, was ich lustig fand. Ich durfte sooft ich wollte auf den Lenker drücken und konnte gar nicht mehr aufhören zu kichern, weil sich die Fußgänger schon zu uns umdrehten.
    »Hier kommen Batman und Robin. Macht Platz für das Batmobil!«
    Dann pfiffen wir gemeinsam die Titelmelodie und steckten uns gegenseitig mit unserer guten Laune an. Woohoo!
    Das Restaurant lag in Rotherbaum, einem Stadtteil, in dem ich vorher noch nie gewesen war. Wir parkten das Auto in einer Seitenstraße vom Abaton, einem der ältesten Programmkinos von ganz Deutschland. Ich wusste das nicht, aber Lars erzählte mir davon, als wir zum Restaurant liefen. Ich hatte nur Unfug im Sinn, zog hinter fremden Menschen lustige Grimassen, hüpfte wie ein Orang-Utan über den Bürgersteig und freute mich tierisch, auf der Welt zu sein. Dann sah ich das Schild und konnte es kaum glauben. Dort stand: Trastevere Gourmet’s Treffpunkt. Wir stiegen eine kleine Treppe hinunter und standen plötzlich vor einer Theke voller traumhafter Köstlichkeiten. Alles, was ich sagen konnte, war: »Boah, wie krass!«
    Die freundliche italienische Bedienung begrüßte uns und brachte uns an einen schönen runden Tisch, von dem aus wir eine gute Übersicht hatten. Das Restaurant war sehr klein, weil es in einem Keller lag. Auf jedem Platz saß ein Gast. Es duftete schon herrlich aus der Küche, in die man sogar hineinschauen konnte. Der dicke Koch winkte mir mit einem breiten Grinsen zu, und ich winkte zurück. Ich fragte Lars, ob ich die Bestellung übernehmen dürfe, und er erlaubte es mir. Ich sagte zu der freundlichen Bedienung: »Wir hätten gerne zwei Mal Cola Light und zwei Mal Spaghetti carbonara.«
    Sie fragte: »Als normales Gericht oder als Mittagstisch?«
    Ich hatte keine Ahnung und sagte einfach: »Als Mittagstisch.«
    Dann schraubte ich den Deckel des Salzstreuers auf, schüttete einen kleinen Haufen auf meine Hand und leckte ihn ab. Lars ärgerte mich und sagte, dass ich eine Ziege sei und machte dazu blökige Geräusche, aber ich konnte ihn nicht sofort zurück ärgern, weil ich Durst bekam und erst einen großen Schluck aus meinem Glas nehmen musste. Die Bedienung brachte uns einen Vorspeisenteller mit Antipasti (dieses Wort hörte ich zum ersten Mal), obwohl ich das gar nicht bestellt hatte, aber Lars sagte, dass sei schon okay. Wir wünschten uns einen guten Appetit, und nachdem ich eine gebratene Aubergine probiert hatte, die zu meiner großen Verwunderung sehr lecker schmeckte, fragte ich Lars, ob er auch daran schuld gewesen sei, dass seine Eltern sich hatten scheiden lassen.
    »Wie kommst du denn auf so was?«, fragte er und lehnte sich zu mir.
    »Das habe ich aus dem Internet«, erklärte ich ihm. »Die meisten Eltern, die ein behindertes Kind auf die Welt gebracht haben, sind nach ein paar Jahren wieder geschieden. Da stand auch, dass oft die Männer damit nicht klar kommen würden. Mein Papa, also der aus Südafrika, wollte mich ja auch nicht haben.«
    »Das kannst du so nicht sagen. Jede Familie ist unterschiedlich. Was bedeuten schon diese blöden Statistiken? Was ich aber zu Hundertprozent weiß, ist, dass du nichts, aber auch gar nichts damit zu tun hattest, dass sich deine Eltern getrennt haben.«
    »Das stimmt nicht!«, sagte ich. »Mama sagt doch immer, dass …«
    »Du weißt doch noch«, unterbrach mich Lars, »was ich dir über die Erwachsenen gesagt habe. Sie sagen oft Dinge, die sie gar nicht so meinen. Ob aus Verzweiflung oder Unsicherheit, Überforderung oder Unwissenheit, völlig egal. Oft reden sie auch nur, um sich selbst sprechen zu hören. Es gibt einen schönen Satz, an den ich in solchen Momenten denke. Willst du ihn hören?«
    Ich sagte: »Ja.«
    »Wenn das, was du zu sagen hast, nicht schöner ist als die Stille, dann schweige.«
    Das gefiel mir sofort, auch wenn ich den Sinn dahinter, glaube ich, nicht ganz verstand. Die Stille kann einem nämlich auch Angst einjagen, zum Beispiel, wenn du nachts alleine im Krankenhaus liegst. Sie kann auch traurig machen, wenn du auf etwas wartest, das einfach nicht eintritt. Wie bei meinem Vater aus Südafrika. Wir sind zwar

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