Dieses heiß ersehnte Glueck
die von ihrem Vater halbtot geschlagen worden war, sitzen ließ. Und als er aus Kentucky zurückkam, hatte er sich geweigert, sie anzu-sehen und ihr erklärt, er wolle Kimberly zur Frau haben. Abermals hatte er sie von sich gestoßen.
Dreimal! dachte Leah. Dreimal hatte er sie verlassen, und nun sollte sie ihm Vertrauen schenken? Machte es ihm Spaß, mit ihr zu spielen, um sie dann, wenn sie sich ihm hingab, wieder wegwerfen zu können? Brauchte er so etwas als Bestätigung seiner Männlichkeit? Für ihn war das nichts als ein vergnügliches Abenteuer, aber für Leah war Wesley etwas Besonderes. Sie hatte ihn so viele Jahre lang innig geliebt. Wenn ihr Vater sie verprügelte, hatte sie die Schmerzen in dem Gedanken ertragen, daß Wesley Stanford eines Tages zu ihr kommen und sie erretten würde. Als sie ihr Baby verlor, hatte sie geweint; aber mit dem tröstlichen Gedanken, daß sie noch mehr Kinder bekommen würde — Wesleys Kinder.
Nun, da sie wußte, wie er war, fürchtete sie, er würde sie wieder verstoßen, sobald sie schwanger wurde. Schließlich war sie dann ja für seinen Spaß nicht mehr recht zu gebrauchen.
Und was geschah, wenn sie aus der Wildnis nach Sweetbriar zurückkehrten? Wesley hatte sie zwar einigen Freunden als seine Frau vorgestellt; aber war er auch bereit, diese Tatsache einer ganzen Stadt bekanntzumachen? Nein, eine Simmons mußte man im Wald verstecken, sie vor anderen geheimhalten, durfte sich mit ihr nicht in der Gesellschaft blicken lassen.
Natürlich war Wesley ein Mann und sie, wie er nicht oft genug betonen konnte, eine für Reize nicht unempfindliche Frau. Also nahm er sie mit in den Wald, trieb ein kleines, übles Spiel mit ihr, bei dem sie zwischen seinem Bett oder monatelangen Entbehrungen wählen durfte, und was geschah, wenn sie sich seinem Willen beugte? Er würde natürlich auf seine saubere kleine Farm zurückkehren, worauf er dann nur noch zu erklären brauchte, sie sei eine lasterhafte Person, habe ihn mit einem Trick zur Heirat gezwungen, und jeder Richter in diesem Lande würde ihm eine Scheidungsurkunde ausstellen. Wes würde frei sein, und Leah würde . ..
Sie stand auf und holte tief Luft: Leah würde wieder mit einem gebrochenen Herzen dastehen. Und das verwundete Herz einer Frau war kein Spielzeug, das man einfach wieder zusammenflicken konnte. Wenn sie Wesley noch einmal erhörte und er sie wieder sitzenließ, konnte sie wahrscheinlich nie mehr Gefühle für einen Mann aufbringen. Sie mußte ihm widerstehen, aus purem Selbstbehauptungstrieb.
Zwischen den Bäumen sah sie das Flackern eines Feuers und wußte, daß Wesley dort das Lager aufgeschlagen hatte. Sie erschauerte und ging langsam auf das Feuer zu.
»Kaffee?« fragte Wes und hielt ihr einen dampfenden Becher hin.
Sie schüttelte den Kopf und nahm ihm die Bratpfanne aus der Hand.
»Nein«, wehrte er sie ab. »Du ruhst dich aus. Ich mache das Abendbrot.«
»Sei nicht so eingebildet«, fuhr sie ihn an. »Männer können nicht kochen.«
»So? Sie können das nicht? Dann setz dich mal dorthin, meine hübsche kleine Frau, und laß dich vom Gegenteil überzeugen.«
Leah setzte sich und wendete den Blick nicht von seinen Händen ab.
Wesley briet Speckscheiben über dem Lagerfeuer, wendete sie in der Pfanne hin und her und beobachtete sie dabei.
»Habe ich dir schon mal von Paris erzählt?«
»Paris?« Sie sah zu ihm hoch. »Ich habe noch nie etwas über Paris in Virginia gehört.«
Wesley lächelte ihr zu. Das nasse Kleid klebte ihr noch auf der Haut; doch wenn es trocken war, würde es ihr locker am Körper sitzen und vieles verhüllen. Mit einem Grinsen erinnerte er sich wieder an das tiefausgeschnittene Kleid, das sie an dem Abend im Gasthof getragen hatte. Sie würde gut aussehen in Paris mit einer hübschen Haube, die ihr dunkles Haar zur Geltung brachte.
»Paris liegt jenseits des Ozeans in einem Land, das Frankreich heißt.«
»Es tut mir leid, daß ich nicht das Glück hatte, wie du eine Schulbildung zu genießen. Mein Vater hielt es nicht für notwendig, daß seine Sklavenkinder auch noch die Schulbank drückten.«
Er ignorierte ihre Bemerkung. »Eines Abends beschlossen wir, zu fünft in einem Raum zu dinieren, für den man in Paris einen besonderen Namen hat.« Er hielt inne. »Vielleicht sollte ich dir diese Geschichte lieber nicht erzählen.« Er sah zu ihr hoch. »Vielleicht möchtest du aber gern hören, wie mein Bruder Travis um Regan freite.«
»Oh, ja«, sagte Leah. Sie hörte
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