Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)
gemeistert hatte – die Beamten in Dar mussten für einen das Grundstück kaufen, bevor man es unter Beigabe von reichlich TKK der Regierung abkaufen durfte –, erwarb Shep für gerade mal 10 000 Dollar ein Küstengrundstück von ansehnlicher Größe gleich außerhalb von Mkoani. Das Aufenthaltsrecht für sich und die fünf Flüchtlinge in seiner Obhut zu sichern war ein kostspieliges Unterfangen, aber auch nur für tansanische Verhältnisse; zum Glück hatten die Diebe in Dar keine Ahnung, wie viel er für sein Bleiberecht noch draufgelegt hätte. Selbst nach dem Kauf eines Pick-up und eines kleinen Boots mit Außenbordmotor würden die Überweisungen aus Zürich an die People’s Bank of Zanzibar in Chake Chake seine finanziellen Reserven auf Jahrzehnte hin nicht erschöpfen. (Zum Leidwesen seines Bankers wurden die Gelder konservativ auf ein ganz schlichtes Sparkonto mit lächerlichem Zinssatz gelegt. Shep hatte sich nicht darauf eingelassen, dass er ein »Vermögen« verdienen könnte mit nur »etwas riskanteren« Papieren, denn es kümmerte ihn nicht die Bohne, ob er reich wurde oder nicht, zumal er nach den Maßstäben seiner Wahlheimat ohnehin schon unermesslich reich war. Insofern verschrieb er sich dem, wie er gern sagte, Prinzip-Prinzip : glücklich zu sein mit dem, was er hatte.) In dieser Hinsicht waren die Einheimischen so dankbar für die Mitfahrgelegenheiten in die Stadt, für die Reparatur ihrer Abflüsse und das Rücklöten ihrer klapprigen Kochherde, falls sie denn welche besaßen, und für die fröhliche Mithilfe seiner ganzen Familie beim Abpflücken der Stengel von den geernteten Nelken, dass sie auf dem Markt nur selten Geld von ihm verlangten, und es vergingen manchmal Wochen, in denen er allenfalls etwas ausgab, weil er die Schulgebühren eines der Nachbarkinder übernahm.
Es stellte sich natürlich die Frage, ob Forge Crafts Schadensersatzzahlung versteuert werden müsse. Mystic zufolge wäre es davon abhängig, ob man durch die Zahlung »geheilt« worden sei – eine reichlich spirituelle Sorge für ein paar Beamte, mit anderen Worten: Es ging sie einen Dreck an. Die Vorstellung, dass ihn auch nur irgendeine Geldsumme zu »heilen« vermöchte – die Leere füllen, die eine so großartige Frau hinterlassen hatte –, war genauso beleidigend wie die Forge-Craft-Anwälte, die den Wert seiner Frau in Waschladungen hatten messen wollen. Insofern konnte er fast nur hoffen , dass es sich um steuerpflichtiges Einkommen handelte. Wenn die Beamten vier Flüge mit drei Zwischenstopps und einer Fahrt im Kleintransporter auf sich nehmen wollten, dann sollten sie ihn ruhig holen kommen.
Mit Zachs zunehmend fähiger Unterstützung baute sich Shep ein Haus, das für seine Verhältnisse bescheiden, für Pembaer Verhältnisse extravagant war. Die mit Betonziegeln verstärkten Außenwände verputzte er mit dem einheimischen roten Lehm, weil ihn die sonnengetrocknete Optik begeisterte – eine lässigere Version des spanischen Terrakotta. Die Fußböden waren aus polierter Mangrove – dunkel, launisch und angenehm unter den nackten Füßen. Flickas Zimmer war das Erste, das fertig wurde, damit sie aus dem Hotel in Mkoani umziehen konnte, das zwar einen Abstieg darstellte von Fundu Lagoon, aber immerhin Klimaanlage hatte. Da die Stromversorgung auf der Insel unzuverlässig war, importierte er aus Sansibar einen Generator, und bald schon wurde ihr Quartier von dem leise tuckernden Gerät gekühlt. Nach den frostigen Sommern bei Handy Randy hätte er selbst gut darauf verzichten können, doch für Flicka war die Klimaanlage kein Luxus, sondern lebensnotwendig.
Shep hätte seinen Sohn nie als sonderlich geschickt oder handwerklich begabt bezeichnet. Doch als der Junge erkannt hatte, dass er mit seinem Widerstand gegen Pemba auf verlorenem Posten war, stürzte er sich in eine Form von Technologie, die er nun tatsächlich nachvollziehen konnte. Wie sich herausstellte, waren Vater und Sohn ähnlich gestrickt, und Zach arbeitete erfolgreich mit den gleichen Materialien wie sein Vater als junger Erwachsener: Holz, Stein und Zement. Bald schon ein sachkundiger Zimmermann und Maurer, wurde er außerdem zu einem geschickten Möbelbauer mit dem einheimischen Mangrovenholz. Im Zuge eines weiteren Wachstumsschubs bekam der Junge breitere Schultern und ähnelte endlich immer mehr seinem Vater – auch wenn Shep mit Bedauern feststellte, dass die schmaleren Züge der Mutter zunehmend in den Hintergrund traten. Als das
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