Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)
unkorrigierte Fassung war immer noch um Längen besser gewesen als das.
Der klumpige Schlauch zwischen seinen Beinen erinnerte jetzt an die Tiere, die auf Kindergeburtstagen von bezahlten Animateuren hastig aus Luftballons zusammengeschraubt werden. Während der Schaft üblicherweise am unteren Ende immer dicker wurde, befand sich bei ihm jetzt hier die schmalste Stelle, denn das auspolsternde Kollagen war nach unten gesackt und hing wulstartig über der Eichel. Sein Schwanz hatte Rettungsringe. Auch der Gewebefüller hatte sich asymmetrisch verteilt; die Wulst war auf der rechten Seite dicker als auf der linken. Überragt von dem, was jetzt eher wie ein dritter Hoden herabhing, wirkte die Eichel kleiner und trauriger, eher wie ein Lutschbonbon. Und der Schaft saß zu weit unten. Das Durchtrennen der Bänder, die sonst ungenutzt in seinem Becken verstaut gewesen waren, hätte eigentlich zu vollen drei Zentimetern Länge führen sollen; jetzt schien ihm der Schwanz direkt aus den Eiern zu wachsen. Das seltsame Gebaumel störte das ästhetische Empfinden wie eine schmuddelige Kinderzeichnung an der Wand einer Männertoilette. Eine derart entzündete, aufgedunsene und eiternde Extremität war genau das, was ein Kriegsarzt im Feldlazarett auf der Stelle abgesägt hätte.
»Was hast du bloß getan?«, sagte Carol, als sie wieder zu Atem gekommen war.
»Mama?«, piepste jemand hinter der Schlafzimmertür. »Was ist denn?«
»Heather, Liebling, geh zurück ins Bett. Mami hat nur was gesehen und sich erschrocken. Eine Maus.«
»Ich hab aber Angst vor Mäusen. Die kommt in mein Bett und beißt mich!«
»Nein, Schatz, diese Maus wird niemanden beißen, nicht dich und definitiv nicht deine Mutter. Es war nicht mal eine Maus, haben wir gerade festgestellt. Sondern ein Strumpf. Ein zusammengerollter, stinkiger Strumpf, der nichts anrichten kann, überhaupt gar nichts. Ich wollte dich nicht erschrecken, tut mir leid. Jetzt leg dich wieder schlafen.«
Die Boxershorts in seinen Kniekehlen hatten seine Schmach nur verschlimmert, also hatte Jackson Heathers Klopfen an der Tür genutzt, um sie ganz abzustreifen. Mit hängenden Schultern saß er auf der Bettkante, die Hände vor dem Schritt verschränkt.
»Ich will die Kinder nicht noch mal wecken«, sagte Carol in angestrengtem Flüsterton. »Aber lass dir gesagt sein, egal, wie leise ich heute Abend spreche, eigentlich schreie ich die ganze Zeit.«
Als sie sich ihren Morgenmantel schnappte und ihn mit einem Doppelknoten zuschnürte, erkannte Jackson, dass er die Boxershorts wieder hätte hochziehen müssen, als er noch die Chance dazu gehabt hatte. Jetzt saß er da, klar im Nachteil. Er war dazu verdammt, diese Diskussion splitterfasernackt zu führen. Sich wieder anzuziehen hätte bedeutet, die Beweise zu unterschlagen – ähnlich wie ein Ladendieb, der beim Klauen erwischt wurde und den Schokoriegel zurück in die Tasche schob. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich zum letzten Mal so sehr wie ein kleiner Junge gefühlt hatte.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass du dir das selbst angetan hast? Dass du das hast machen lassen? Dass du nicht bei der Arbeit mit dem Penis in eine Mangel geraten bist und einfach nur vergessen hast zu erwähnen, dass du einen Unfall hattest?«
Die Wortwahl war kalt: Gehe ich recht in der Annahme. Niemals hätte sie früher den Begriff Penis verwendet. Sie war nicht prüde, und ihr gefiel das Wort Schwanz mit seiner einsilbigen Wucht. Aber genau das war es, was er da gerade zwischen den Beinen hatte, einen Penis – mit seinem jämmerlichen Tonfall, seinem weichen, tief liegenden n, dem zusammengezuckten, eingezogenen Zischlaut. »Ich dachte –«
»Du hast dich einer dieser bescheuerten Operationen unterzogen, stimmt’s?«
»Wir kriegen immer diese ganze Spam, und …«
»Penisvergrößerungen sind der Grund, warum der liebe Gott die Delete-Taste erfunden hat. Du willst mir doch nicht erzählen, du hast dir im Internet irgendeinen Kurpfuscher gesucht?«
»Nein! Ich hab mich überweisen lassen. Trotzdem hab ich gedacht, die schalten doch nicht so viele Anzeigen, wenn sie nicht … Anscheinend machen das total viele Leute.«
»Total viele Leute werden heroinsüchtig. Total viele Leute nehmen sich das Leben. Total viele Leute fahren zu schnell und knallen gegen einen Betonpfeiler. Das heißt doch nicht, dass du das auch machen musst.«
»Carol, wenn wir jetzt schon dabei sind, es bringt wirklich nichts, wenn du mich jetzt wie
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