Diesseits vom Paradies
Slicker
Der Big Man
1. Kluges Gespür für gesellschaftliche Werte.
1. Neigt zu Geistlosigkeit und hat kein Gefühl für gesellschaftliche Werte.
2. Gut gekleidet. Tut so, als sei Kleidung nebensächlich – weiß aber, dass es nicht stimmt.
2. Hält Kleidung für nebensächlich und neigt diesbezüglich zur Nachlässigkeit.
3. Betätigt sich nur dort, wo er glänzen kann.
3. Macht überall mit, weil er es für seine Pflicht hält.
[59] 4. Geht aufs College und ist dort, in gesellschaftlicher Hinsicht, erfolgreich.
4. Geht aufs College und hat eine problematische Zukunft. Fühlt sich ohne seine Clique verloren und betont immer wieder, dass die Schulzeit doch die schönste Zeit war. Geht zurück in die Schule und hält Reden darüber, was die Jungs von St.Regis alles machen.
5. Haar glatt nach hinten gekämmt.
5. Haar nicht glatt nach hinten gekämmt.
Amory hatte sich definitiv für Princeton entschieden, obwohl er in diesem Jahr der Einzige war, der von St. Regis dorthin ging. Nach dem, was er in Minneapolis und von den St.-Regis-Abgängern gehört hatte, die vom Skull and Bones geholt worden waren, hatte Yale für ihn einen geheimnisvollen Glanz, doch zog Princeton mit seiner hellen, heiteren Atmosphäre und seinem verlockenden Ruf als schönster Country-Club Amerikas ihn am stärksten an. Überschattet von den drohenden Aufnahmeprüfungen fürs College verflog Amorys Schulzeit im Nu. Als er Jahre später nach St. Regis zurückkehrte, schien er die Erfolge der sechsten Klasse vergessen zu haben und sah sich in der Erinnerung nur als das schwarze Schaf, das eilig durch die Gänge lief, um dem Spott seiner unerbittlichen Altersgenossen zu entkommen, die ihn mit dem heiligen Zorn ihrer schlichten Gemüter verfolgten.
[60] II
Turmspitzen und Wasserspeier
Zuerst nahm Amory nur die Fülle des Sonnenscheins wahr, der sich über die weiten grünen Rasenflächen breitete, auf den bleigefassten Fensterscheiben tanzte und Turmhelme, Spitzen und Zinnen umspielte. Allmählich wurde ihm klar, dass er wirklich den University Place hinaufging; befangen wegen seines Koffers, nahm er im Gehen eine neue Haltung an und blickte starr geradeaus, wenn er jemandem begegnete. Mehrmals hätte er schwören können, dass sich jemand prüfend nach ihm umsah. Er fragte sich unsicher, ob wohl an seiner Kleidung etwas auszusetzen war, und wünschte, er hätte sich morgens im Zug rasiert. Er fühlte sich unnötig steif und unbehaglich zwischen all diesen barhäuptigen jungen Leuten in weißem Flanell, die höhere Semester sein mussten, nach der Selbstverständlichkeit zu urteilen, mit der sie auf und ab schlenderten.
University Place Nr. 12 war ein großes schäbiges Gebäude, zurzeit offensichtlich unbewohnt, obwohl es, soviel er wusste, gewöhnlich ein Dutzend Erstsemester beherbergte. Nach kurzem Geplänkel mit seiner Wirtin begab er sich wieder auf Erkundungstour, war jedoch kaum einen Block weit gekommen, als er mit Erschrecken feststellen musste, dass er offenbar der einzige Mensch in der Stadt war, der einen Hut trug. Er kehrte schnellstens nach [61] University Nr. 12 zurück, ließ seine steife Melone dort und schlenderte nun barhäuptig die Nassau Street hinunter, blieb stehen, um sich Sportlerfotografien anzusehen, die in einem Schaufenster ausgestellt waren, darunter eine Vergrößerung von Allenby, dem Footballkapitän; als Nächstes erregte das Schild »Jigger-Shop« über einer Süßwarenauslage seine Aufmerksamkeit. Es klang vertraut, also schlenderte er hinein und nahm auf einem Barhocker Platz.
»Schoko-Sundae«, bestellte er bei einer Farbigen.
»Doppelter Schoko-Jigger? Sonst noch was?«
»Ja – gern.«
»Speckbrötchen?«
»Ja – gern.«
Er vertilgte vier Stück und fand sie sehr schmackhaft, dann konsumierte er einen weiteren doppelten Schoko-Jigger, bis sich ein wohliges Gefühl in ihm breitmachte. Er inspizierte flüchtig die Kissenbezüge, die bunten Lederwimpel und eine Reihe von Gibson-Girls, welche die Wände zierten, und schlenderte dann mit den Händen in den Hosentaschen weiter die Nassau Street hinunter. Allmählich lernte er zwischen höheren und Anfangssemestern zu unterscheiden, obwohl die Freshman-Kappe bis zum folgenden Montag nicht in Erscheinung trat. Diejenigen, die zu offensichtlich, zu nervös bemüht waren, sich ganz wie zu Hause zu fühlen, waren Freshmen; jeder Zug brachte eine neue Ladung, die unverzüglich mit der hutlosen, weißbeschuhten, bücherbeladenen Menge verschmolz, die scheinbar
Weitere Kostenlose Bücher