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Diesseits vom Paradies

Diesseits vom Paradies

Titel: Diesseits vom Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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deshalb genoss, weil Isabelle geschult war; er wusste, dass er lediglich das lohnendste Objekt in Sichtweite darstellte und dass er seine Chancen verbessern musste, bevor er seinen Vorteil verlor. Und so näherten sie sich einander mit so viel schlauer Berechnung, dass ihre Eltern das blanke Entsetzen gepackt hätte.
    Nach dem Abendessen begann man schwungvoll zu tanzen… Schwungvoll? Die Jungen klatschten Isabelle alle [103] paar Schritte ab und zankten sich dann in den Ecken herum: »Du gönnst mir keinen Zentimeter!«, und: »Ihr hat’s auch nicht gefallen – sie hat’s mir beim nächsten Abklatschen gesagt.« Und das stimmte – sie sagte es zu jedem und drückte jede Hand zum Abschied auf eine Weise, die besagte: »Du weißt – mit dir zu tanzen macht mir den Abend erst schön.«
    Doch nach Ablauf von zwei Stunden taten die weniger raffinierten Schönlinge gut daran, ihre pseudoleidenschaftlichen Blicke auf andere Objekte zu richten, denn Schlag elf Uhr saßen Isabelle und Amory auf der Couch in dem kleinen Kabinett, das vom Leseraum im oberen Stockwerk abging. Sie war sich bewusst, dass sie ein hübsches Paar abgaben und für diese Abgeschiedenheit wie geschaffen waren, während die weniger Bevorzugten sich unten tummelten und schwatzten.
    Die Jungen, die an der offenen Tür vorbeikamen, schauten neidvoll herein – die Mädchen lachten nur, runzelten die Stirn und dachten sich ihren Teil.
    Sie hatten jetzt ein ganz bestimmtes Stadium erreicht. Sie hatten über die jeweiligen Fortschritte seit ihrem letzten Zusammentreffen berichtet, und vieles davon wusste Isabelle bereits von anderen. Er war also ein Sophomore, im Vorstand des Princetonian und hoffte, im letzten Studienjahr Vorsitzender zu werden. Er erfuhr, dass unter den Jungen, mit denen sie in Baltimore ausging, ein paar »schreckliche Draufgänger« waren, die in künstlich berauschtem Zustand auf Bällen erschienen; die meisten waren schon zwanzig oder so und fuhren höchst verführerische rote Studebakers. Mindestens die Hälfte von ihnen war offenbar schon aus mehreren Schulen und Colleges herausgeflogen, doch waren [104] einige Sportgrößen darunter, bei deren Namen er sie bewundernd ansah. In Wirklichkeit war Isabelles nähere Bekanntschaft mit den Universitäten noch im Anfangsstadium. Sie hatte etliche junge Männer kennengelernt, die fanden, sie sei ein »hübsches Ding – sollte man im Auge behalten«. Doch Isabelle flocht die Namen so geschickt in die Erzählung heiterer Begebenheiten ein, dass selbst ein Wiener Aristokrat sich hätte blenden lassen. Eine solche Macht haben junge, tiefe Altstimmen auf bequemen Sofas.
    Er fragte sie, ob sie ihn für selbstgefällig halte. Sie antwortete, es gebe einen Unterschied zwischen Selbstgefälligkeit und Selbstsicherheit. Sie bewundere Selbstsicherheit bei Männern.
    »Ist Froggy ein guter Freund von dir?«, fragte sie.
    »Ziemlich gut – wieso?«
    »Er tanzt miserabel.«
    Amory lachte.
    »Er tanzt, als hätte er das Mädchen auf dem Rücken und nicht in seinen Armen.«
    Das gefiel ihr.
    »Du kannst wirklich gut Leute einschätzen.«
    Amory bestritt dies vehement. Er gab ihr jedoch noch sein Urteil über mehrere andere Leute ab. Dann sprachen sie über Hände.
    »Du hast wirklich schöne Hände«, sagte sie. »Sie sehen aus, als spieltest du Klavier. Spielst du?«
    Wie gesagt, sie hatten ein ganz bestimmtes Stadium erreicht – und mehr als das: ein sehr entscheidendes Stadium. Amory war einen Tag länger geblieben, um sie zu sehen, und sein Zug fuhr um achtzehn Minuten nach Mitternacht. [105] Sein großer Koffer und sein Handgepäck warteten schon am Bahnhof auf ihn; seine Uhr begann schwer in seiner Tasche zu lasten.
    »Isabelle«, sagte er unvermittelt. »Ich möchte dir etwas sagen.« Sie hatten leichthin über den »seltsamen Ausdruck in ihren Augen« gesprochen, und Isabelle konnte aus seinem veränderten Verhalten erraten, was nun kommen würde – tatsächlich hatte sie sich bereits gefragt, wie bald es wohl kommen würde. Amory griff über ihre Köpfe und schaltete das elektrische Licht aus, so dass sie im Dunkeln saßen; nur ein roter Schimmer von den Lampen im Leseraum fiel durch die Tür. Dann begann er:
    »Ich weiß nicht, ob du’s schon weißt, was du – was ich sagen will. Lieber Himmel, Isabelle, das klingt wie eine abgedroschene Phrase, aber es ist keine.«
    »Ich weiß«, sagte Isabelle sanft.
    »Vielleicht werden wir uns nie wieder so sehen wie heute– ich hab manchmal

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