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Diesseits vom Paradies

Diesseits vom Paradies

Titel: Diesseits vom Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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überrascht.«
    »Wie das?«
    »Hast du keine Angst, dass dir die Fakultät auf den Pelz rückt, wenn du so gottloses Zeug verzapfst?«
    »Was für Zeug?«
    »Wie das heute Morgen.«
    »Was zum Teufel – der Leitartikel ging doch über das Trainer-System.«
    »Ja, aber dieses Zitat…«
    Jesse fuhr hoch.
    »Welches Zitat?«
    »Du weißt schon: ›Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich.‹«
    »Ja und – was ist damit?«
    Jesse war erstaunt, aber nicht beunruhigt.
    »Na ja, du sagst hier – warte mal.« Burne schlug die Zeitung auf und las vor: »›Wer nicht mit mir ist, der ist wider [199] mich‹, wie jener Gentleman sagte, der bekanntlich nur zu groben Unterscheidungen und kindischen Verallgemeinerungen fähig war.«
    »Und was ist damit?« Ferrenby sah allmählich beunruhigt aus. »Oliver Cromwell hat das gesagt, nicht wahr? Oder war es Washington oder einer der Heiligen? Lieber Gott, ich weiß es nicht mehr.«
    Burne brach in Gelächter aus. »O lieber guter Jesse.«
    »Wer hat’s denn nun gesagt, um Himmels willen?«
    »Nun«, sagte Burne, der wieder zu Stimme kam, »Matthäus schreibt diese Äußerung Christus zu.«
    »O mein Gott!«, schrie Jesse und fiel rücklings in den Papierkorb.
    Amory schreibt ein Gedicht
    Die Wochen verstrichen. Von Zeit zu Zeit fuhr Amory nach New York in der Hoffnung, einen neuen leuchtendgrünen Autobus zu Gesicht zu bekommen, dessen bonbonfarbener Glanz ihm in der Seele wohltäte. Eines Tages wagte er sich in die Wiederaufführung eines Theaterstücks, dessen Titel ihm entfernt bekannt vorkam. Der Vorhang hob sich – er sah gleichgültig zu, wie ein Mädchen auftrat. Ein paar Sätze blieben im Ohr haften und riefen eine leise Erinnerung in ihm wach. Wo –? Wann –?
    Plötzlich glaubte er neben sich eine Stimme flüstern zu hören, eine sehr sanfte, bebende Stimme: »Ach, ich bin so ein armer kleiner Dummkopf; sag’s mir doch, wenn ich etwas falsch mache.«
    [200] Wie ein Blitz kam die Erkenntnis und mit ihr eine schnelle, freudige Erinnerung an Isabelle.
    Er fand eine leere Seite im Programmheft und begann, eilig zu kritzeln:
    Hier im belebten Dunkel sehe ich noch einmal zu,
    Wie mit dem Vorhang dort die Jahre sich erheben,
    Zwei Jahre unter Jahren ist es her – ein himmlisch stiller Tag
    Für uns, als Glücklichsein unsere unvergorenen Seelen
    Nicht in Langeweile stürzte; ich konnte neben mir verwundert
    Dein lebhaftes Gesicht betrachten, mit großen Augen, fröhlich,
    Mit Lächeln jeder Art, und währenddessen rührte mich
    Das arme Stück, wie eine schwache Welle an das Ufer rührt.
    Gähnend und erstaunt den ganzen Abend lang,
    Schau ich alleine zu… und Schwatzen, nichts als Schwatzen
    Verdirbt die eine Szene mir, die doch, ich weiß nicht wie,
    Voll Zauber war. Du weintest ein, zwei Tränen nur, ich war betrübt um dich
    Grad hier! Wo ein Herr X die Scheidung will
    Und seine Dame ihm erschlaffend in die Arme sinkt.
    [201] Noch immer ruhig
    »Geister sind dermaßen dumm!«, sagte Alec. »Sie sind ziemlich schwer von Begriff. Einen Geist kann ich jederzeit überlisten.«
    »Wie denn?«, fragte Tom.
    »Kommt drauf an, wo. Nehmen wir an, im Schlafzimmer. Wenn du mit aller Vorsicht drangehst, kriegt kein Geist dich je im Schlafzimmer zu fassen.«
    »Also gut, angenommen, es ist ein Geist in deinem Schlafzimmer – welche Maßnahmen ergreifst du, wenn du abends nach Hause kommst?«, fragte Amory neugierig.
    »Du nimmst einen Stock«, antwortete Alec mit gewichtiger Miene, »ungefähr so lang wie ein Besenstiel. Als Erstes musst du den Raum säubern – dazu läufst du mit geschlossenen Augen ins Zimmer und machst das Licht an – als Nächstes gehst du zum Schrank und stocherst mit dem Stock drei- bis viermal vorsichtig durch den Türspalt. Erst wenn nichts passiert ist, kannst du hineinschauen. Aber unter allen Umständen musst du zuerst den Trick mit dem Stock anwenden – niemals zuerst hineinschauen!«
    »Das ist natürlich die alte keltische Schule«, sagte Tom ernst.
    »Ja – aber dort wird meistens erst einmal gebetet. Jedenfalls säubert man mit dieser Methode die Schränke und auch hinter den Türen…«
    »Und das Bett«, schlug Amory vor.
    »Um Himmels willen, nein, Amory!«, rief Alec entsetzt. »Das wäre völlig verkehrt – das Bett erfordert eine ganz andere Taktik – lass bloß das Bett aus dem Spiel, das muss [202] dir doch dein Verstand sagen – wenn ein Geist im Zimmer ist, was nur in einem Drittel aller Fälle vorkommt, dann ist er fast immer

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