Dihati Qo – Die, die sind
Sonne käme hervor. Hier lernten sie schnell, die unnachgiebig sengende Sonne zu verwünschen. Jeder Schritt eine Tortur. Sie sanken tiefer in die Wogen des Dünenmeers und japsten nach Wasser, wie ein Ertrinkender nach Luft.
Eric hatte es aufgegeben, auf der Kuppe einer Düne nach dem Wasserturm Ausschau zu halten. Alles, was sie sahen, war Sand. Wenn sie ihn nicht sahen, schmeckten sie ihn. Ihre Münder waren voll davon. Ebenso ihre Augen, Nasen und Ohren. Die Tücher, mit denen sie das Gesicht bedeckten, halfen nicht. In Noraks Zauberrepertoire fand sich nichts, das Abhilfe hätte schaffen können.
* * *
Der Wind legte sich erst mit Einbruch der Dämmerung. Die Gänsehaut auf ihren Armen kündigte den rapiden Temperaturabfall an. Sie hielten die Arme eng am Körper und rieben sie. Doch es half nichts. Fröstelnd kroch die Nacht in ihre Gliedmaßen, also machten sie Rast.
»Du hast mir doch erzählt«, begann Eric bitter, »es gäbe Wassergeister, die Verirrten den richtigen Weg wiesen? Der Aquosu im Sumpfland war ein Reinfall. Was meinst Du? Könnte sich hier nicht ein kleiner Wasserspeier nützlich erweisen?«
Wassergeister in der Wüste! Erics Sarkasmus bekam langsam aber sicher zynische Züge. »Nein«, antwortete Norak. »Mit Wassergeistern steht es hier schlechter, als sonst unsere Chancen. Vielleicht hilft uns ja ein Sanddämon aus.« Und in die melancholische Stille der Nacht raunte er »Sabulo, Sanddämon, wo bist Du? Komm und hilf!«
Eric lachte trocken, obwohl er glaubte, seinen Humor irgendwann mit einer Portion Sand verschluckt zu haben.
Gedankenverloren schweifte Noraks Blick durchs Dunkel. Bis seine Augen eine Bewegung außerhalb des Lagers wahrnahmen.
Unvorstellbar war, wie er in seinem Zustand überhaupt noch reagieren konnte. Aber in letzter Zeit hatte er genug Gelegenheit, seine Reflexe zu trainieren. Hände und Lippen wirkten den Schutzzauber, noch bevor die Beine aufsprangen.
Eric war neben ihm, die Axt gezückt. Er fragte nicht, was los war, wollte es auch gar nicht wissen. Er wusste nur, falls wieder ein blöder Gnom auftauchen sollte, um ihnen Vorhaltungen zu machen, würde er ihm den Schädel spalten.
Doch das, was sich ihnen näherte, war kein Gnom. Es war, und wie sollte es hier auch anders sein, Sand. Eine langsam rotierende Sandsäule näherte sich bedächtig. Eric schnaubte »Wenn man vom Teufel spricht …« Und er hatte recht. Als hätte er nur auf das Kommando gewartet, um zu erscheinen.
Eric brauchte nicht fragen, er wusste, was es war. Wenn man eine rotierende Säule gesehen hatte, kannte man sie alle. Auch ohne Magiebegabung. Dies war ein Sanddämon, ein Sabulo.
»Na, toll!«, schoss es Norak durch den Kopf. »Der Schelm verwendet Wassergeister und der Narr … was sonst! Nun, dann lass den Tanz beginnen!«
Aber der Sabulo rührte sich nicht. Er wartete ab. Norak wollte selbst zum Angriff übergehen, dem Dämon zuvorkommen. Doch das träge Abwarten des Geistes ließ ihn zögern. Anderseits wollten die beiden nicht bis zum nächsten Morgen hier kampfbereit verweilen. Norak sprach den Dämon an. »Was willst Du von uns? Warum greifst Du nicht an?«
Trotz fehlender Gesichtszüge merkte man dem Geist sein Unverständnis an. »Ich, Euch angreifen? Warum? Ihr habt Euch verloren.« Die Stimme war hell und klar, wie die eines Kindes, und sie hallte in ihren Köpfen. Abgesehen davon ergab sie keinen Sinn.
»Was soll das heißen, wir haben verloren? Wir haben doch noch gar nicht gekämpft!«
»Ihr habt Euch verloren«, wiederholte der Geist.
Eric runzele die Stirn »Du meinst, wir haben uns verirrt.« Kein Widerspruch des Sabulos. Eric war irritiert. »Kannst Du uns helfen?«, fragte er. Doch der Sanddämon reagierte nicht.
Norak stand da, verwirrter als jemals zuvor in seinem Leben. Sie waren bereits mehr als einmal durch die Hölle und zurück. Daher hatte er sich eingebildet, ihn könne nichts mehr überraschen. Doch der Dämon hatte es geschafft. Norak fiel nichts Besseres ein, als Erics Frage zu wiederholen. »Kannst Du uns helfen?«
»Sicher. Darum bin ich hier.«
29
Der Sabulo führte die Freunde in derselben Nacht zu einem nahen Wasserloch. Offensichtlich konnte auch der Narr des Staubes nicht ohne dieses Element existieren.
Der Dämon war ihre Rettung, aber wem hatten sie diese zu verdanken? Der Narr konnte unmöglich wissen, dass sie hier waren. Oder doch? Für den Schelm, den kleinen Widerling, war es eine viel zu nette Geste. Außerdem gebot er nicht über
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