Dihati Qo – Die, die sind
zur Kugel, dann wieder zu Norak. Was zuerst? Er entschied, den Magier aus dem Weg zu räumen und die Kugel danach aufzuklauben. Davions Dolch schnellte vor. Eric schrie vor Entsetzen.
* * *
Den Leib perforierend sprudelte der lebenspendende Saft aus der Wunde. Ein kurzes aber genüssliches Drehen der Spitze ließ die Wunde klaffen. Rot färbte sich der Sand am Fuße des Turms. Unaufhaltsam verloschen die Lebenslichter. Benommen öffnete Norak die Augen und sah, wie Retsetlee den Speer aus dem leblosen Körper Davions zog. »Du hast lange genug Unheil angerichtet!« Retsetlee spuckte seinem ehemaligen Ratskollegen ins Gesicht. Und Norak war sich nicht bewusst, dass es hin und wieder praktisch war, zwei Schutzengel zu haben.
»Die Kugel, wo ist die Kugel?« Norak drehte sich voll Schrecken um.
»Du brauchst die Kugel nicht.« Eric kniete sich neben seinen Freund. »Du bist hier ein Gott. Und solange Du nicht vorhast, alles zu unterjochen, kannst Du Deine Gabe nutzen, um diesen Krieg zu stoppen.«
»Ich kann nicht«, wisperte Norak. »Es gewinnt die Oberhand.«
»Es?«
»Lasst ab.« Die Frage blieb unbeantwortet, da Gopolan sich einmischte. »Es ist unser Krieg und wir werden ihn beenden.« Er sah in Retsetlees Richtung und dieser nickte ihm stumm zu. »Jeder noch ein Leben nehmen und dann ist es vorbei, alter Freund.«
»Dann fängt es erst an«, entgegnete ihm Retsetlee »Für uns.« Diesmal nickte Gopolan.
Der Hauptmann der Wache nahm die Wasserkugel an sich und warf sie mit kraftvollem Ruck in die Luft. Die Meister erblickte sie sofort. Abermals entbrannte ein unsichtbares Ringen um die Kugel. Diesmal nur zwischen dem Schelm und dem Narren. Die magischen Kräfte zerrten an der Kugel und wahrhaftig schwebte sie in der Luft, unentschlossen, wohin sie fallen sollte.
Die Armeen bestaunten das Schauspiel und vergaßen ganz das Schlachten. Retsetlee umklammerte seinen Speer, Gopolan umkrampfte das Heft seines Schwerts. Sie gingen beide ihrer Wege und keiner hielt sie auf. Sie erwiesen den letzten Dienst an ihren Meistern.
Sie warteten, bis der jeweils andere an seinem Ziel angekommen war. Auf ein Zeichen traten sie ergeben vor, ihren in Trance befindlichen Meistern die letzte Wendung der Schlacht zu verkünden.
Das Schwert streckte mit einem sauberen Hieb den Narren zu Boden, der Speer durchbohrte die ungeschützte Kehle des Schelms. Die Wasserkugel fiel zu Boden. Die Meister folgten ihr.
* * *
Der Krieg war beendet. Im Schatten des Turmes lag ein von verrenkten Körpern gesprenkeltes Schlachtfeld. Norak und Eric atmeten auf. Damit waren sie nicht die Einzigen. Den Krieg hatten sie nicht verhindert, aber ein Teilziel war erreicht. Der durstige Boden im Reich des Narren war nicht länger von der Sonne ausgedörrt. Nun war er mit Blut getränkt.
38
Eine weite Ebene erstreckte sich nach Norden und nach Osten. Im Nordwesten befand sich ihr eigentliches Ziel. Dort bildeten die Ausläufer eines Mittelgebirges eine kleine Hügellandschaft. Innerhalb dieser Hügel lag die Grotte, die sie suchten. In der Grotte befand sich Culum Sciento – das Orakel.
Norak und Eric genossen den Anblick. Die Sonne schien, ein kleines Wäldchen lag zwischen ihnen und ihrem Ziel und die Luft roch wie ein Blütenmeer. Norak entließ den Sabulo aus seinen Diensten. Er hatte sie gut hierher geführt. Vorerst brauchten sie seine Hilfe nicht mehr und Norak konnte einen neuen beschwören, sollte er ihn benötigen.
Seine magischen Kräfte waren eindeutig gewachsen. Magie zu nutzen war so einfach in Sorca, vielleicht sogar zu einfach. Eric beobachtete mit Sorge die rasche Entwicklung seines Freundes. Doch er musste eingestehen, dass Norak ihr letztes Abenteuer noch zu einem guten Ende gebracht hatte.
Nach dem Tod der Meister demonstrierte er, dass er zu den ursprünglichen Göttern gehörte. Was nicht der Wahrheit entsprach, aber seinem Zweck diente. Er bestimmte Retsetlee und Gopolan zu den zukünftigen Herrschern. Gemeinsam sollten sie eine neue Ordnung aufbauen.
Die Kugel verblieb im Wasserturm. Norak hatte sie mit einem Zauber geschützt, weit mächtiger als der Bannzauber des Narren. Unbeeinflusst von außen, gab sie ihre Magie in Maßen ab. Der Sumpf wurde trockener, die Wüste fruchtbar. Die Freunde hofften inständig, diesmal das Richtige getan zu haben.
So machten sie sich mit beruhigtem Gewissen auf den Weg zur Grotte.
* * *
Der Eingang zur Grotte war hoch und breit, ansonsten unscheinbar. Nach den Andeutungen des Schelms
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