Diktator
Zerstörer dazugesellt. Die deutschen Geleitschiffe, größtenteils zivile Schiffe mit Maschinengewehren und ein paar leichten Artilleriegeschützen, konnten wenig dagegen ausrichten. Die Kanonen der Zerstörer, 10- und 15-Zentimeter-Geschütze, machten kurzen Prozess mit den Dampfern, und die Männer in den Lastkähnen mussten sich das unablässige Donnern und Krachen, Donnern und Krachen anhören, als die großen Geschütze feuerten und die Granaten ihre Ziele fanden. Binnen Minuten waren viele Dampfer leckgeschlagen, sanken oder brannten.
Und dann rasten diese Wölfe des Meeres mit dreißig oder vierzig Knoten in die Kolonnen der rollenden Flusskähne hinein, zerquetschten sie, versenkten sie in ihrem Kielwasser oder schleiften sie einfach an ihren Schleppseilen mit, bis sie kenterten. Die übrig gebliebenen Kähne wurden mit Geschützfeuer, Granaten und Flammenwerfern beharkt, bis das Meer von brennenden Wrackteilen übersät war. Männer im Wasser wurden systematisch ausgelöscht. Die Zerstörer schossen sogar Leuchtkugeln empor, um die Nacht zu erhellen und ihr Gemetzel besser durchführen zu können. In dieser Nacht gab es keine Rettung, keine Ehre des Meeres, kein Mitleid.
Doch während Flotte E zugrunde ging, blieb D verschont. Vielleicht war es im Osten genauso, murmelten
die Männer, dass Flotte B alles schluckte, um Flotte C zu retten. Vielleicht, flüsterten sie, würden D und C es zu ihren Landungsplätzen in der Gegend von Eastbourne und Rye schaffen. Bei Brighton und Dover, den Zielen von E und B, würde eine mit blutigem Schaum bedeckte Flut nur Schiffstrümmer und Leichen an Land spülen.
Wenn das zutraf, dachte Ernst, der entsetzt lauschte, mussten diejenigen, die lebendig landeten, dafür sorgen, dass sich diese gewaltigen Opfer gelohnt hatten.
Im Dunkeln, während das Wasser an die Rümpfe klatschte und die Schleppermaschinen Schwerarbeit leisteten, umgeben vom Donnern und Krachen der miteinander kämpfenden Flugzeuge und Schiffe, verlor Ernst jedes Zeitgefühl. Überrascht stellte er fest, dass das Licht der Morgendämmerung in den Himmel sickerte.
Und dort vor ihm, diese graue Linie, eingeklemmt zwischen einem Stahlhimmel und einem Eisenmeer, war Land. Er sah winzige Lichtblitze. Es war 6:15 Uhr, schon eine halbe Stunde nach Tagesanbruch, und nach einem Zermürbungsbombardement mussten die Führungsstaffeln bereits gelandet sein, bereits kämpfen und sterben.
Ein leichter Regen setzte ein. Der Himmel war verhangen, schwarzgrau. Es war der 21. September, der S-Tag. Vor ihm lag England. Er glaubte, in der Ferne Kirchenglocken läuten zu hören, ein schöner, nostalgischer Klang. Hitler hatte alle Glocken in Deutschland einschmelzen lassen, um daraus Munition zu machen.
XV
Das Geräusch der Schleppermotoren erstarb, und der Kahn trieb dahin. Endlich, dachte Ernst. Vor zwei Stunden hatte er zum ersten Mal Land gesichtet. Seither waren sie parallel zum Ufer gefahren, bevor sie schließlich gedreht und darauf zugehalten hatten.
Der Lärm der langen Schlacht, die überall an der Küste tobte, war bereits gewaltig. Die Männer legten sich so flach wie möglich auf den Boden, so dass sie von den verstärkten Bordwänden des Lastkahns geschützt wurden. Aber Ernst riskierte es, den Kopf zu heben; in der Hoffnung, einen ersten Blick von Pevensey, seinem Landeplatz, zu erhaschen, spähte er über die gepanzerte Flanke des Kahns hinaus.
Mittlerweile war ein trüber Morgen heraufgedämmert, und die Küste wurde von Dunst und treibendem Rauch verdeckt. Doch an Land und auf dem Meer herrschte Chaos. Sturmtruppenkähne wie seiner glitten aufs Ufer zu und stießen im Kampf um eine Landestelle aneinander. Am Strand lagen weitere Fahrzeuge, die von der schon wieder ablaufenden Flut dort auf Grund gesetzt worden waren, die Schlauch- und Schnellboote der vorgeschobenen Abteilungen. Der Strand selbst sah aus wie von Seetang übersät und war
von eigentümlichen schwarzen Bändern gestreift, die parallel zum Ufer verliefen. Die Invasoren lagen unter Beschuss. Zu seiner Rechten sah Ernst einen Turm, und irgendwo zu seiner Linken husteten die größeren Geschütze einer Küstenbatterie; Granaten zischten heran, schlugen mit krachenden Explosionen ein oder ließen spektakuläre Wasserfontänen in die Luft schießen. Aus dem Gebiet direkt von ihnen kam das Bellen automatischer Waffen, und Ernst sah die klobigen Silhouetten von Bunkern; aus den Schlitzen in ihren Furcht einflößenden Gesichtern sprühte
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