Dinner for one, Murder for two
umsonst. Sie würde nicht kommen.«
»Was? Das ist nicht dein Ernst. Du gehst auf eine monatelange Reise, und deine beste Freundin sagt dir nicht Lebewohl? Nur wegen eines kleinen Streits? Das glaube ich nicht.«
Hetty zuckte mit den Schultern. »Diesmal ist der Graben tiefer. Vielleicht bringt ja der längere Abstand wieder eine Annäherung. Nichts ist wirklich endgültig.« Sie umarmte ihre Enkelin herzlich. »Ich muss los, dear. Ich wünsche dir eine schöne Zeit.«
»Ich dir auch, Grandma. Melde dich, wenn du deinen ersten Zwischenstopp erreicht hast. Und fahr vorsichtig.«
Hetty stieg in den Wagen, manövrierte ihn langsam rückwärts aus der Einfahrt und war innerhalb weniger Minuten aus Pippas Blickfeld verschwunden.
Pippa sah zu Phoebes Haus hinüber. Sie war sicher, dass sich die Gardine im Fenster neben der Eingangstür bewegt hatte.
Von Kwiatkowskis Anwesenheit zeugten nur sein Mantel, Mütze und Schal an der Garderobe, von ihm selbst fehlte bisher jede Spur. Pippa schlich auf Zehenspitzen zur Tür des Gästezimmers im Obergeschoss und lauschte: Ein tiefes, regelmäßiges Schnarchen verriet, dass ihr Mitbewohner noch schlief.
Pippa schnappte sich Rowdy und beschloss, einen Spaziergang rund um den Dorfanger zu machen. Sie verließ das Cottage und bog rechts ab. Beim Arzt zwei Häuser weiter sah sie durch das erleuchtete Fenster Hendrik Rossevelt im Wartezimmer sitzen und grinste unwillkürlich. Blöder Spruch – Kieferbruch, dachte sie. Rowdy schlug seinen gewohnten Weg zum Blisswalk ein, aber Pippa pfiff ihn zurück. Folgsam kehrte er um und trabte an ihrer Seite entlang. Ein paar Schritte weiter ging die Tür des Dorfladens auf, und von Kestring kam heraus, den Mantelkragen hochgeschlagen und die Hände tief in den Taschen vergraben. Er starrte mit gerunzelter Stirn auf die Straße und lief an Pippa vorbei, ohne sie zu bemerken. Sie atmete erleichtert auf. Es reichte vollkommen, wenn sie später mit ihm zu tun bekam.
Sie folgte der Heaven’s Gate Road und überquerte die kleine Brücke über den Mühlbach. Linker Hand lagen die Kirche und der alte Dorffriedhof, eingefasst von einer niedrigen Steinmauer. An der nächsten Ecke ging es nach links und am Pub vorbei, unter dem der Mühlbach hindurchfloss. Tom Barrel, der Wirt des Pubs, nahm gerade Ware entgegen und winkte Pippa flüchtig zu.
»Wir sehen uns heute Abend«, rief sie und ging weiter. Quer über den Dorfanger hinweg konnte sie sehen, wie Phoebe ihr Cottage verließ und im Dorfladen verschwand.
Aha, jetzt traust du dich raus, dachte Pippa, zehn Minuten früher wäre schöner gewesen, dann hätte deine Freundin dich wenigstens noch einmal gesehen.
Pippa kam an der Praxis des Tierarztes Martin Mickleton vorbei, wo Debbie an diesem Morgen ihre Praktikumsstelle als Tierpflegerin angetreten hatte. Zwischen den Häusern hindurch konnte sie das einsam gelegene große Taubenhaus sehen, das in Shakespeares Todesjahr gebaut worden war und den Speisezettel der Bevölkerung jahrhundertelang um leckere Täubchen bereichert hatte.
In Höhe der einzigen Bushaltestelle Hideaways hörte Pippa laute Discomusik. Die Grundschüler des Ortes machten auf dem Vorplatz der Schule ihre Turnübungen. Auf Pippa wirkten sie wie eine Horde Zwerge in Schuluniformen, die sich im stampfenden Rhythmus eines topaktuellen Hits an unbeholfenen Kniebeugen versuchten. Pippa blieb einen Moment stehen, um sich ebenfalls warm zu turnen, und schlenderte dann mit einem Lächeln auf den Lippen weiter.
Sie atmete tief durch. Alles war wie immer. Ein Gefühl der Ruhe und Geborgenheit stellte sich ein und erinnerte sie an viele unbeschwerte Ferientage, die sie hier erlebt hatte.
Sie bog erneut links ab und ging so wieder in Richtung des Hotels.
»Wie sieht es aus, Rowdy? Das war die kleine Innenrunde, wollen wir noch eine große Außenrunde laufen? Los, gib Gas!«
Rowdy bellte hell und schoss los. Pippa folgte ihm deutlich langsamer durch eine enge Stichstraße, die rechts am Grundstück des Hotels und dessen Parkplatz entlangführte. An ihrem Ende, das auf den Blisswalk mündete, stand Rowdy und wartete geduldig.
Pippa schaffte es nicht, Kwiatkowski zum Aufstehen zu bewegen. Als sie an seine Tür klopfte, antwortete ihr nur ein verschlafenes Grunzen.
»Ich gehe jetzt rüber ins Hotel, Herr Kwiatkowski«, rief sie, »bis später!«
Seine Antwort klang nach »Hmpf«. Pippa zuckte mit den Schultern und erinnerte sich an die Worte ihrer Großmutter: Kwiatkowski war ein
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