Dinner fuer drei Roman
»Mach dir keine Gedanken, Liebling. Ruf ein paar Freunde an, und amüsier dich ein paar Tage. Die Mädchen und ich kommen ganz sicher hervorragend miteinander zurecht.«
Lilly hatte das Gefühl, als schlüge jemand mit Hammer und Meißel auf ihren Schädel ein. »Ich weiß nicht. Die Mädchen sind so …«
»Mach dir keine Sorgen, Liebling. Kommt, Mädchen. Wie wär’s, wenn wir unterwegs noch an einer Eisdiele vorbeifahren?«
Begeistert zog Rachel den Großvater mit sich, und Becca trottete gehorsam hinterher.
Guy öffnete die Tür seiner Jaguar-Limousine, und sie kletterten hinein. Sein silbrig blondes Haar glitzerte in der kalifornischen Sonne, und seine makellosen weißen Zähne blitzten, als er sich lächelnd zu seiner Tochter umsah. Er war so attraktiv. So widerwärtig und entsetzlich attraktiv.
»Die Sicherheitsgurte!«, rief Lilly ihnen nach. »Vergiss nicht, die beiden …«
Doch Guy hatte den Mädchen die Gurte bereits angelegt und winkte ihr zu, zum Zeichen, dass er sie verstanden hatte. Einen Moment später lenkte er den Wagen den breiten Weg hinunter Richtung Straße.
Lilly stürzte hinterher. »Seid brav!«, rief sie mit schriller Stimme. »Tut nicht, was Großvater euch sagt.« Sie atmete keuchend ein. Was war nur mit ihr los? »Ich meine …«
Fröstelnd und schwitzend zugleich stolperte sie zurück ins Haus und ging geradewegs ins Bad. Obwohl es draußen noch hell war, nahm sie zwei Schlaftabletten. Ihr Vater hatte Recht. Sie schien kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen und brauchte dringend etwas Ruhe. Ohne die Kleider auszuziehen, legte sie sich ins Bett.
Der Nachmittag ging in den Abend über, und sie wurde von zahllosen Albträumen geplagt. In ihren Träumen floh sie vor einer gesichtslosen Frau, die ihre blutroten Fingernägel nach ihr ausstreckte. Einer nach dem anderen fielen die langen blutroten Nägel von den Fingerkuppen ab und verwandelten sich in Dolche, die sich in ihren Rücken bohrten. Lilly wandte sich Hilfe suchend an ihren Vater, der jedoch den größten Dolch in seiner Hand hielt und damit auf Rachel wies. Das Entsetzen schien ihr die Luft abzuschnüren. Und dann war es nicht mehr ihr Vater, der ihr nachlief, sondern Eric, der es auf Rachel abgesehen hatte. Sie nahm alle Kraft zusammen und schrie aus Leibeskräften.
Von ihrem eigenen Schrei geweckt, fuhr sie hoch. Im Zimmer war es dunkel, und einen Moment lang hatte sie keine Ahnung, wo sie war. Sie umklammerte die Decke, wagte nicht, sich aufzusetzen oder sich zu bewegen, aus Angst, ein neuerliches undefinierbares Grauen könnte sie überkommen. Ihre Haare klebten wie Spinnweben an ihrer Wange, und in ihren Ohren rauschte es entsetzlich.
Erics Gesicht verschwamm vor ihren Augen, eine Vision
aus Schmutz und Verderbtheit, deren Obszönität durch die äußere Perfektion noch verstärkt wurde. Während sie versuchte, gegen die Nachwirkungen der Schlaftabletten anzukämpfen, kam ihr die lähmende Erkenntnis, dass es ein schrecklicher Fehler gewesen war, ihrem Vater nichts von Eric zu erzählen. Was, wenn Eric zu Guys Haus fuhr und Rachel von dort entführte? Ihr Vater hatte keine Ahnung von Erics perversen Neigungen. Er würde nicht wissen, dass er sie ihm nicht überlassen durfte. Was, wenn Guy Rachel erlaubte, mit ihm zu gehen?
Durch den Nebel der Schlaftabletten und das Entsetzen über den grauenhaften Albtraum hindurch war ihr mit schrecklicher Gewissheit bewusst, dass Eric genau das getan hatte. Er hatte Rachel mitgenommen, und jetzt war ihre Tochter in schrecklichen Schwierigkeiten.
Ihr Körper war bleischwer, und neue Übelkeit stieg in ihr auf, als sie sich entsann, dass auch Becca bei ihrem Vater war. Doch sie wusste, dass Eric ihr nichts antun würde. Ihr Zustand widerte ihn an, sein Interesse galt allein Rachel. Weil sie die Stärkere der beiden war.
Wimmernd kroch sie aus dem Bett und tastete nach ihren Schuhen. Dann taumelte sie, immer noch auf der Flucht vor dem lähmenden Nebel, aus dem Zimmer, riss ihre Handtasche von der gläsernen Kredenz im Hausflur und wühlte zwischen zerknitterten Taschentüchern, Keksen und Bordkarten herum, bis sie ihre Autoschlüssel fand. Sie zog sie heraus, nahm ihre Tasche und stolperte durch die Küche in Richtung der Garage. Sie musste zu Eric, bevor er Rachel etwas antat.
Ihr Blick fiel auf einen Satz dänischer Messer, die in einem blank polierten Teak-Block steckten, und nach kurzem Zögern riss sie eines der schweren Messer aus dem Schlitz und steckte es in die
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