Dinner mit Rose
unterhalten, die appetitanregend sein kön nten, wenn jemand gerade unter den Folgen einer Chemotherapie leidet. »Vielen Dank.« Ich versuchte so erfreut wie möglich zu klingen. »Das ist sehr aufmerksam von Ihnen. Aber jetzt muss ich wirklich los …«
Doch er brachte mich mit einer gebieterischen Geste zum Schweigen. »Schenken Sie mir nur einen Moment Ihrer kostbaren Zeit, meine Liebe.« Hinter ihm kicherte Amber wenig hilfreich über ihrer Computertastatur. »Im Workingman’s Club findet diesen Freitag ein kleiner Empfang mit Wein und Käse statt. Das hört sich doch gut an, nicht wahr?«
»Ich kann zurzeit abends nicht ausgehen«, entgegnete ich.
»Richtig, wegen Ihrer armen, kranken Tante. Aber ein bisschen Abstand und Abwechslung würde Ihnen bestimmt guttun.«
»Ich kann sie nicht allein lassen«, beharrte ich. »Da hätte ich einfach keinen Spaß an irgendwas. Danke für die Einladung, Bob, aber ich muss mich jetzt wirklich beeilen.«
»Das finde ich höchst bewundernswert«, murmelte er, dabei strahlte er mich liebevoll an. »Eine junge Frau wie Sie mit einem so erfreulich altmodischen Pflichtgefühl.« Zweifellos stellte er sich gerade vor, wie ich ihm in zwanzig Jahren oder so fröhlich den Hintern abwischte. Da konnte ich mir wahrlich was Besseres vorstellen!
»Amber, du schließt dann ab, ja?«, bat ich. »Wir sehen uns, Bob … und nochmals danke …« Dann stürzte ich wie ein aufgeschrecktes Kaninchen nach draußen.
In der Sicherheit meines Autos legte ich einen Moment den Kopf aufs Lenkrad. Diese Sache mit Bob wurde langsam lächerlich – ich konnte Rose nicht ewig als Grund für meine Abfuhr vorschieben. Vielleicht sollte ich mir eine Flip-Chart anlegen – vollgekritzelt mit Kurven und professionell wirkenden roten Pfeilen –, zum Vergleich der Wahrscheinlichkeit, dass ich jemals mit Bob irgendwo hinging, mit jener, dass es in der Hölle schneite. Jemand klopfte ans Fenster auf der Fahrerseite, und ich fuhr mit einem Ruck hoch. Gut, jetzt war das Maß voll, ich würde die Beherrschung verlieren und den Mann gründlich zusammenstauchen – aber es war nur Kim, in ihrer Schuluniform und mit lässig über die Schulter geworfener Mappe. Ich kurbelte das Fenster herunter.
»Was um Himmels willen tust du da?«, erkundigte sie sich.
»Ich bin auf der Flucht vor Bob McIntosh.«
»Ach so. Kannst du mich nach Hause fahren?«
»Sicher«, nickte ich. »Hast du wieder nachsitzen müssen?«
»Nein.« Kim klang gekränkt. »Ich hatte Gitarrenstunde.«
»Seit wann spielst du denn Gitarre?«
Sie trottete um das Auto herum und kletterte auf den Beifahrersitz. »Seit zwei Wochen. Ich kann schon drei Akkorde greifen. Jonno ist in einer Band, und ich werde die Hintergrundsängerin und Gitarristin.«
»Das ist ja toll«, erwiderte ich todernst.
»Wie ist es gelaufen?«, fragte ich, als ich ein paar Tage später in Roses Küche trat. Sie schlug Eier in einer Schüssel auf und trug ein freches grünes Satinkäppchen mit einem Paar künstlicher Kirschen auf einer Seite. Es stammte aus einer Schachtel mit Hüten und Perücken, die ihr Mary-Anne Morris von der Apotheke mitgegeben hatte. Mary-Anne hatte ein paar Jahre zuvor ebenfalls im Kampf gegen den Krebs ihre Haare verloren.
»Das verdammte Ding ist geschrumpft«, sagte Rose. »Also schneiden sie es nächste Woche raus.« An diesem Morgen hatte ihre Abschlussuntersuchung stattgefunden, aber sie hatte all unsere Angebote, sie zu fahren, störrisch zurückgewiesen und behauptet, Matt und ich würden nur nach Vorwänden suchen, um nicht arbeiten zu müssen, und dieser Drückebergerei würde sie keinen Vorschub leisten.
»Gut. Und anschließend geben sie ihm mit einer weiteren Chemo den Rest?«
»Ja, aber diesmal wollen sie mir kein so starkes Zeug verpassen.«
»Also wirst du dir nicht wieder die Seele aus dem Leib kotzen?« Ich stellte die Tüten mit Lebensmitteln, die ich mitgebracht hatte, auf den Küchentisch und begann sie auszupacken.
»Josephine, du benutzt solche grässlichen Ausdrücke doch sicher nur, um mich zu ärgern, nicht wahr?«
»Ja«, gestand ich und grinste sie an.
»Das hatte ich gehofft. Aber die Übelkeit dürfte sich diesmal tatsächlich in Grenzen halten.«
»Denk nur an all den Wein, den du dann trinken kannst.«
Sie seufzte glücklich. »Das wird herrlich.«
Draußen begannen die Hunde zu bellen, und Rose spähte aus dem Fenster. »Ah«, sagte sie. »Kim, mit einem Gesicht wie drei Tage Regenwetter. Also wirklich,
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