Dinner mit Rose
zweiten Samstag im nächsten Februar. Mit etwas Glück wird sie von einer Krabbe gebissen. Sie hat mich gebeten, in einem lavendelfarbenen Seidenanzug als männliche Brautjungfer zu fungieren, aber ich habe mich höflich geweigert, mich zum schillernden schwulen Hauptgesprächsthema ihrer Party machen zu lassen. Insgeheim hege ich ja den Verdacht, dass sie Schwierigkeiten hat, genug Mädchen zu finden – wenn man seiner besten Freundin den Mann wegschnappt, werden die verbliebenen weiblichen Bekannten leicht misstrauisch. Ich warte zynisch auf die Ankündigung, dass sie sich gegen Brautjungfern entschieden hat, um die Zeremonie etwas intimer zu gestalten.
Ich will dir ja nicht weh tun, Süße, aber ich halte es für besser, wenn man über solche Dinge informiert ist. Komm für ein Wochenende her, wenn dich die hinterwäldlerische Einöde zu sehr deprimiert, dann probieren wir Designerdrogen und ziehen bis zum Morgen durch die Clubs. Pass auf dich auf.
Vermutlich hatte er recht, es war besser, über bestimmte Einzelheiten im Bilde zu sein, als sich ständig den Kopf darüber zu zerbrechen. Aber als ich das widerliche Mentholbonbon von einer Backentasche in die andere beförderte und mir zum siebenhundertsten Mal die Nase putzte, fragte ich mich trübsinnig, was zum Teufel ich getan hatte, um das zu verdienen. Ich schaltete den Computer aus und zog meine Tasche unter dem Schreibtisch hervor.
»Ich habe einen Patienten für fünf Uhr angenommen«, sagte Amber, als ich die Tür des Behandlungsraums hinter mir schloss.
»Musste das sein?«, fragte ich müde. »Ich möchte nur noch gehen und mich irgendwo in ein Loch verkriechen.«
Heather Anne’s Schild nebenan knarrte an seinen rostigen Haken im Wind. Es klang, als kratzten Fingernägel über eine Tafel.
»Bob McIntosh. Er sagte, es sei dringend.« Amber rieb sich mit dem Handrücken über die Nase und hinterließ dabei eine glänzende Spur. Sie wischte die Hand am Stoffsitz ihres Stuhls ab, und plötzlich brandete eine Woge der Wut in mir auf.
»Ruf ihn an«, fauchte ich. »Sag ihm, ich bin krank und gehe nach Hause. Und benutz ein Taschentuch, verdammt noch mal! Wenn ich noch ein Mal sehe, dass du dir die Nase mit der Hand abwischst, hacke ich sie dir ab, das schwöre ich dir!« Ich ließ unerwähnt, ob ich die Hand oder die Nase abhacken würde, weil es mir egal war – was ich am besten erreichen konnte, dachte ich.
Die Drohung prallte an Amber wirkungslos ab. »Aber ich kenne seine Nummer nicht«, beklagte sie sich.
Ich schob ihr über den Schreibtisch hinweg das örtliche Telefonbuch zu. »Da.« Mit einem Finger tippte ich auf die Werbeanzeige von McIntosh Agrarberatung auf der Titelseite.
»Aber er wohnt ganz in der Nähe – er wird schon auf dem Weg sein.«
»Dann ruf ihn auf dem Handy an! Kannst du nicht eine Sekunde lang versuchen, nicht so verdammt nutzlos zu sein?« Nach diesem höchst unprofessionellen Ausbruch brach ich in Tränen aus, machte auf dem Absatz kehrt, stürmte aus dem Gebäude und knallte die Tür hinter mir zu.
Kapitel 26
A M ENDE DER MAHLZEIT an diesem Abend sah Roses Teller noch genauso aus wie am Anfang. Darauf lagen ein Hähnchenschenkel, drei Stück Süßkartoffeln und ein Esslöffel Erbsen – kein lukullisches Mahl, aber in Anbetracht der Verfassung der Köchin hätte es noch viel schlimmer kommen können. »Kannst du nicht wenigstens ein bisschen was essen?«, bat ich.
»Nein.« Rose schob ihren Stuhl zurück, legte sich mit vor Schmerz zusammengepressten Lippen auf die Chaiselongue und schloss die Augen.
Hazel erschien, als ich gerade den letzten Teller abtrocknete. »Guten Abend, Mädels«, trillerte sie, als sie den Kopf zur Tür hereinsteckte. »Rosie, Schätzchen, ich habe dir ein Buch mitgebracht, das dir gefallen wird.«
Rose öffnete ein Auge. »Hoffentlich einen Schundroman«, murmelte sie.
Hazel lachte hell auf. »Nein, nein. Es geht um eine makrobiotische Diät – Ratschläge für eine natürliche Heilung.«
Das Auge schloss sich wieder. »Danke«, sagte Rose dumpf.
Der Kessel pfiff schrill und schaltete sich aus, und ich füllte kochendes Wasser in eine altmodische Gummiwärmflasche mit Häkelbezug. »Vielleicht hilft das«, sagte ich, als ich sie Rose reichte.
»Ich bezweifle es«, sagte sie, nahm die Flasche aber und schob sie sich ins Kreuz.
»Rosie«, tadelte Hazel, »es ist sehr nett von Josie, dass sie versucht, dir zu helfen.« Ihre Worte wurden mit Schweigen beantwortet, und sie fuhr fort:
Weitere Kostenlose Bücher
Inherit the Dead Online Lesen
von
Jonathan Santlofer
,
Stephen L. Carter
,
Marcia Clark
,
Heather Graham
,
Charlaine Harris
,
Sarah Weinman
,
Alafair Burke
,
John Connolly
,
James Grady
,
Bryan Gruley
,
Val McDermid
,
S. J. Rozan
,
Dana Stabenow
,
Lisa Unger
,
Lee Child
,
Ken Bruen
,
C. J. Box
,
Max Allan Collins
,
Mark Billingham
,
Lawrence Block