Dinner mit Rose
»Die Leute sind überhaupt alle sehr freundlich, nicht wahr? Myra Browne – die Mutter der lieben Cilla – hat mir das Buch geliehen. Ihre Freundin hatte eine sehr seltene Art von Hautkrebs, und anscheinend hatten die Ärzte sie schon aufgegeben, als sie diese makrobiotische Diät entdeckte. Und jetzt ist sie völlig geheilt.«
»Hazel«, sagte Rose erschöpft, »ich wünschte, du würdest damit aufhören.«
»Zumindest kann es nichts schaden.«
»Ich bezweifle doch sehr, dass ich länger lebe, wenn ich mich von Mungobohnen und Tofu ernähre. Vermutlich beiße ich eher früher ins Gras.«
»Sprich nicht so, Rosie!«
»Ich habe Metastasen in der Lunge und auf der Leber eine kricketballgroße Geschwulst, die ich unter der Haut sogar ertasten kann.« Ich sah sie scharf an; das hatte ich noch nicht gewusst. »Mein Körper wird langsam von dieser scheußlichen Krankheit zerfressen. Ich fühle mich ungefähr so, als wäre ich unterhalb der Hochwassermarke an einen Felsen gekettet und würde auf das Einsetzen der Flut warten. Und mittlerweile kennst sogar du sicher meine Ansicht über Leute, die Todkranken nutzlose Heilmethoden aufschwatzen wollen.«
»Oh, Rosie«, sagte ihre Schwester hilflos. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
»Fang bloß nicht an zu weinen«, stöhnte Rose. »Nicht heute Abend; mir fehlt die Kraft, das zu ertragen.«
Ich schnäuzte mich in ein Papiertaschentuch – die Aufschrift auf der Schachtel versicherte mir, dass es mit Aloe vera imprägniert und hautschonend war, aber auf meiner wunden Nase fühlte es sich wie Sandpapier an – und Hazel bemerkte prompt besorgt: »Ich weiß nicht, ob Josie hier sein sollte, wenn sie so erkältet ist. Sie könnte dich anstecken.«
»Wenn, dann habe ich das vermutlich schon vor einer Woche getan«, sagte ich. »Jetzt kann man nichts mehr dagegen unternehmen.«
»Aber achte auf Hygiene, ja?«, ermahnte mich Hazel. »Wasch dir sorgfältig die Hände und halte sie dir vor den Mund, statt Rosie anzuhusten.«
Die Antwort, die mir auf der Zunge lag, hätte ich zweifellos später bereut, also stand ich wortlos auf, um unter die Dusche zu gehen.
»Vielleicht könnte sie eine kleine Glocke läuten und ›unrein, unrein‹ rufen, wenn sie näher kommt«, schlug Rose vor, als ich den Raum verließ.
Eine Erkältung ist an und für sich keine schwere Krankheit, aber meine hatte jetzt die unangenehme Phase erreicht, wo man sich fühlt, als wären die Augäpfel in der Sonne liegen gelassen und die Nebenhöhlen mit Beton gefüllt worden. Ich stand eine Weile unter dem kläglichen Wasserstrahl, der aus Roses Dusche kommt, schlüpfte dann in meinen Onesie, nahm zwei Panadol und ging wieder den Flur hinunter. Hazel saß noch immer in der Küche und betupfte sich die Augen auf eine Weise, die keinen Zweifel daran lassen sollte, dass sie wegen ihrer Schwester aufrichtige Tränen vergossen hatte.
»Josephine, zieh um Himmels willen bitte dieses grässliche Ding aus!« Rose musterte mich angewidert.
»Du bist nur neidisch auf diesen prachtvollen Schlafanzug«, erwiderte ich.
Der Onesie und ich waren jetzt seit einer Woche zusammen. Kalte Füße im Bett? Nicht, wenn man einen Onesie zum Freund hat. Ärger mit hochrutschenden Pyjamabeinen? Nie mehr. Dieser Onesie war das Beste, was mir seit Monaten passiert war. Am Morgen nach unserer ersten wundervollen gemeinsamen Nacht schickte ich dem Mann, durch den er in mein Leben getreten war, von der Arbeit aus eine Mail: Der Onesie ist großartig. Genau wie du.
Freut mich, dass er dir gefällt , schrieb er zurück.
»Ich kann nicht begreifen, warum du diesen unkontrollierbaren Drang verspürst, so wenig wie möglich aus dir zu machen«, sagte Rose.
»Ich will ihn ja nicht in der Öffentlichkeit tragen«, protestierte ich und zog die Kapuze hoch.
Rose schloss die Augen, als bereite mein Anblick ihr Schmerzen. »Josephine«, sagte sie, »es ist geradezu strafbar, mit naturblondem Haar und Beinen bis zur Achselhöhle gesegnet zu sein und sich dann in diesen Fetzen zu hüllen.«
Ich lächelte sie gerührt an. »Er ist warm und bequem, und ich liebe ihn. So viel dazu.«
»Oh, sei nicht so sentimental«, fauchte sie. »Wenn Matthew dir einen Kartoffelsack geschenkt hätte, würdest du das verdammte Ding auch wie einen Schatz hüten. Ich gehe zu Bett – gute Nacht.«
Sie hinterließ ein betretenes Schweigen in der Küche. Endlich gelang es mir, meine Zunge vom Gaumen zu lösen und zu sagen: »Gott sei Dank bringst du sie
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