Disco Dracula
denn da waren Stimmen in seinem Hirn, die ihn lenkten.
Gitti und Gaby, die beiden Hexenschwestern, hatten auf gedanklichem Weg zu ihm Kontakt gefunden.
Er sollte einen rasenden Hunger nach Blut bekommen, dann erst würden sie ihn auf die Menschen loslassen. Und zwar an einem bestimmten Ort.
In der Disco Dracula!
Heinz Grattner hatte sich ja eine besondere Schau einfallen lassen. Drei Särge sollten von der Decke herunterschweben. Weil Roland Bittl nicht greifbar war, hatte er die Schau um eine Woche verschoben. Aber in der Samstagnacht sollte sie endlich über die Bühne gehen, und damit war Roland natürlich einverstanden.
Er konnte den Zeitpunkt kaum erwarten. In eine Ecke der finsteren Gruft hatte er sich hingehockt. Die makabere Umgebung machte ihm überhaupt nichts. Er hatte sich an die beiden Skelette gewöhnt, die auf dem Boden lagen. Auch die Särge waren längst zerbrochen.
Spinnweben hingen von Wand zu Wand. Die Gruft war so niedrig, dass der Vampir nicht einmal stehen konnte.
Dann war es soweit.
Samstag!
Die Dämmerung kroch über das Land, und ihr folgte die Dunkelheit. Die Menschen in den Häusern schalteten die Lichter an, Autos fuhren nicht mehr ohne Beleuchtung, noch war es in den Großstädten still, man holte Atem vor dem großen Vergnügen. In der Disco Dracula wurden auch letzte Vorbereitungen getroffen, denn die folgende Nacht sollte unvergessen bleiben.
Und der Vampir lauerte.
Er hatte sich dicht an die Tür gesetzt und horchte auf, als er Schritte ganz in der Nähe vernahm.
Jemand kam.
Vor der Gruft verstummten die Schritte.
Roland Bittl stieß ein tiefes Knurren aus. Wenn es Fremde waren, wollte er keine Rücksicht nehmen, seine Gier nach Blut ließ sich nicht mehr stoppen.
Der Eingang zur Gruft wurde geöffnet. Hässlich quietschte er in den Angeln.
Instinktiv zuckte der Vampir zurück, ging aber sofort wieder vor, denn es waren die beiden Hexenschwestern, die vor ihm standen.
»Komm raus«, sagte die schwarzhaarige Gaby.
Das ließ sich Roland nicht zweimal sagen. Er huschte aus der Gruft, blieb stehen und schaute sich um.
Düster war es auf dem Friedhof. Nur weiter hinten brannte eine Laterne.
Sie schuf einen hellen, in der Luft stehenden Fleck und erreichte mit ihrem Licht kaum den Weg.
Schemenhaft nur waren die Gräber mit ihren Steinen und Kreuzen zu erkennen, am Himmel trieben dunkle Wolken, und der fast volle Mond stand wie ein Wächter dazwischen.
»Es ist eine ideale Nacht«, flüsterte Gitti und kicherte hohl, während Gaby nickte.
Beide hatten sich umgezogen.
Gitti trug ein violettes langes Kleid, das weit geschnitten war und bis zum Boden reichte. Wenn der Wind gegen ihren Rücken fuhr, wurde das Kleid aufgebläht, so dass es aussah wie ein Ballon. Um ihren Hals hatte sich Gitti eine Kette aus schwarzen Perlen gehängt.
Gaby hatte das gleiche Kleid an wie ihre Schwester, wenigstens von der Länge und vom Schnitt her. Farblich allerdings war es verschieden. Es zeigte eine rote Farbe, allerdings eine sehr dunkle. Auf eine Kette hatte Gaby verzichtet, sie trug überhaupt keinen Schmuck.
Bittl sah die Frauen und lachte. Dabei zog er die Lippen weit zurück, so dass Gitti und Gaby seine Zähne sehen konnten. »Bin ich einer von euch?« fragte er, »bin ich es?«
Die Vampirschwestern nickten.
Er lachte.
»Das ist gut, das ist sehr gut. Ich habt mich dazu gemacht, jetzt will ich das haben, was mir als Vampir zusteht. Gebt mir Blut!«
»Du bekommst es«, sagte Gitti.
»Bald schon«, fügte Gaby hinzu.
»In dieser Nacht?«
»Ja.«
»Wo? Wann?« Der Blick des Vampirs irrte von einem Mädchen zum anderen.
Gitti übernahm die Antwort. »Gedulde dich, mein Freund. Erst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen.«
»Welche Arbeit?«
»Du willst doch sicherlich den kennenlernen, der uns führen kann, nicht wahr?«
»Ja, wer ist es?«
Da lächelten die beiden. »Hast du schon mal was von Drago gehört, mein Guter?«
»Drago?«
»Ja, so heißt der Meister.«
Ro Bittl dachte nach. Drago, der Name war ihm wirklich nicht unbekannt.
Er hatte ihn gehört, allerdings fragte er sich nur, wo. Roland Bittl überlegte hin und her, kam jedoch zu keinem Ergebnis.
»Nun?« fragte Gaby.
»Ich weiß es nicht.«
»Drago ist der Vampir gewesen, der damals in dem Gebäude gelebt hat, in dem heute die Disco ist. Man hatte ihn eingemauert, genau wie uns, aber wir sind frei gekommen und auch Dragos Geist konnte nicht getötet werden. Er lebt weiter, und nicht nur der Geist,
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