Disco Dracula
erlöschte, und geriet dem Rand des Speichers immer näher.
Noch ein Schritt.
Er tat ihn…
Im ersten Moment sah es so aus, als könnte er sich noch fangen, weil sich sein Körper streckte und er mit rudernden Armen am Rand stehenblieb.
Dann fiel er.
Der Aufprall drang bis an meine Ohren. Es war mehr ein Klatschen.
Dazwischen vernahm ich einen dumpfen Laut, als der Blutsauger irgendwo gegen stieß.
Er war nicht erledigt. Nicht tot, nicht verletzt. Und wenn er tatsächlich verletzt sein sollte - wie Arm- oder Beinbruch, so konnte er sich trotzdem bewegen, denn ein Vampir spürt keine Schmerzen mehr. Er war dagegen immun, ebenso wie ein Zombie oder Ghoul.
Wieviel Zeit blieb mir noch? Das war die große Frage. Der Wiedergänger würde sich aufrappeln und die Leiter hochklettern. Und er würde beim zweiten Angriff vorsichtiger sein, deshalb musste ich in der kurzen Zeit, die mir blieb, versuchen, meine verfluchten Fesseln zu lockern.
Schaffte ich es, schaffte ich es nicht?
Ich riss und zerrte, warf mich nach vom, zur Seite, dann wieder zurück, setzte alles ein, keuchte und ächzte. Strengte mich an wie selten, und der Schweiß lief in Strömen über meinen Körper.
Die Fesseln lockerten sich.
Auch der Vampir war unterwegs.
Ich hörte ihn. Immer dann, wenn einer seiner Füße eine Leitersprosse berührte, gab es einen dumpfen Laut. Der bei jeder Sprosse, die er zurücklegte, lauter wurde.
Ich warf mich nach vorn.
Die verfluchten Stricke hielten.
Noch einmal.
Im Gebälk knirschte es.
Dann hob ich die Schultern, denn die Schlingen hatten sich gelockert.
Vielleicht konnte ich aus der ersten herausrutschen.
Ich versuchte es und ging in die Knie. Dabei biss ich so hart die Zähne zusammen, dass sie knirschten. Das Seil rutschte an meinem Gesicht hoch, bog mir die Nase nach oben, berührte die Stirn und war verschwunden.
Geschafft!
Keine Pause, das Ganze noch einmal von vorn. Wieder in die Knie, das nächste Seil musste doch zu schaffen sein. Während meiner Schufterei behielt ich auch den Rand des Speichers im Auge.
Der Vampir war da.
Diesmal sah ich keine zwei Hände, sondern nur eine. Fünf Finger krallten sich um den Rand, hielten eisern fest und zogen sich langsam daran hoch.
Ich wütete wie ein Berserker. Drehte meinen Körper, sackte so tief es ging, bewegte auch den Kopf und schaffte es tatsächlich, den zweiten Strick loszuwerden.
Christian Schwarz, der ehemalige Kommissar, stemmte sich jetzt hoch.
Eine Hand nahm er nur, ich sah auch den Grund.
Der linke Arm schlenkerte an seinem Körper. Der Vampir musste ihn sich beim Aufprall ausgekugelt haben.
Eine Chance für mich?
Vielleicht, aber noch hing ich hier an dem verdammten Pfahl fest. Drei Stricke hielten mich und natürlich meine gefesselten Hände. Wieder bewegte und drehte ich mich wie eine Bauchtänzerin, dann machte ich mich dünn, hob ein Bein an und versuchte, aus den Fesseln herauszusteigen.
Es gelang!
Himmel, ich schaffte es. Mit einem Bein nur hing ich noch fest. Das sah natürlich auch der Vampir. Er hatte sich aufgerichtet, stand krumm da und drehte plötzlich durch.
Ohne mich irgendwie zu warnen, stürmte er vor.
Wieder trat ich zu.
Diesmal jedoch hatte der Blutsauger aufgepasst. Er hämmerte mir seine rechte Handkante gegen das Schienbein, dass ich aufschrie. Der Schmerz trieb mir fast die Tränen in die Augen.
Dann war der Untote vor mir. Er hatte sein Gebiss schon gefletscht, war bereit, mir seine Zähne in den Hals zu schlagen, doch so leicht gab ich mich nicht geschlagen.
Ich rammte meinen Kopf hoch.
Etwas klackte. Mir schoss ein böser Schmerz durch den Schädel, dabei hörte ich alle Engel singen und schrie auf.
Der Vampir wich nach hinten. Seine Zähne waren aufeinandergeschlagen, deshalb das Klacken, aber sie waren noch ganz.
Wieder nahm ich den Kopf. Diesmal traf ich seine Brust.
Der Blutsauger taumelte zurück, und mir wurde ganz schwarz vor Augen. Ich hatte das Gefühl, mein Schädel würde auseinanderfliegen.
Gern hätte ich nachgesetzt, das war nicht mehr drin, ich hatte mir zuviel zugemutet.
Der Schwindel packte mich wie ein Sturm. Ich hatte das Gefühl, zu fliegen, so komisch wurde mir zumute, aber ich blieb auf den Beinen und biss die Zähne zusammen.
Nur nicht aufgeben! Hämmerte etwas in meinem Innern. Du darfst dich nicht hängen lassen, dieser verfluchte Vampir macht dich sonst fertig.
Ich riss mich zusammen.
Abermals kam ich auf die Füße. Lose baumelten die Stricke vor meinem Körper,
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