Disziplinmanagement in der Schulklasse
Verhaltenssteuerung. Parallel hierzu lässt sich eine zweite Ursachenquelle erkennen: die Unfähigkeit zum pädagogischen Konsens. Das heißt, dass sich ein Klassenteam oder ein Kollegiums nicht auf ein Minimum an Verhaltenserwartungen einigen kann beziehungsweise möchte. Was beim Lehrer X erlaubt ist, wird beim Lehrer Y sanktioniert. Des Weiteren fällt immer wieder auf, dass in Disziplinkonfliktsituationen Konsequenzen angedroht, aber letztlich nicht realisiert werden, was aus Schülersicht die Einladung zur nächsten Störung ist. Auch das ständige Appellieren und Schimpfen ist ein Merkmal unwirksamer Verhaltenssteuerung.
Ebenso störungsverursachend ist es, wenn eine Lehrperson Schülerinnen und Schüler durch Killerbotschaften kränkt und entmutigt. Wer kränkt, muss damit rechnen, dass er dies in Form von Gegenaggressionen zurückbekommt.
Störungen treten auch dort häufiger auf, wo wenig Beziehungspflege stattfindet und das Soziale Lernen vernachlässigt wird.
Last but not least ist schlechter Unterricht ein Störungsverursacher. Zu nennen sind:
mangelhafte Unterrichtsplanung und Unterrichtsdurchführung
zu wenig Formwechsel/Mangel an schüleraktiven Arbeitsformen
zu wenig Spannungsmomente/Aufmerksamkeitsweckung
leistungsmäßige Über- oder Unterforderung.
Gesellschaftliche Einflüsse
Leider gibt es zwischen den gesellschaftlichen Gruppen kaum noch einen Wertkonsens. Was ein positives Sozialverhalten ist, wird sehr unterschiedlich und sehr beliebig definiert. Dies erschwert die Gewissens- und Verhaltensentwicklung der Heranwachsenden in starkem Maße. Eine weitere Ursa-che von Störverhalten liegt im Gewaltverhalten, das Kindern täglich real und medial vorgelebt wird. Nicht zuletzt sind unsere Schüler ein ehrlicher Spiegel des hektischen Lebensstils. Unsere Gereiztheit und Unruhe widerspiegelt sich in ihrem Verhalten. Diese Gereiztheit wird dort noch gesteigert, wo in Wohnungen und Wohngebieten Dichtestress herrscht und es gleichzeitig an aktiven Freizeitangeboten mangelt. Ganz besonders ist dies in sozialen Brennpunktgebieten der Fall.
Wer einer Unterrichtsstörung auf den Grund gehen möchte, sollte das Verhalten des Problemschülers oder der Problemschüler genau beobachten. Was einem auffällt, hält man am besten schriftlich fest, und zwar nicht wer-tend. Das heißt, dass man nur das zu Papier bringt, was man wahrnimmt.
Diese erste Datenbasis muss durch weitere Informationen ergänzt werden. Zum einen durch Informationen, die man aus Gesprächen mit dem Störer und seinen Eltern erhält. Zum anderen durch Erkenntnisse, die andere Lehrpersonen in ihrem Unterricht gesammelt haben.
Sind genügend viele Informationen vorhanden, können Ursachenhypothesen formuliert werden, die vor der Konstruktion eines ersten Erklärungsmodells kritisch geprüft werden müssen. Eine Hypothese kann nämlich nur dann aufrechterhalten werden, wenn genügend viele Anzeichen dafür spre-chen. Gleichzeitig soll auch bedacht werden, dass häufig mehrere Ursachen zusammenkommen und sich wechselseitig verstärken.
Ein gründlich erarbeitetes Ursachenmodell ermöglicht zuallererst ein Verständnis des Problems. Nachdem man hinter das Symptom geschaut hat, kann man sich nun erklären, warum der Schüler stört. Aufbauend auf dieser Informationsbasis lässt sich leichter eine Problemlösung entwickeln. Verzichtet man auf eine intensivere Ursachenforschung, kann man zwar auch intervenieren, aber die Lösung wird man erst nach mehreren Fehlversuchen finden oder im schlimmsten Fall gar nicht.
Bei einer Ursachenanalyse darf man nie darauf verzichten, sich als Lehr-person selbst kritisch in den Blick zu nehmen. Das heißt, man muss sich und sein Verhalten reflektieren und die Frage ehrlich beantworten, welchen Anteil man am Disziplinproblem hat.
Leitfaden zur Störungsdiagnose
Folgende Fragen können für die Lehrperson oder ein Klassenteam hilfreich sein, wenn es darum geht, Ansatzpunkte für wirksame Interventionen zu finden.
Wie lässt sich das Störverhalten beschreiben?
Wie ist der Schweregrad des Störverhaltens einzuschätzen? gering 1 2 3 4 5 6 7 8 10 stark
In welchen Fächern stört der Schüler?
In welcher Unterrichtsphase tritt das Störverhalten gehäuft auf?
Wie reagiert die Klasse auf das Störverhalten?
Welche Störungsursachen können dem Störverhalten zugrunde liegen?
Welche verborgene Botschaft könnte das Störverhalten beinhalten?
In welchen Situationen ist das Verhalten des Schülers
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