Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
schon eine ganze Weile allein«, sagte sie. »Faldo war mein einziger Freund hier in der Stadt.«
»Dann bedaure ich Sie für Ihren Verlust«, sagte er, bevor er endlich die Tür öffnete und ging.
Sowie er weg war, verschloss und verriegelte Belle die Tür und ging ins Schlafzimmer. Sie zitterte am ganzen Leib, und ihr Magen brannte. Noch nie im Leben hatte sie sich so verloren gefühlt.
Dort, wo Faldo gelegen hatte, war auf der Decke noch der Abdruck seines Körpers zu sehen, und sie konnte sein Haarwasser und seinen Schweiß riechen. Sie hätte um ihn weinen sollen, wenigstens das war sie ihm schuldig, aber sie war ihm einfach böse, weil er sie in diese furchtbare Lage gebracht hatte.
Sie erinnerte sich, dass Suzanne ihr einmal von einem Mann erzählt hatte, der auf ihr gestorben war. So wie Suzanne und die anderen Mädchen es schilderten, hatte es komisch geklungen. Suzanne hatte sogar gestanden, dass sie in der Brieftasche des Mannes gestöbert und sich hundert Dollar genommen hatte, bevor der Doktor kam.
Aber es war leicht, über einen würdelosen Tod an einem unpassenden Ort zu lachen. Suzanne war der Meinung gewesen, dass die meisten Männer, wenn sie die Wahl hätten, sich dafür entscheidenwürden, beim Sex mit ihr zu sterben. Sie hatte gewitzelt, sie hätte zu seiner Beerdigung Blumen mit einer Karte schicken sollen, auf der stand: »Ich habe dir ja gesagt, dass ich dir den Himmel zeigen kann!«
Aber selbst wenn alle Mädchen jetzt bei ihr gewesen wären, hätte sie nichts an Faldos Tod auch nur im Geringsten amüsant gefunden. Er war ein komplizierter, widersprüchlicher Mann gewesen und hatte sich heute Abend wie ein Tier benommen. Warum war er so gemein zu ihr gewesen, wenn er, wie er behauptet hatte, ihr Herz besitzen wollte?
Würde es mit Männern immer so sein? Würden sie sich für ihren Körper, nicht aber für ihre Seele interessieren und in ihr nie etwas anderes als eine Hure sehen?
Belle legte sich aufs Bett und deckte sich zu. Aber bald dämmerte ihr, dass sie andere Sorgen hatte, als sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was Männer von ihr halten könnten. Sie war buchstäblich am Ende. Mit den paar Dollar, die Miss Frank ihr gab, würde sie nicht weit kommen. Und wenn die Miete nicht mehr bezahlt wurde, würde der Hausherr das Haus beanspruchen. Wovon in aller Welt sollte sie leben?
Martha würde dafür sorgen, dass Belle in keinem der guten Freudenhäuser der Stadt aufgenommen wurde. Damit blieben nur die furchtbaren Absteigen auf der Robertson Street.
Panik befiel sie. Was sollte sie tun?
KAPITEL 25
»So sieht es aus, Miss Frank.« Belles Stimme zitterte leicht, weil sie merkte, dass die alte Dame fassungslos über ihr Geständnis war. »Ich hatte das Gefühl, Ihnen die volle Wahrheit schuldig zu sein, weil Sie so nett zu mir gewesen sind.«
Die Angst vor einer ungewissen Zukunft hatte sie die ganze Nacht wach gehalten. Ein Teil von ihr wollte einfach weglaufen, ihre Habe schnell in einen Koffer stopfen und in den ersten Zug steigen. Aber eine leise innere Stimme der Vernunft fragte sie, wohin sie denn wollte. Es würde sehr schwer sein, in einer fremden Stadt, wo sie niemanden kannte, ganz von vorn anzufangen.
Dieselbe Stimme riet ihr, Miss Frank alles zu beichten. Da die ältere Frau sie offensichtlich gern hatte, dachte Belle, sie wäre vielleicht bereit, der Polizei zu sagen, dass ihre Angestellte Anne Talbot hieß, falls Fragen gestellt wurden. Belle hoffte, dass sie mit dem Geld, das sie im Laden bekam, und vielleicht einem zweiten Job als Kellnerin genug verdienen könnte, um über die Runden zu kommen.
»Sie glauben ernsthaft, ich erzähle der Polizei Lügen und behaupte, dass ich Sie als Anne Talbot kenne?«, rief Miss Frank.
Als Belle die Feindseligkeit in der Stimme der Frau hörte, krampfte sich ihr der Magen zusammen. Miss Franks entsetzte Miene war ihr zwar aufgefallen, aber sie hatte geglaubt, die Frau wäre bestürzt, weil Belle so viel durchgemacht hatte. Aber jetzt war ihr klar, dass Miss Frank nichts als Abscheu empfand.
»Ich habe Sie nicht gebeten zu lügen. Ich arbeite für Sie, und unter welchem Namen ich das tue, ist doch eigentlich egal«, sagte Belle bittend.
»Mir ist es nicht egal!«, brauste die alte Dame auf. »Wer unter falschem Namen lebt, hat Dreck am Stecken!«
»Aber ich habe Ihnen doch erklärt, warum Mr. Reiss wollte, dass ich einen anderen Namen annehme, und wie ich nach New Orleans gekommen bin. Finden Sie nicht, ich habe genug
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