Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
das Wasser lief ihm aus dem Mund, als sie versuchte, es ihm einzuflößen, und der kalte, feuchte Lappen auf seiner Stirn schien keine Wirkung zu haben.
»Faldo, bitte«, flehte sie ihn an, »sag doch, was los ist!« Aber nochwährend sie sprach, wusste sie, dass er nicht antworten konnte, dass die Lage ernst war und sie sofort einen Arzt holen musste.
Sie zog sich rasch an, drehte sich zu Faldo um und brachte seine Kleidung in Ordnung. Ohne auch nur einen Schal umzulegen, stürzte sie auf die Straße hinaus. Wie gewöhnlich war sie um zehn Uhr abends menschenleer, also lief sie, in der Hoffnung, einen Polizisten oder Droschkenkutscher zu finden, der ihr sagen konnte, wo der nächste Arzt war, zur Canal Street.
Sie hatte Glück. Zwei Polizisten schlenderten gerade zusammen die Canal Street hinunter. »Helfen Sie mir bitte!«, rief Belle, während sie auf die beiden zulief. »Ein Freund von mir hat einen Anfall erlitten. Ich weiß nicht, wo ich einen Arzt finden kann.«
Keine fünf Minuten später betrat der jüngere der beiden zusammen mit Belle ihr Haus. Der andere Polizist war einen Arzt holen gegangen.
Einen kurzen Moment glaubte Belle, Faldo hätte sich erholt, weil er sich auf die Seite gedreht hatte und es im matten Gaslicht so aussah, als wäre er bloß eingeschlafen. Aber irgendetwas veranlasste sie, stehen zu bleiben und es dem Polizisten zu überlassen, ihn zu untersuchen.
Er legte seine Finger an Faldos Hals und fühlte dann den Puls an seinem Handgelenk. Dann richtete er sich auf und drehte sich langsam zu Belle um. »Es tut mir sehr leid, Miss«, sagte er. »Aber Ihr Freund ist tot.«
»Nein!«, schrie Belle und presste entsetzt ihre Hand auf ihren Mund. Sie konnte es nicht fassen. Eben noch war Faldo rasend vor Wut und Leidenschaft gewesen, und jetzt war er tot. War es ihre Schuld?
Ihre Wange pochte an der Stelle, wo seine Faust sie getroffen hatte. Sie erinnerte sich, wie er gesagt hatte, dass er ihr Herz wollte, und brach in Tränen aus.
»Es tut mir wirklich leid, Miss«, sagte der Officer. »Können Sie mir vielleicht sagen, wer Sie beide sind und was zu diesem Anfall, den Sie erwähnten, geführt hat?«
Sie starrte den jungen Mann benommen an. Er hatte strahlend blaue Augen und sah sehr mitfühlend aus, aber davon durfte sie sich nicht dazu verleiten lassen, ihm die volle Wahrheit zu sagen.
»Sein Name ist Faldo Reiss, und er kam gegen neun auf einen Besuch vorbei«, schluchzte sie. »Wir haben uns eine Weile in der Küche unterhalten, bis er sagte, dass er sich ein bisschen komisch fühlt. Er sah sehr erhitzt aus. Er wollte nach draußen, um frische Luft zu schnappen, aber er war so unsicher auf den Beinen, dass ich ihn ins Schlafzimmer brachte. Dann atmete er auf einmal ganz schwer und hielt sich die Brust. Ich versuchte ihm Wasser zu geben und seine Stirn feucht abzutupfen, aber als ich merkte, dass er nicht sprechen konnte, lief ich nach draußen, um Hilfe zu holen.«
»Sie haben das Richtige getan«, sagte der Polizist. »Sie sagten, er wäre ein Freund. Wissen Sie, wo er wohnt?«
»In Houston, Texas«, sagte sie, »aber die genaue Adresse kenne ich nicht. Er arbeitet für die Eisenbahn, wissen Sie, und hat fast jede Woche beruflich in New Orleans zu tun.«
Die Augen des jungen Polizisten verengten sich, als wäre ihm etwas eingefallen. »Sie sind Engländerin?«, fragte er.
Belle nickte. Sie hatte Angst, weil sie wusste, dass man ihr bald Fragen stellen würde, die viel schwieriger zu beantworten waren. Faldo hatte bei der Eisenbahngesellschaft eine hohe Stellung innegehabt. Auch wenn er sich ihr gegenüber heute Abend sehr hässlich verhalten hatte, lag ihr doch daran, einen Skandal zu verhindern, der seine Frau und seine Kinder tief treffen würde. Außerdem musste sie an Martha denken. Wenn sie Wind davon bekam, dass Faldo gestorben war und erfuhr, wo er zu diesem Zeitpunkt gewesen war, würde sie vielleicht zwei und zwei zusammenzählen.
»Er war mit Ihnen befreundet, sagen Sie?«
Belles Magen schnürte sich bei der Frage zusammen. Bestimmt vermutete er, dass Faldo mehr als nur ein Freund gewesen war. Er war jung, nicht älter als fünfundzwanzig, mindestens eins achtzig groß und sah mit seinem kurz geschnittenen hellbraunen Haar und den strahlend blauen Augen sehr sympathisch aus. Aber wie nett erauch sein mochte, Polizisten waren aufgrund ihres Berufs misstrauisch und ließen sich nicht leicht hinters Licht führen.
»Ja«, sagte sie. »Er war sehr freundlich, als ich
Weitere Kostenlose Bücher