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Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Titel: Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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umgebracht hat. Ich bin absolut sicher, dass er sie irgendwo festhält.«
    »Das kann manchmal noch schlimmer sein«, sagte Annie und wandte sich auf der Couch halb zu ihm um. »Ich habe von meinen Informanten, genau wie Sie auch, nehme ich an, erfahren, dass er ein Mädchenhändler sein soll.«
    »Das haben ein paar Leute behauptet«, gab Noah zu. »Aber weilsie ihm so viele Untaten unterstellt haben, hatte ich eigentlich gehofft, es wäre eine Übertreibung.«
    »Es ist eine der lukrativsten Seiten unseres Gewerbes.« Sie seufzte und heftete ihre kummervollen Augen auf Noah. »Mich widert so etwas an, und ich habe noch nie ein Mädchen für mich arbeiten lassen, das nicht freiwillig herkam oder nicht alt genug war, um zu wissen, was es tut. Aber der Gedanke, dass meine Belle auf diese Weise missbraucht wird, ist mehr, als ich ertragen kann.«
    Noah bemerkte, dass ihre Unterlippe bebte und dass Annie so aussah, als würde sie gleich zusammenbrechen. »Es tut mir leid, Mrs. Cooper.« Er nahm tröstend ihre Hand. »Aber Jimmy hat mir erzählt, dass sie ein tapferes und kluges Mädchen ist, also kann sie vielleicht entkommen.«
    »Ich war auch tapfer und gerissen, ich konnte ein kleiner Satansbraten sein«, sagte sie mit brüchiger Stimme. »Aber man hat auch mich eingefangen, eingesperrt und ausgehungert. Nicht einmal ohne die Schläge und den Hunger ist ein junges Mädchen, so beherzt es auch sein mag, einem erwachsenen Mann gewachsen.«
    »Das ist Ihnen passiert?«, fragte Noah sanft. Sie zitterte am ganzen Leib, und er wusste nicht, ob es besser für sie war, sich alles von der Seele zu reden, oder ob er lieber versuchen sollte, das Thema zu wechseln. »Das tut mir aufrichtig leid.«
    »Ich war ein bisschen jünger als Belle, und weil ich unbedingt London sehen wollte, bat ich einen Fuhrmann, mich auf seinem Wagen mitzunehmen«, erklärte sie. »Sie wissen ja, wie Kinder sind, sie überlegen nicht lange. Ich wanderte herum und schaute mir alle Schaufensterauslagen an, und auf einmal war es dunkel, und ich hatte keine Ahnung, wie ich nach Hause kommen sollte. Ich fing an zu weinen, und eine Frau kam zu mir und fragte, was los sei. Sie sah wie eine ganz gewöhnliche Hausfrau und Mutter aus, nicht wie jemand, vor dem man sich in Acht nehmen müsste. Ich erklärte ihr alles, und sie sagte, ich könnte zu ihr nach Hause kommen und am nächsten Morgen würde sie mir den Tower of London zeigen und dann dafür sorgen, dass ich nach Hause käme. »Na ja, den Towerhabe ich am nächsten Tag gesehen, aber nur durch einen Spalt in den mit Brettern vernagelten Fenstern eines alten Lagerhauses am Fluss.«
    »Sie hat sie eingesperrt?«, rief Noah.
    Annie nickte grimmig. »Im einen Moment erzählte sie mir noch, was sie mir alles zeigen wollte, und im nächsten war ich schon eingesperrt. Ich schrie und tobte, aber sie schrie durch die Tür zurück, dass niemand mich hören könnte. Sie ließ mich einfach da, ohne etwas zu essen, nur mit einem Strohsack zum Schlafen und einer dünnen Decke. Mir war in dieser Nacht so kalt, dass ich nicht schlafen konnte. Als am nächsten Tag ein Mann kam, um mir etwas zu essen zu geben, versuchte ich ihn zu schlagen. Er verpasste mir eine Tracht Prügel und nahm das Essen und die Decke weg. Ich bekam ihn drei Tage nicht mehr zu sehen, und dann war ich bereit, für ein bisschen Essen und eine Decke alles zu tun. Isolation, Hunger und Furcht sind die drei Dinge, die sogar den stärksten Willen brechen können.«
    Noah war zutiefst erschüttert. »Vor allem, wenn man jung ist«, stimmte er zu. »Ich bezweifle, dass ich ganz allein in Kälte und Dunkelheit und ohne Essen auch nur einen Tag durchhalten würde.«
    Annie nickte. »Nun, irgendwann kamen sie und holten mich, um mich in die Tooley Street zu bringen. Es ist immer noch ein Bordell, aber damals wusste ich noch nicht, was das ist. Ich wurde gebadet, mein Haar wurde gewaschen und gebürstet, und ich wurde in ein sauberes Hemd gesteckt und in ein Zimmer mit einem großen Bett gebracht. Sie hatten mir etwas zu trinken gegeben, wovon ich mich ein bisschen benommen fühlte, aber als der erste Mann ins Zimmer kam und über mich herfiel, tat es so weh, dass ich schrie.« Sie brach ab. Tränen stiegen ihr in die Augen. »Es gefiel ihm, dass ich schrie«, flüsterte sie. »Er hat es richtig genossen.«
    »Es tut mir so leid«, sagte Noah aufrichtig. In diesem Moment schämte er sich, weil er ein Mann war und so oft daran dachte, mit Frauen zu

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