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Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)

Titel: Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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einschenkte. Er ließ den Tee nicht abkühlen, sondern stürzte ihn hinunter und stand dann mit dem Toast in der Hand auf. »Ich muss wieder los. Was ist, wenn er sie schon umgebracht hat, Noah?«
    Der gequälte Gesichtsausdruck des Jungen traf Noah bis ins Herz.
    »Ich bin nach wie vor der Meinung, dass er sie längst in irgendeiner Hintergasse umgebracht hätte, wenn das seine Absicht wäre«, antwortete er mit so viel Überzeugung, wie er aufbringen konnte. »Das mit dem Brief hast du gut gemacht, Jimmy. Es war sehr mutig von dir.«
    Noah frühstückte weiter, nachdem Jimmy gegangen war, aber mit wenig Appetit. Er glaubte tatsächlich nicht, dass Belle tot war, aber er brachte es einfach nicht fertig, dem Jungen zu sagen, was seiner Meinung nach mit ihr passieren würde. Ebenso wenig konnte er aussprechen, warum die Polizei nicht bereit sein würde, Kent zu suchen und für den Mord an Millie und Belles Entführung zu bestrafen.
    Noch bevor Noah Millie begegnet war, hatte er einmal von mehreren schweren Verbrechen gehört, bei denen der mutmaßliche Täter plötzlich aus der Haft entlassen worden war. Alle Anklagepunkte waren fallen gelassen worden. Es lagen zwingende Beweise vor, dass die Polizeibeamten bestochen und Zeugen des Verbrechens eingeschüchtert worden waren. Noah hatte darüber einen, wie Ernie Greensleeve behauptete, hervorragenden Artikel geschrieben, aber als er ihn Mr. Wilson, dem Chefredakteur, vorlegte, hatteder ihn mit der Begründung, das Thema wäre zu brisant, abgelehnt.
    Noah hatte dagegengehalten, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hätte zu erfahren, dass es innerhalb der Polizei Korruption gab, worauf der Chefredakteur ihn daran erinnerte, dass es jede Menge anderer eifriger junger Journalisten gäbe, die nur zu gern seinen Platz einnehmen würden. Noah musste einen Rückzieher machen. Und er wusste: Wenn er versuchte, den Artikel an eine weniger seriöse Zeitung zu verkaufen, würde er nie wieder für den Herald schreiben können.
    Etwas später an diesem Vormittag wurde Noah nach Covent Garden geschickt, um einen Obsthändler zu interviewen. Es ging um eine recht amüsante Sache. Eine Tarantel war aus einer Bananenkiste gekrochen und auf einen der Angestellten gekrabbelt. Die Spinne setzte sich auf seine Schulter und wurde dort von einer weiblichen Angestellten entdeckt, die vor Schreck beinahe in Ohnmacht fiel. Sowie der arme Mann merkte, was da auf ihm hockte, geriet er in Panik, aber ein elfjähriger Junge, der gelegentlich aushalf, trat furchtlos mit einem Glas und einem Stück Karton vor und entfernte das Tier.
    Das Opfer sackte auf den Boden und verlor das Bewusstsein, während der Junge strahlend seine Trophäe herumzeigte. Irgendwann wurde die Spinne in einem Topf mit Deckel verstaut und eine Nachricht mit der Bitte, das Tier abzuholen, an den Londoner Zoo geschickt.
    All das war früh am Morgen passiert, aber bis die Geschichte die Fleet Street erreicht hatte und man Noah losschickte, hatte man die Spinne bereits abgeholt und das Opfer so viele Brandys gekippt, dass es kaum noch ein klares Wort herausbekam. Wie auch immer, der Junge war der Held der Geschichte und begeistert, dass sein Name in der Zeitung stehen würde.
    Da Noah nun schon einmal in Seven Dials war, beschloss er, mit Annie Cooper zu reden, bevor er in die Fleet Street zurückging. Er hatte am Vortag, genau wie mit allen anderen im Haus, auch kurzmit ihr gesprochen. Aber nun, da er ihr dank Jimmy etwas Neues zu berichten hatte, hoffte er, dass sie vielleicht etwas preisgeben würde, was sie bisher für sich behalten hatte.
    Er ging zur Hinterseite des Hauses in Jake’s Court und klopfte an die Tür. Sie wurde von Miss Davis geöffnet, die eine mehlbefleckte Schürze trug.
    »Guten Morgen, Miss Davis«, sagte Noah höflich. »Tut mir leid, dass ich Sie schon wieder stören muss, aber ich habe ein bisschen mehr über diesen Kent herausgefunden und wollte es Mrs. Cooper erzählen.«
    »Nennen Sie mich Mog, kein Mensch sagt Miss Davis zu mir«, erwiderte sie und bat ihn herein. »Annie ist leider in einer elenden Verfassung.«
    Mogs geschwollene und gerötete Augen verrieten, dass sie selbst viel geweint hatte. Dennoch sagte sie, sie habe gerade Tee gemacht, und bot Noah eine Tasse an. Sie war gerade damit beschäftigt, auf dem Küchentisch Teig auszurollen, und ein verlockender Duft von geschmortem Rindfleisch hing im Raum. Sie forderte Noah auf, sich zum Ofen zu setzen, und fragte, ob sie ihm etwas zu essen

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